Beueler Rheindeich Gut gerüstet für die nächsten 200 Jahre

Schwarzrheindorf · Es ist noch etwas Vorstellungskraft vonnöten, dem Bonner Tiefbauamts-Chef bei seinen Schwärmereien über den Beueler Damm zu folgen. "Bei gutem Wetter ist das hier die längste Bank von Bonn", meint Werner Bergmann und zeigt auf das weiße Mäuerchen am Wegesrand. Doch angesichts von Wind und Wetter nimmt derzeit (noch) niemand Platz. Auch nicht die Gruppe, die strammen Schritts über den Asphalt wandert.

 Dem Frühling entgegen: Diese Gruppe wandert auf der Dammkrone bei Schwarzrheindorf in Richtung Nordbrücke.

Dem Frühling entgegen: Diese Gruppe wandert auf der Dammkrone bei Schwarzrheindorf in Richtung Nordbrücke.

Foto: Roland Kohls

Genau drei Jahre ist es her, dass die Stadt Bonn begann, den Rheindeich zwischen Kaiser-Konrad-Straße und Nordbrücke gewissermaßen zu modernisieren. "Wir haben damals dem Drängen der Bezirksregierung Köln nachgegeben, den Deich anzuheben", so Bergmann.

Was sich leicht liest, forderte in der Praxis das ganze Wissen von Verwaltung und Fachfirmen. "Es gab nämlich unterschiedliche Bereiche mit unterschiedlichen Anforderungen", sagt der Leiter des Tiefbauamtes, das für diesen Bereich zuständig ist. Die Flächen links und rechts des Damms sind teilweise in Privatbesitz; um Rasen am und Mülleimer auf dem Damm kümmert sich das Grünflächenamt.

Zwischen Nordbrücke und Jüdischem Friedhof musste im Hinterland ein neuer Deich angelegt werden; dadurch entstand ein großes Rückhaltebecken. "Im Ernstfall würde jetzt der Friedhof geflutet, aber Geislar wäre geschützt", betont Bergmann. Nettes Nebenprodukt: Der neue Deichverteidigungsweg, der vor allem von Radlern als Abkürzung von der Niederkasseler Straße (L 16) zum Damm geschätzt wird. 100 000 Kubikmeter Kies und Lehm seien nötig gewesen, um den Deich einen Meter zu erhöhen.

"Die Deichkrone liegt jetzt auf 12,20 Meter Bonner Pegel, das entspricht einem Bemessungshochwasser von 11,20 Bonner Pegel", so Bergmann. Heißt übersetzt: Der eine Meter Differenz ist bei Erddeichen am Rhein vorgeschrieben, um Wind- und Wellenschlag auszugleichen. Und heißt laut Stadt auch: Rein statistisch kommt ein Hochwasser über 11,20 Meter nur alle 200 Jahre vor. Viele Beueler werden sich noch an den 23. Dezember 1993 erinnern: Das Jahrhunderthochwasser lag vor 20 Jahren immerhin bei 10,13 Meter Bonner Pegel.

Hinter der Kläranlage in Richtung Beueler City beginnt das weiße Mäuerchen, das Bergmann verzückte Worte entlockt. Was nur wenige Spaziergänger und Sonnenhungrige wissen: Darunter liegen 5,50 Meter lange und 50 Zentimeter breite Spundwände. Ingesamt halten 8200 Quadratmeter Spundwand-Dielen oder 820 Tonnen Stahl im Erdreich das Wasser im Ernstfall zurück. "Wir mussten die Dielen in den Boden vibrieren, da das Rammen sonst zu Schäden an den angrenzenden Häusern geführt hätte", sagt der Tiefbau-Experte.

Breiter und durchgehend befestigt präsentiert sich die Deichkrone seitdem Fahrradfahrern, Fußgängern und Freizeitsportlern. Den Bürgern entstanden keine Kosten und trotzdem fordert Werner Bergmann eines ein: "Gegenseitige Rücksichtnahme." Vor allem wenn sich die Plätze auf Bonns längster Bank mit steigenden Frühjahrs-Temperaturen wieder füllen.

Daten zum neuen Deich

Baubeginn: 1. März 2010, Fertigstellung: 2. September 2011

Erdbewegung: 100 000 Kubikmeter Kies und Lehm, das entspricht 10 000 Lkw-Ladungen

Absicherung: 8200 Quadratmeter Spundwand-Dielen

Länge: 2,4 Kilometer

Kosten: rund 6,8 Millionen Euro, davon 3,6 Millionen Euro Landesmittel

Hochwasserschutz: bis 11,20 Meter Bonner Pegel

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