GA-Serie: „Die andere Perspektive“ Kaufen und Klönen im Oberkasseler Lädchen

Serie | Oberkassel · Christa Heckmann und Anneliese Dönhoff leiten den gemeinnützigen Treffpunkt Textilien, Topf und Tasse in Oberkassel - und das schon seit Jahrzehnten. Von einem Kaffeekränzchen ist der Verein aber weit entfernt.

 Im Hof ihres Treffpunkts bei 35 Grad im Schatten: Anneliese Dönhoff (l.) und Christa Heckmann.

Im Hof ihres Treffpunkts bei 35 Grad im Schatten: Anneliese Dönhoff (l.) und Christa Heckmann.

Foto: Rainer Schmidt

Eigentlich verbietet es einem die gute alte Kinderstube, das Geburtsjahr einer Dame zu erwähnen. Dennoch muss es bei diesen beiden Frauen genannt werden: Christa Heckmann ist Jahrgang 1930, Anneliese Dönhoff Jahrgang 1934. Beide zusammen leiten den „Treffpunkt evangelische Kleiderstube TTT – Textilien, Topf und Tasse“ in Oberkassel – einen eingetragenen, gemeinnützigen Verein.

Wer sich jetzt ein kaffeeschlürfendes Kaffeekränzchen älterer Damen vorstellt, der hat sich mächtig getäuscht. Denn die Damen arbeiten in einem Lädchen an der Königswinterer Straße 731, dem von ihnen gegründeten Treffpunkt (siehe „Der Second-Hand-Laden“). Sie kümmern sich um das gesamte Geschäft, bedienen Kunden, machen die Abrechnungen. Die ältere der beiden holt mit ihrem Auto sogar Waren bei Spendern ab.  Manch kleiner Einzelhändler wäre wohl froh, sein Geschäft würde so reibungslos laufen.

Die beiden Freundinnen siezen sich bis heute

Heckmann wurde in Potsdam geboren. Doch da ihr Großvater aus Bonn stammte, zog ihre Familie nach ihrem Abitur nach Bonn um. Sie erlernte hier den Beruf einer Technischen Assistentin beim Institut für Pflanzenkrankheiten. Drei Kinder zog sie groß, darunter einen Sohn namens Johannes, der heute einer der Leiter der Abenteuertage in Oberkassel ist. 1986 hatte sie TTT gegründet. „Ich hatte noch schlechte Zeiten in meinem Leben kennengelernt und daraus die Lehre gezogen, dass man nichts wegschmeißen sollte“, gibt sie als Begründung dafür an. So entstand zuerst die Idee, einen „popeligen“, wie sie es nennt, Möbelflohmarkt zu organisieren. Es kamen Topf und Tassen und schließlich auch Textilien hinzu. „Nur keine Bücher. Denn dafür haben wir hier keinen Platz“, sagt sie.

Das Geschäftsmodell war von Anfang an ganz einfach: von Spendern Möbel, Haushaltswaren und Kleidung einzusammeln und diese für kleines Geld an mittellose Menschen weiterzugeben. „Ich möchte ein Zeichen gegen unsere Wegwerfgesellschaft setzen“, erklärt sie.

Das Geschäft fing so gut an, dass Heckmann nach kurzer Zeit – die Damen können sich nicht darauf einigen, ob es drei Monate oder drei Jahre waren – im Gemeindeblatt um Hilfe gerufen hatte. Gekommen und geblieben ist Dönhoff, die nun auch bereits gut 30 Jahre dabei ist. Auch sie ist kein Oberkasseler Mädchen, sondern stammt aus Breslau und kam über Hannover, wo sie als Journalistin bei der Hannoverschen Allgemeinen gearbeitet hatte, nach Oberkassel. Hier ist sie inzwischen seit mehr als 50 Jahren beheimatet. Als ihr Mann pensioniert wurde, suchte sie wieder Arbeit und fand sie bei TTT. „Da machte ich mich mal einen Tag pro Woche aus dem Staub“, gibt sie schelmisch als Erklärung an. Dass sie immer noch dabei ist, das ist der Freundschaft geschuldet, die die beiden Damen bis heute verbindet. Und aller beider Gesundheit.

Nach einigen Umzügen sind sie mit ihrem Laden 1997 als Treffpunkt im heutigen Domizil gelandet. „Wenn wir geöffnet haben, dann ist Mittwoch, denn wir haben nur mittwochs offen. Das wissen alle hier im Ort“, sagt sie. Heckmann ist jedes Mal hier. „Wann ich das letzte Mal mittwochs nicht hier war, das weiß ich nicht. Und in Urlaub fährt man in meinem Alter nicht mehr.“ Auch wenn sie in der Stadt noch „mit Begeisterung“ Auto fährt, auf die Autobahn traut sie sich dann doch nicht mehr.

Lediglich viermal konnte wegen Corona nicht geöffnet werden. „Aber man hat uns vermisst“, meint Heckmann, „denn noch heute wird angerufen und nachgefragt, ob wir geöffnet haben“. Gesichtsmaske ist im Laden Pflicht, die Anzahl der Besucher beschränkt. Persönliche Gespräche sind ein wichtiges Element in der Arbeit des Treffpunkts. „Deshalb freuen wir uns, einen so schönen Innenhof zu haben, wo wir sowohl arbeiten als uns auch unterhalten können.“ Für Hobbys haben die Damen, dann doch dem Alter geschuldet, nicht sehr viel Zeit, aber ein bisschen schon. „Lesen“, sagt Dönhoff, „denn das bildet immer, auch noch im Alter“. Heckmann meint: „Ein wenig Garten, solange der Rücken mitmacht.“

Jetzt kennen die beiden Frauen sich also schon mehr als 30 Jahre, dennoch siezen sie sich immer noch. Warum? „Das ist unsere gegenseitige Wertschätzung“, sagt Heckmann und Dönhoff ergänzt: „Und unsere preußische Erziehung.“ Wie soll es denn weitergehen, wenn eine der beiden mal nicht mehr kann? Dönhoff, die jüngere, meint dazu: „Am besten nicht dran denken.“ Heckmann sieht hier den Verein in der Pflicht, dessen Führung sie zwar mal innehatte, was sie aber schon viele Jahre in die Hände der Gemeinde gelegt hat. Denn TTT ist Teil des diakonischen Konzepts der evangelischen Gemeinde Oberkassel/Dollendorf. Pfarrerin Ann Kathrin Quaas ist Vorsitzende des Vereins. „Alle sind froh, wenn der Laden läuft. Und die Miete für den Laden habe ich bisher noch immer bezahlen können.“

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