„Wir sind ja so herrlich frei“ Interview zum Kulturstandort Beuel

Beuel · Der Verein Kulturbeutel organisiert seit mehr als drei Jahrzehnten Veranstaltungen bei Privatleuten. Über das Konzept sprechen die Mitbegründer Ulrike und Heinz Okken.

 Ulrike und Heinz Okken mit dem Musiker Hermann Sausen.

Ulrike und Heinz Okken mit dem Musiker Hermann Sausen.

Foto: Benjamin Westhoff

Ulrike Okken: Alles begann eigentlich schon 1977 mit dem Kauf dieses damals verfallenen Fachwerkhauses. Der Denkmalschutz steckte noch in den Kinderschuhen und die überwiegende Meinung war, dass so etwas abgerissen werden sollte. Wir hatten uns aber in das Haus verliebt und eine Menge Eigenarbeit vor Ort geleistet. Das hat zu unserer Überraschung unseren Bekanntenkreis enorm erweitert. Viele waren genauso begeistert wie wir und 1981, bei der Einweihungsfeier des Hauses, haben wir schon eine Fotoausstellung über die Stadt Quedlinburg präsentiert.

Heinz Okken: Es gab zu jener Zeit wenig Möglichkeiten für junge Künstler. Der ziemlich abgehobene offizielle Kunstbetrieb bot zu wenige Chancen für Nachwuchskünstler. Wir sind oft zu den Ateliers gefahren und haben uns umgesehen. Es gab natürlich von vielen Seiten auch Empfehlungen. In unserem Freundeskreis gab es einige, die auch gern ihre privaten Räume öffnen wollten. So entstand 1984 die Idee, sich zusammen zu schließen. Ein Name für den Verein war schnell gefunden: „Kulturbeutel – Kunst am Rheine. V.“ sollte er heißen.

Der Name, ein Erfolgsrezept?

Ulrike Okken: Eindeutig ja. Nur wenige haben sich über den Namen mokiert.

Welche Arten von Veranstaltungen haben Sie denn in Ihrem Kulturbeutel?

Ulrike Okken: Wir sind ja so herrlich frei. Das ist ganz gemischt. Lesungen, Jazzmusik und -gesang, Bilder- und Fotoausstellungen, klassische Konzerte, Puppenspiele, Theater und Schattentheater, Tanz und Pantomime, aber auch Spaziergänge zur Architektur.

Heinz Okken: Bei einige Veranstaltungen, die bei uns stattfinden, wird auch der Garten mit einbezogen oder der Innenhof wird überdacht. Wir sind richtig froh, dass alles bisher gut funktioniert hat. Das Konzept des Kulturbeutels besteht darin, dass unsere Mitglieder keine Künstler sind. Der Verein möchte unabhängig sein.

Wer ist der Verein, wer sind die Macher?

Heinz Okken: Wir haben knapp 20 Mitglieder. Alles sind kunstinteressierte Leute, die den kulturellen Austausch durch Veranstaltungen pflegen und die hauptsächlich junge, noch wenig bekannte Künstler fördern wollen. Ursprünglich kamen alle aus Bonn. Einige Mitglieder sind inzwischen weggezogen, doch wir freuen uns, dass sie immer noch im Namen des Kulturbeutels Veranstaltungen machen. Wir sind kein Verein, der auf Oberkassel beschränkt ist. Über die Art und den Zeitpunkt der Veranstaltungen stimmen wir uns ab, die Durchführung liegt in der Verantwortung der einzelnen Gastgeber.

An wen wenden Sie sich mit Ihrem Angebot?

Heinz Okken: Eine bestimmte Zielgruppe haben wir dabei nicht im Auge. Unsere Angebote sind vielfältig. Wir sind an Besuchern interessiert, mit denen man sich über Kunst austauschen und erfreuen kann.

Und was können Sie über Ihre Künstler sagen?

Ulrike Okken: Viele Künstler schätzen die Herausforderung, im privaten Umfeld aufzutreten und mit dem Publikum in persönlichen Kontakt zu kommen. Das gilt für junge Talente ebenso wie für Profis.

Dieser Kulturbetrieb muss ja auch finanziert werden. Wie sieht es mit Eintritt und Gagen aus?

Heinz Okken: Eintritt wird in der Regel nicht erhoben. Bei den Vorgesprächen bieten wir den Künstlern immer eine Gage unabhängig vom Spendenaufkommen an. Die Finanzierung wird durch Spenden der Mitglieder und Gäste gewährleistet.

Hat der Kulturbeutel bestimmte Pläne oder Wünsche für die nahe Zukunft?

Ulrike Okken: Mit dem Konzert im Juli, bei dem Nina-Maria Fischer die „Königin der Nacht“ aus Mozarts Zauberflöte sang, haben wir uns einen Wunsch erfüllt. Wir würden gerne im kommenden Winter das Schattentheater Bonner noch einmal auftreten lassen. Sie setzen Licht und Schatten ein, um Alltagsgegenstände in neuer Weise zu zeigen. So entstehen Schattengrafiken von hohem ästhetischen Reiz.

Sind Sie in das Oberkasseler Kulturleben eingebunden?

Ulrike Okken: Seit die Oberkasseler Kulturtage 1990 gegründet wurden, haben wir uns viele Male mit Begeisterung daran beteiligt.

Heinz Okken: In diesem Jahr war das leider nicht möglich, da der Pianist für unsere Veranstaltung im Oktober terminlich anderweitig gebunden war.

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