Interview mit Vorsitzendem Thomas Raderschall Heimatverein Beuel will Mut zur Modernisierung zeigen

Interview | Beuel · Thomas Raderschall ist seit März neuer Vorsitzender des Heimat- und Geschichtvereins Beuel. Im Interview spricht er darüber, was er bewegen möchte und was er von einer Verjüngung des Vereins hält.

 Thomas Raderschall, der neue Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, im Garten des Beueler Heimatmuseums.

Thomas Raderschall, der neue Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, im Garten des Beueler Heimatmuseums.

Foto: Rainer Schmidt

Dass Thomas Raderschall Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Beuel (HGV) werden wollte, kam für viele überraschend. Am 12. März wählten ihn die Mitglieder ins Amt. Die Wahl selber wurde angefochten. Inzwischen hat das Amtsgericht das Ergebnis bestätigt, und Raderschall wurde als Vorsitzender im Vereinsregister eingetragen. Darüber, was er bewegen möchte, sprach mit ihm GA-Mitarbeiter Rainer Schmidt.

Herr Raderschall, nach gut 100 Tagen im Amt, wie lautet ihr erstes Fazit?

Thomas Raderschall: Wir kennen alle den Ausspruch von Franz Müntefering vom „schönsten Amt nach Papst“. Ganz so ist es natürlich nicht, besonders wird mir die Verantwortung des Amtes bewusst, wenn ich mir in unserem Museum die „Ahnengalerie“ meiner Vorgänger anschaue. Professor Heinrich Neu, Johann Ignaz Schmitz Reinhard, Johannes Bücher oder Richard Wagner. Das waren Persönlichkeiten, die weit über Beuel hinaus ein hohes Ansehen genossen. Dennoch freue ich mich, die Belange des HGV Beuel am Rhein aktiv mitgestalten zu können.

Konnten Sie schon etwas bewirken?

Raderschall: Wenige Tage nach unseren Vorstandswahlen kam der Lockdown. Dadurch, und durch die Anfechtung der Wahlen beim Amtsgericht Bonn, war die Öffentlichkeitsarbeit des neuen Vorstandes stark eingeschränkt. Aber durch die allgemein herrschende Ruhe konnten wir ohne Zeitdruck die Zuständigkeitsbereiche des neuen Vorstandes abstecken. Schon vor den Wahlen war klar, dass wir unser Heimatmuseum einem „Facelifting“ unterziehen wollten. Dazu zählt neben einer moderneren Präsentation der Exponate auch die Neusortierung unseres Archivs und der Bibliothek. Hier konnten wir im Team bereits einige Aufräumarbeiten erledigen.

Was haben Sie mit dem Verein nun vor?

Raderschall: Der HGV war immer auch eine Art Heimat für seine Mitglieder. Wir müssen unseren Mitgliedern weiterhin das Gefühl geben, bei uns willkommen und zu Hause zu sein. Ich habe mir vorgenommen, als Vorsitzender den persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern zu suchen und dadurch eine Vertrauensbasis zu schaffen. Für die Außendarstellung ist es wichtig, den Vereinsfremden zu zeigen, wie modern ein Verein sein kann, der sich mit der Vergangenheit beschäftigt. Hierzu gehört auch eine Portion Mut, alte Zöpfe abzuschneiden. Aber dabei darf der HGV nicht seine Seele verlieren. Dabei denke ich auch an die kulturellen Angebote des HGV. So hatten wir zum Beispiel in den letzten Wochen die Brotfabrik-Bühne Bonn viermal bei uns zu Gast. Solche und andere Aufführungen wird es auch in Zukunft geben, um neues, interessiertes Publikum zu gewinnen.

Wie steht es finanziell um den Verein?

Raderschall: Unser Verein steht auf zwei Säulen. Die eine ist die Vereinsarbeit des HGV. Die finanziellen Erträge aus dieser Säule gründen sich auf die Mitgliedsbeiträge und verschiedene Einkünfte durch Veranstaltungen. Die zweite Säule bildet das Heimatmuseum. Hier sind die Einnahmen durch Spenden der Museumsbesucher zwar um einiges höher, aber wir müssen mit diesem Geld unsere Immobilie instand halten und die Miete entrichten. Coronabedingt waren unsere Einnahmen seit Mitte März gleich null, die laufenden Kosten sind aber weiterhin zu zahlen. Wir hoffen auf ein halbwegs normales zweites Halbjahr 2020, um mit einem blauen Auge davonzukommen.

Wie verteilt sich denn die Arbeit im HGV?

Raderschall: Momentan arbeiten im Museumsdienst etwa 15 Ehrenamtliche. Dazu kommen noch ein paar ältere Helfer, die sich verständlicherweise coronabedingt zurückgezogen haben. Dennoch konnte der normale Museumsbetrieb am 1. Juni wieder aufgenommen werden. Anders sieht die Situation bei der Pflege und Instandhaltung der Museumsinsel aus. Der plötzliche Tod von Reinhold Schmerbeck hat eine große Lücke hinterlassen, die uns zum Teil erst jetzt bewusst wird. Hier können wir dringend Unterstützung durch handwerklich begabte ehrenamtliche Kräfte brauchen. Auch für die Neusortierung unseres Archivs und der Bibliothek suchen wir Leute, denen solche Arbeit Spaß bereitet und die sich engagieren möchten.

Was macht die angestrebte Verjüngung des Vereins?

Raderschall: Das Gerede über die Verjüngung des Vereins empfinde ich als etwas pauschalisierend. Ich denke, es ist nicht angebracht, den Zustand eines Vereins am biologischen Alter der Vorstandsmitglieder festzumachen. Alle Vorstandsmitglieder des HGV sind in ihren Positionen wichtig für das Gesamtbild und zeigen den oben erwähnten Mut zur Modernisierung.

Wo sehen Sie den Verein am Ende dieser Wahlperiode?

Raderschall: Mein Ziel ist es, dass sich der HGV in Beuel als ein in der Moderne stehender Geschichtsverein präsentiert, der einen wahrnehmbaren Platz mitten unter den Beueler Brauchtumsvereinen einnimmt. Ich würde es begrüßen, wenn wir uns mit einigen dieser Vereine „vernetzen“ könnten.

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