Jubiläum Ein Dreivierteljahrhundert Beueler Heimatgeschichte

Beuel · Am 8. März hat der Heimat- und Geschichtsverein Beuel am Rhein Anlass zu feiern: Der Verein wird an diesem Tag 75.

 Die Gründungsurkunde mit Bildern einiger Gründungsmitglieder liegt im Museum aus.

Die Gründungsurkunde mit Bildern einiger Gründungsmitglieder liegt im Museum aus.

 „Durch Anerkennung der Satzung vollziehen wir die Gründung des Heimatvereins“, heißt es in der Gründungsurkunde des Beueler Heimatvereins, unterschrieben von elf Männern und zwei Frauen am 8. März 1947. „Doch feiern“, so der heutige stellvertretende Vorsitzendes des Vereins, Rainer Krippendorff, „werden wir an diesem Tag nicht. Die Coronalage lässt es nicht zu, dass wir im März feiern können“, sagt er schon Wochen vor dem Stichtag. „Doch wir denken darüber nach, dieses Jubiläum bei unserem Sommerfest, das am 16. Juli stattfinden soll, nachzufeiern.“

Nach dem Krieg war alles zusammengebrochen

Alles war nach dem Krieg in Beuel zusammengebrochen. Die Engländer waren die Besatzungsmacht, die Einwohnerzahl mehr als halbiert. Es gab keine Brücke zur anderen Rheinseite mehr, von der zuvor die meisten Lebensmittel nach Beuel kamen, es gab nahezu nichts zu essen. Kultur fand keine statt, der Winter 1946/47 war so bitterkalt, dass der Rhein zugefroren war, Hunger und Kälte waren das Thema Nummer eins. Am Beueler Bahnhof wurden die Signalanlagen manipuliert, um die Güterzüge zum Halten zu bringen, damit Kohlen „gefringst“ werden konnten. Und da hatten diese dreizehn Personen nichts Besseres zu tun, als einen Verein zu gründen?

„Alle vereinte die weise Voraussicht zur Pflege der Kultur und der Heimat“, sagte der ehemalige Vorsitzende Volker Engel dem GA vor einigen Jahren. Der satzungsgemäße Zweck und die Aufgabe des Vereins ist es, den Mitbürgerinnen und Mitbürgern den Heimatgedanken nahe zu bringen und ihn zu vertiefen. „Den Hoffnungslosen neue Hoffnung, den Heimatlosen eine neue Heimat zu geben“, so steht es in der Gründungsurkunde, „das sind die Aufgaben, zu denen sich die Mitglieder des Vereins ehrlichen Herzens und rückhaltlos bekennen.“

Ein Historiker, ein Journalist im Vorstand

Erster Vorsitzender war der Historiker Heinrich Neu, erster Geschäftsführer der Journalist Johann Ignaz Schmitz-Reinhard. Zuerst war der Verein ein Selbsthilfeverein. Es ging um die Beschaffung von Kleidern, Lebensmittel, Wohnraum oder Gartenland. Mehr Zugezogene als Einheimische traten in den Verein ein. „Die haben mit dem Vereinseintritt ihren Einbürgerungsantrag gestellt“, sagte man der Überlieferung nach damals ironisch. Jeder Besucher musste damals zur Silvesterfeier des Vereins zwei Briketts mitbringen.

Von Anfang an gehörte zur Kulturarbeit das Sammeln und Bewahren von Zeugnissen der Alltagskultur wie auch von historischen Nachweisen. So entstand eine Sammlung wichtiger Sachgüter, Bilder, Schriften und Bücher, die von den Mitgliedern und Beueler Bürgern zusammengetragen wurde. Damit wollte man die Heimatgeschichte erforschen und eine spätere Präsentation in einem zu gründenden Museum ermöglichen – was noch Jahre dauern sollte. Zahlreiche Ausstellungen folgten in diversen Räumlichkeiten - die erste mit dem Titel „Unsere Beueler Heimat – altes Kulturland zwischen Eifel und Westerwald“. Doch „es fehlte einfach ein Museum“, wie der Verein verlauten ließ.

Dieter Haese, Vorsitzender des Vereins in den Jahren 1983/84, hatte das Fachwerkhaus in der Steinerstraße privat gekauft und die Mitgliederversammlung beschloss, dort das zukünftige Museum einzurichten. Richard Wagner wurde zum „Spiritus Rector“ der Museumsgründung. „Hierdurch ist der Gedanke der historischen Betrachtung hinzugenommen“, berichtet Gertrude Jöbsch, die viele Jahre in verantwortlicher Position für den Verein gearbeitet hat. Am 7. Juni 1986 wurde im Fachwerkhaus das Heimatmuseum durch den damaligen Oberbürgermeister von Bonn, Hans Daniels (MdB) feierlich eröffnet – das erste Stadtmuseum in Bonn nach dem Krieg. „Lange Jahre wurde zwischen Verein und Museum unterschieden“, berichtet Inke Kuster, stellvertretender Leiterin des Museums seit dem Tod von Museumsleiter Hans Lennarz. „Heute ist das Museum Hauptbestandteil des Vereins, unser Flaggschiff, ein lebendiges Archiv, Aufbewahrungsort der Beueler Geschichte und ein Zentrum des kulturellen Lebens in Ergänzung anderer Einrichtungen.“ 1987 bekam der Verein seinen heutigen Namen: „Heimat- und Geschichtsverein Beuel am Rhein e.V.“, kurz HGV genannt.

Die Stadt Bonn kauft Fachwerk- und Steinhaus

Die Stadt Bonn hat das Fachwerkhaus von Haese sowie das Steinhaus an der Hermannstraße gekauft und dem Verein überlassen. Somit hatte der Verein ein Gelände und Häuser, um seine Sammlungen zu präsentieren und um seine Geschäftsstelle von der Goetheallee in das neue Areal zu verlegen. Der Verein hat das Bürogebäude, das sogenannte Torhaus, errichtet und die Scheune neben dem Fachwerkhaus aufbauen lassen.

Trotz der über 400 Mitglieder sind es, wie fast in jedem Verein, keine 20 Personen, die tatkräftig mitarbeiten. Die zahlreichen Ausstellungen – Hochwasser, Epidemien, Mirecourt-Partnerschaft, Heilige im Beueler Raum, Oster- und Weihnachtsbräuche im Rheinland, Rheinromantik, um nur einige zu nennen – sind arbeitsintensiv, sie sind aber auch ein großes Renommee für den Verein. „Ebenso sind zahlreiche Helfer, die mit Herz und Seele bei der Arbeit sind, dafür zuständig, dass wir Veröffentlichungen, Veranstaltungen oder Tage der offenen Tür, nicht zu vergessen unseren Kräutergarten, für die Besucher organisieren können“, sagt Inke Kuster. Etwa 3000 Besucher wurden vor Corona jährlich gezählt. „Wir könnten viel mehr Jüngere gebrauchen, die mit Leib und Seele mitarbeiten.“

Seit vielen Jahren ist die Anzahl der Vereinsmitglieder konstant. Doch durch den Mitgliedsbeitrag allein kann der Verein nicht alles finanzieren. „Wir leben auch von den Spenden der Besucher, von Veranstaltungen der Brotfabrik und dem Theater der Jugend, sowie von einigen Filmemachern, die unser Gelände entdeckt haben“, berichtet Krippendorff. Außerdem bekomme man noch einen Zuschuss seitens der Stadt Bonn. Aber auch Kurse in der Scheune oder Trauungen, die das Standesamt Bonn hier durchführt, generieren Einnahmen.

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