Beuelerin entwickelt Stadtmöbel Idee soll Population der Wildbienen retten

Schwarzrheindorf · Produktdesignerin Anne-Kristin Everding schafft Wildbienen mit einem modular aufgebauten Stadtmöbel dringend benötigten Lebensraum – vor allem auf versiegelten Parkplätzen. Bislang gibt es von ihrem Möbel aber noch keinen Prototypen.

 Anne-Kristin Everding zeigt auf einen möglichen Standort für ihr Parklet auf einem Parkplatz in Schwarzrheindorf.

Anne-Kristin Everding zeigt auf einen möglichen Standort für ihr Parklet auf einem Parkplatz in Schwarzrheindorf.

Foto: Stefan Hermes

Das Ziel, Produkt-Design studieren zu wollen, verfolgte Anne-Kristin Everding bereits einige Jahre vor ihrem Abitur am St. Adelheid-Gymnasium in Pützchen. „Bei mir hat es nicht sonderlich abgefärbt“, sagt die in Schwarzrheindorf aufgewachsene 26-Jährige, „dass ich aus einer Mathelehrer-Familie stamme.“

Sie wollte künstlerisch arbeiten. So schreckte sie auch der erste Einblick in das eher technisch ausgerichtete Designstudium an der TH Aachen ab. Erst an der Hochschule Niederrhein in Krefeld fand sie die sowohl künstlerische wie auch interdisziplinäre Auseinandersetzung, die sie sich für ihr weiteres Fortkommen wünschte.

Everding studierte in Krefeld und Salzburg

„Da konnten wir uns in allen erdenklichen Materialien austoben“, sagt sie. Nach acht Semestern schloss sie dort ihr Studium erfolgreich mit einem Bachelor ab. Doch das erlangte Wissen schien ihr nicht ausreichend, um ihre Ideen auch auf den Markt bringen zu können. „Ich wollte herausfinden, welches wirtschaftliche Potenzial meine Projekte haben und wie es zu nutzen ist“, sagt sie und erklärt damit ihren Wechsel an die Fachhochschule in Salzburg, wo der Studiengang „Master of Arts“ mit der Erweiterung „Business“ angeboten wird.

Nach weiteren drei Jahren schloss sie dort im vergangenen Sommer ihr Studium mit Auszeichnung ab. Gut zwei Jahre hat sie dabei alleine für Recherche und Umsetzung ihres „Masterstücks“ benötigt, bevor das von ihr auf „Lenz“ getaufte Parklet so weit entwickelt war, dass es in Serie gehen könnte.

Ein Stück weit hat die Arbeit an und mit „Lenz“ Everdings Bewusstsein für die Umwelt und Biodiversität geschärft. „Lenz“ ist ein modular aufgebautes Stadtmöbel, das nach ihren Vorstellungen auf größeren versiegelten Flächen zum Einsatz kommen sollte. Dabei hat ihr Umwelt- und Designprojekt das Potenzial auf Parkplätzen, in kleinen Parknischen und auf Freiflächen als barrierefreie Insel einen Erlebnisraum zu schaffen, der Mensch und Natur zusammenbringt.

Stadtmöbel kann auf Parkplätzen platziert werden

Ihrem Konzept nach ist ihr Parklet für Handelsketten, Einkaufszentren, kommunale Einrichtungen sowie Unternehmen geeignet und kann dort auf längsausgerichteten Parkplätzen aufgestellt werden, um neben dem unmittelbaren Nutzen für die Wildbienen auch für das umweltbewusste Image des jeweiligen Unternehmens zu werben.

Dass jeder dritte Bissen, den wir zu uns nehmen, von Bestäubern wie Wildbienen abhängig ist, die wir durch intensive Landwirtschaft und Flächenversiegelung zunehmend verdrängen, war Ausgangspunkt für Everdings Idee, mit ihrem Stadtmöbel, etwas gegen das Massensterben zu unternehmen, das ihren Angaben zufolge jährlich 6,1 Prozent der Insekten in Deutschland auslöscht. Etwa die Hälfte aller Arten steht auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten, einige Arten sind bereits ausgestorben oder unmittelbar vom Aussterben bedroht. Auch der Lebensraum von Wildbienen ist nicht nur in der Agrarlandschaft, sondern auch im urbanen Raum stark beeinträchtigt. Durch zunehmenden Wohnungsausbau und Versiegelung von Flächen, fallen viele begrünte Kleinstrukturen weg.

Hochwertige Materialien werden für den Bau vorgesehen

Das Parklet „Lenz“ soll der Wildbienenpopulationen wieder die Möglichkeit geben, versiegelte Areale wie Parkplätze zu überbrücken und ist in der Lage, sie mit allen notwendigen Ressourcen das ganze Jahr über zu versorgen. Kernelemente von Everdings frei zusammenstellbarem Modulsystem sind zwei Nisthilfen, die hohlraum- und – als Besonderheit – auch erdnistenden Wildbienen Brutmöglichkeiten geben.

Von dem nachhaltigen Erfolg ihrer Entwicklung für die Umwelt ist die Beueler Designerin überzeugt. „Das Lenz entspricht dem aktuellen Zeitgeist“, sagt sie. Nicht zuletzt sorgen dafür auch die von ihr verwendeten hochwertigen Baumaterialien wie Cortenstahl und europäische Lärche. Zudem mache die Verwitterung jedes Parklet zu einem Unikat, betont sie den ästhetischen Aspekt.

„Die Arbeit an und mit Lenz hat meinen Blick für die Umwelt geschärft“, sagt sie. So sieht sie die Erweiterung des Fahrradwegs in der Beueler Rheinaue heute als Lebensraumdegradierung sehr kritisch. „Wie soll der alte Eichenbestand so schnell wieder ersetzt werden?“, stellt sie die eher rhetorisch gemeinte Frage. „Auch bieten Nachpflanzungen mit klimaresistenten Sorten und mit fehlenden Blüten keinerlei Nahrung mehr für Insekten und dementsprechend auch nichts mehr für Vögel“, so Everdings Befürchtung.

Ein Prototyp wurde noch nicht gebaut

Noch fehlen ihr die finanziellen Mittel, um einen Prototyp ihres für Wildbienen freundlichen Stadtmöbels herzustellen. Ihr 30 Seiten umfassender Businessplan zur Vermarktung von „Lenz“ wurde von ihrer Hochschule ebenso hervorragend bewertet, wie das Design und die umfangreiche Recherche zum Stand der Biodiversität.

Und was sagt die Biologische Station Bonn/Rhein-Erft zu der Produktidee von Everding? Dazu Mitarbeiterin Monika Hachtel: „Ich finde solche Projekte gut und besonders dieses wirkt sehr durchdacht mit der Verwendung von hochwertigen, dauerhaft haltbaren Materialien und der Berücksichtigung bodenbrütender Bienen.“ Auch wenn es nur kleine Naturschutzmaßnahmen seien und der BUND mit seiner Einschätzung recht habe, dass nur große und viele Maßnahmen in breiter Fläche das Bienensterben aufhalten könnten, so sei doch jede Maßnahme ein wichtiger Baustein. Ein wichtiger Aspekt der Produktentwicklung sei auch der umweltpädagogische, so Hachtel.

Wer Interesse an Bau oder Einsatz von „Lenz“ hat, kann sich per Email unter daslenz@web.de mit Anne-Kristin Everding in Verbindung setzen.

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