Gespräch am Wochenende mit Petra Marx-Kloß und Uwe Flohr Last von viel zu schmalen Schultern nehmen

BEUEL · Wenn ihre Eltern psychisch krank sind, ist das für Kinder eine enorme Belastung. Das hat den Verein "Hilfe für psychisch Kranke Bonn/Rhein-Sieg" im Sommer 2011 veranlasst, die "Sonnenkinder" zu gründen, eine therapeutische Gruppe für betroffene Kinder, die sich regelmäßig in Ramersdorf trifft. Auch ein Angebot für Jugendliche ist im Aufbau. Mit Projektleiterin Petra Marx-Kloß und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins, Uwe Flohr, sprach Johanna Heinz.

 Im Projekt "Sonnenkinder" betreuen Petra Marx-Kloß und Uwe Flohr Kinder, deren Eltern psychisch krank sind.

Im Projekt "Sonnenkinder" betreuen Petra Marx-Kloß und Uwe Flohr Kinder, deren Eltern psychisch krank sind.

Foto: Max Malsch

Wie erklärt man einem Kind eine Depression?
Petra Marx-Kloß: Das kommt natürlich sehr auf das Alter an. Vieles läuft bei uns über nonverbale Kommunikation. Wenn Kinder reden wollen, haben wir aber natürlich immer ein offenes Ohr. Wichtig ist zu vermitteln, dass an der Krankheit von Vater oder Mutter nicht das Kind Schuld trägt, aber auch nicht der Erkrankte selbst.

Welche Kinder und Jugendlichen kommen zu Ihnen?
Marx-Kloß: Die Kinder haben ganz unterschiedliche Hintergründe. Depression ist die häufigste Erkrankung, es gibt aber auch Eltern mit Persönlichkeits- oder Zwangstörungen. Auch, wie sie mit der Erkrankung umgehen, ist aber ganz unterschiedlich. Sie entwickeln eine eigene Strategie.

Welche Strategien sind das?
Marx-Kloß: Einige Kinder verhalten sich sehr auffällig, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Andere sind besonders ruhig und fürsorglich, tragen die ganze Verantwortung für sich und die Familie auf ihren viel zu schmalen Schultern. Wieder andere ziehen sich in die Isolierung zurück, werden wie unsichtbar. Andere reagieren mit Wut. Oft wird die Erkrankung der Eltern auch in der Familie nicht thematisiert, ist also ein Tabu. Die Heranwachsenden trauen dann ihren eigenen Erfahrungen nicht. Vor allem spüren sie eine Leere in sich, weil ihre Bedürfnisse häufig zu kurz kommen.

Was passiert in der Gruppe?
Marx-Kloß: Wir geben den Kindern die Möglichkeit, sich durch Spiel, Bewegung, Tanz und Theater auszudrücken. Beispielsweise gegenüber depressiven Eltern erleben die Kinder oft, dass keine Reaktion auf ihr Verhalten kommt. Bei Spielen, die wir machen, sollen sie ihre eigene Wirksamkeit erleben. Es geht aber auch darum, dass ich eine feste, verlässliche Ansprechpartnerin bin.
Uwe Flohr: Besonders schön ist, dass wir inzwischen auch einen Praktikanten als Unterstützung haben, also einen männlichen Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen.

Wie sind sie auf die Idee gekommen, sich mit diesem Angebot an Kinder von psychisch Kranken zu wenden?
Flohr: Für uns als Verein war das naheliegend, weil wir ja schon länger Hilfe für die Erkrankten selbst anbieten. Die meisten unserer ehrenamtlichen Vereinsmitglieder haben in der eigenen Familie Erfahrungen mit psychischen Krankheiten gemacht. Glücklicherweise haben wir für das Projekt "Sonnenkinder" Sponsoren gefunden. Denn es ist wichtig, dass wir die Gruppen kostenlos anbieten können. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Prävention: Kinder von psychisch kranken Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst krank zu werden.

In der Jugendlichengruppe der "Sonnenkinder" sind noch Plätze frei. Infos gibt es unter www.hfpk.de/aktuelles. Anmeldung zum Vorgespräch unter der Telefonnummer 0228/36032172 oder per E-Mail an petra.marx-kloss@t-online.de.

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