Pützchens Markt Kabelstecken bei der Wilden Maus

BEUEL · Der Countdown zur großen Herbstkirmes läuft. Viele Fahrgeschäfte sind schon größtenteils aufgebaut. Volontär Simon Bartsch hat mit angepackt.

Als die Redaktion auf die wunderbare Idee kam, mich als Pützchens-Markt-Praktikant einzusetzen, war ich gleich Feuer und Flamme. Schließlich hatte ich mir im Rahmen unserer Volontärs-Sommertour schon Lorbeeren als Platzanweiser in einem benachbarten Freizeitpark eingeheimst. Als es dann hieß, es geht zur Wilden Maus, kannte die Freude keine Grenze mehr. Auf der Achterbahn habe ich schließlich einen - wenn auch kleinen Teil - meines Lebens verbracht. Die böse Überraschung ließ aber nicht lange auf sich warten.

Na gut, bei einem Einsatz wenige Tage vor der Eröffnung des Markts hätten die Alarmglocken eigentlich schrillen müssen: Natürlich soll ich als Hilfsarbeiter beim Aufbau der Wilden Maus mit anpacken. Gute Idee, wenn ich nicht unter Höhenangst leiden und über das handwerkliche Geschick eines Dreijährigen verfügen würde.

Rolf Barth, Schausteller und Besitzer der Wilden Maus, hat meine Schwächen schnell ausgemacht und gibt mir dankenswerterweise Florin an die Hand. Der Rumäne ist seit 13 Jahren Barths Vorarbeiter. "Warte", sagt er laufend. Nicht etwa in dem fälschlichen Glauben, meinen Enthusiasmus bremsen zu müssen. Viel mehr, weil er sich um die zarten Hände eines Schreiberlings sorgt.

[video]Nachdem ich mit einem schicken gelben Helm ausgestattet worden bin, geht es zur ersten Station: Gleise justieren. Mit einem Kettenzug, einer hydraulischen Pumpe und Mannskraft werden die Gleisstücke auf die gleiche Höhe gebracht und anschließend mit einer dicken Schraube sowie kräftigen Muttern gesichert. Schon nach wenigen Sekunden komme ich ordentlich ins Schwitzen. Florin streckt den Daumen in die Höhe. Ich hoffe, das Zeichen hat in Rumänien eine ähnliche Bedeutung wie in Deutschland und erwider die Geste.

Seit mehr als zwanzig Jahren rollen die Waggons der Wilden Maus über die Gleise. Das Fahrgeschäft gilt als als eine der Hauptattraktionen von Pützchen. Der Aufbau verläuft gelassen. Denn die Arbeiter haben vier Tage für den Aufbau Zeit. "Je nach Auftrag muss das auch schon mal deutlich schneller gehen", sagt Barth. "Wir können die Maus auch in anderthalb Tagen aufstellen."

Nachdem ich mein Können also als Gleisjustierer unter Beweis gestellt habe, wartet Florin schon mit der nächsten Herausforderung: dem Anschließen der Stromkabel. Die ganze Stromversorgung des Fahrgeschäfts läuft an einer Stelle zusammen. Dicke Kabel müssen in die dafür vorgesehenen Gegenstücke gesteckt werden.

Farbige Ziffern geben Aufschluss über den richtigen Anschluss. "Portocaliu", ruft Florin und ich lasse vor Schreck, aber auch in Erwartung eines heftigen Stromschlags die Kabel fallen. Erst dann erklärt er mir lächelnd, dass "portocaliu" orange bedeutet. Zum Glück, denn beinahe hätte ich die blaue "5" in das falsche, orangefarbene Gegenstück gesteckt.

An meinem dritten Einsatzort darf ich die Waggons arrangieren. Über eine Weiche werden einige der Fahrkabinen aufs "Abstellgleis" geschoben. Fünf Stück bleiben in der Spur. "Je nachdem, wie viele Menschen da sind, kann man mehr Schüsseln dazuschieben", erklärt Florin, der sich anschließend in die Mittagspause verabschiedet. Seine Lebensgefährtin hat gekocht.

Sie kommt ebenfalls aus Rumänien und reist mit der Mannschaft mit. Fast neun Monate lang sieht sich das Team. "Wir kannten uns alle schon vorher", erklärt Florin. Er habe das Team in Rumänien so zusammengesucht. "Man braucht Leute, die anpacken und nicht nur in der Gegend rumgucken." Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Für mich ist sein plötzlicher Abgang jedenfalls die passende Gelegenheit, mich ebenfalls aus dem Staub zu machen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort