Jerusalema-Challenge Beueler Klinik hat Angst vor der Rechnung von Warner
Beuel · Mit einem Tanz-Video wollten die Mitabeiter des Krankenhauses St. Josef in Beuel etwas gegen den Corona-Blues unternehmen. Nun befürchten sie, dass sie dafür eine Rechnung von Warner Music bekommen. Andere Einrichtungen in NRW haben bereits gezahlt.
Noch am Abend, als Dorothea Adams die Nachricht las, sorgte sie dafür, dass das Video wieder aus dem Internet verschwand. Adams kümmert sich bei den GFO Kliniken, zu denen auch St. Josef in Beuel gehört, um die Unternehmenskommunikation. Es war ihre Idee, dass die Mitarbeiter des Krankenhauses bei der „Jerusalema-Challenge“ mitmachen. Ärzte, Pfleger und Küchenpersonal der Klinik in Beuel hatten gemeinsam zum Song „Jerusalema“ getanzt. Ein Video davon stellten sie ins Netz. Damit befanden sie sich in guter Gesellschaft: Polizisten aus dem Sauerland, Musiker der Philharmonie in Kapstadt und Mönche in Italien hatten sich ebenfalls dabei gefilmt, wie sie zu dem Lied des Südafrikaners Master KG tanzen.
Ende Februar bekamen viele, die mitgemacht hatten, dann eine Rechnung. Der Musikkonzern Warner Music verlangte nachträglich Lizenzgebühren. „Wir lieben die Tatsache, dass die Fans hinter 'Jerusalema' stehen. Aber wenn Organisationen in Deutschland den Song nutzen, um sich selbst zu promoten, sollten sie sich unserer Meinung nach eine Synchronisationslizenz sichern“, zitierte "Focus Online" einen Sprecher von Warner. In diesen „schwierigen Zeiten“ sei es „wichtiger denn je, dass Künstler und Künstlerinnen für ihre Musik bezahlt werden, wenn sie von Dritten genutzt wird, um ihre Reputation zu steigern.“
„Viele unserer Mitarbeiter waren erzürnt“, sagt Adams. Es sei bei der Aktion lediglich um eine kleine positive Ablenkung gegangen. Bei vielen Mitarbeitern sei die Stimmung nach dem Dreh sehr gelöst gewesen. Einige hätten sich sogar Aufnahmen aus dem Video ausgedruckt und aufgehängt. „Das war super gegen den Corona-Blues“, sagt Adams. Post von Warner hat die Klinik bisher keine bekommen, Adams sorgt sich aber, dass sich das noch ändern könnte.
Auf Facebook habe es für das Video viele positive Kommentare gegeben – abgesehen von zwei Ausnahmen. „Ich war total enttäuscht, dass wir es aus dem Netz nehmen mussten“, erzählt Adams. Sie findet, jeder, der etwas geschaffen hat, soll davon profitieren. Allerdings sagt sie auch: „Wir und andere haben dazu beigetragen, dass der Song so erfolgreich wird.“ Ähnlich sahen das auch Nutzer bei Facebook, die Warner laut dpa „schäbiges Verhalten“ vorwarfen. Eine Nutzerin schrieb auf der Seite des Unternehmens: „Ihr solltet die zusätzlich generierten Einnahmen, die ihr nun erhaltet (Jerusalema) spenden. Jedenfalls das Geld, welches ihr von den Feuerwehren, Polizeistationen usw. erhaltet!“
Warner beruft sich auf Synchronisationsrecht
Und Geld fließt auch so an den Künstler. „Wenn die Werke über YouTube, Facebook, Instagram, etc. öffentlich zugänglich gemacht werden, dann rechnen wir die Vergütung direkt mit den Betreibern der Plattformen ab“, sagte eine Gema-Sprecherin der dpa. Die Gesellschaft kümmert sich für Künstler und Verleger um die Wahrung ihrer Urheberrechte. Für Polizei oder Krankenhauspersonal, so die Sprecherin, würden somit keine Vergütungen an die Gema anfallen. Warner beruft sich allerdings auf das Synchronisationsrecht, was sich auf die Verknüpfung von Musik und Film bezieht. Viele Internet-Konzerne sehen dieses Recht mit dem Gema-Vertrag aber bereits als abgegolten.
Für die Polizei hat das NRW-Innenministerium die Rechnung übernommen und zahlte 2675 Euro an Warner. Auch die St. Barbara-Klinik in Hamm, deren Video acht Millionen Mal aufgerufen wurde, hat sich mit dem Konzern geeinigt. Welche Summe das Krankenhaus überwiesen hat, teilte es nicht mit.
Dorothea Adams berichtet, dass die Mitarbeiter des GFO Hospiz in Troisdorf schon ein Tanz-Video abgedreht hatten. Das wird mit einem anderen Song unterlegt. In der dortigen GFO Klinik war ebenfalls ein Video geplant. Daraus wird nun nichts. Adams sagt: „Wir überlegen jetzt, was wir anderes für die Mitarbeiter machen können.“