Hereinspaziert zur Zeitreise Historischer Jahrmarkt in Pützchen eröffnet

Beuel · Der dritte „Historische Jahrmarkt“ in Pützchen ist bis einschließlich Ostern geöffnet. Auf dem Markt trifft Nostalgie auf Moderne.

"Im ersten Jahr war es eine gute Idee, im zweiten Jahr Tradition und im dritten Jahr ist es Brauchtum“, sagte am Freitagabend Beuels Bezirksbürgermeister Guido Déus bei der Eröffnung des dritten „Historischen Jahrmarkts“ in Pützchen. Und obwohl sich bei Veranstaltungschef Hubert „Huppemann“ Markmann und seinen Mitorganisatoren von der Historischen Gesellschaft Deutscher Schausteller im dritten Jahr schon eine gewisse Routine eingestellt hat, bleibt der „Historische Jahrmarkt“ etwas Außergewöhnliches.

Auf rund 3000 Quadratmetern laden zum Beispiel neun Fahrgeschäfte aus dem 18. und 19. Jahrhundert zum erstaunten Blick in die Vergangenheit ein. Die Verzierungen an den Buden, das knarrende Holz der Karussells, die alte Orgelmusik, vermischt mit dem Geruch von Popcorn und Bratwürsten erschafft eine eigentümliche, nostalgische Atmosphäre. „Es geht uns wirklich ums Ambiente“, erklärt Veranstaltungschef Markmann. „Und dafür stecken wir da unser ganzes Herzblut rein.“ Denn es müsse nicht immer „höher, schneller, weiter“ gehen.

Besucherin Inga Pieper schätzt diesen Aspekt bei ihrem ersten Besuch aus Neugierde bereits sehr. „Ich finde es gerade schön, dass es hier nicht um das Höher-Schneller-Weiter geht“, sagt die 32-Jährige. Außerdem gefällt ihr die Atmosphäre. „Die Karussellverzierungen, die Orgelmusik, das ist einfach klasse“, sagte sie. Auch dass die Schausteller alle im Kleidungsstil der 1930er-Jahre auftreten, findet sie „stilecht“.

Tatsächlich verströmen die zahlreichen Attraktionen der Vergangenheit auch eine ganz bestimmte Gemütlichkeit. Da ist zum Beispiel das mehr als 140 Jahre alte Pferdekarussell, das bis 1933 noch mit echten Pferden betrieben wurde. Oder das Holzriesenrad von 1904 oder die original erhaltene Raupenbahn von 1926. Und langsam ist zum Beispiel die Berg- und Talbahn „Fahrt ins Paradies“ der Familie Schleifer von 1939 nicht, wirkt aber auf eigenartige Weise im Vergleich zu heutigen Karussells immer noch gemächlich.

Schaustellerfamilie Schleifer entdeckte das seit 1955 eingelagerte „Paradies“-Fahrgeschäft im Jahr 2003 noch im Originalzustand und machte sich dann an dessen jahrelange Restauration. In diesem Jahr zählt die „Fahrt ins Paradies“ dabei zu den Hauptattraktionen. Und Toni Schleifer greift zur Musikuntermalung des von seiner Familie betriebenen Karussells abends gerne selbst zum Saxofon. „Und wo gibt es das denn, dass der Chef selbst Saxofon beim Karussell spielt?“, freut sich Besucher und Kirmesfan Dirk Vögeli über Toni Schleifers Musikunterhaltung. Dazu die historischen Elemente und Fahrgeschäfte sowie viele bekannte Gesichter. „Das macht den Markt für mich anders, irgendwie persönlicher“, sagt der 46-Jährige. „Es kommen so viele Kindheitserinnerungen hoch“, sagt er. Bei so viel Gefallen ist es nicht verwunderlich, dass Vögeli diese Faszination auch auf seine Kinder zu übertragen scheint. Seine Tochter hat im vergangenen Jahr sogar hier Geburtstag gefeiert.

Auch Marilu Götschenberg möchte ihre Jahrmarkt-Begeisterung an ihre Familie weitergeben. Sie ist zum dritten Mal gekommen. „Jetzt wollte ich meine Enkelinnen überraschen“, sagt Götschenberg. Ihre Enkelinnen fahren bei der Eröffnung immer wieder mit der Geisterbahn, sie selbst findet die „Raupe“ am Besten. Mit „Anfang 60“, wie sie mit einem Lachen erklärt, hat sie noch viele Erinnerungen an früher und freut sich über die nostalgische Atmosphäre. Mit der Geisterbahn mag sie aber nicht mehr fahren. „Die finde ich heute sogar noch grusliger als früher“, sagte Götschenberg.

Gibt es denn etwas, was ihr fehlt? „Das Kettenkarussell vielleicht“, sagt Marilu Götschenberg. Trotzdem kommt sie im nächsten Jahr natürlich wieder zum Jahrmarkt nach Pützchen.

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