Kleines jüdisches Lehrhauses in Oberkassel Lesung über unbekannte Juden, die Großes leisteten

OBERKASSEL · Die jüdische Geschichte des Rheinlandes lebendig zu erhalten, gehört zu den Hauptaufgaben des Kleinen jüdischen Lehrhauses mit Sitz in Oberkassel.

 Auch um das Branntweinmonopol in Galizien um 1910 und die Rolle der Juden ging es im Vortrag von Leah Rauhut-Brungs (links).

Auch um das Branntweinmonopol in Galizien um 1910 und die Rolle der Juden ging es im Vortrag von Leah Rauhut-Brungs (links).

Foto: Max Malsch

In regelmäßigen Abständen erscheinen dort die sogenannten Lehrhaus-Hefte, eine Schriftenreihe des Vereins für Geschichte und Kultur der Juden der Rheinlande. Für die neueste Ausgabe sammelte Leah Rauhut-Brungs, die Zweite Vorsitzende des Vereins, spannende Geschichten von unbekannten jüdischen Menschen. "Große Weltereignisse bleiben in Erinnerung und werden dokumentiert. Doch wer spricht von den Geschehnissen am Rande? Das Leben geht über vieles hinweg", sagt Rauhut-Brungs.

Beim Vortrag im jüdischen Lehrhaus stellte sie einige Geschichten der Öffentlichkeit vor, manche spannend, andere traurig oder kurios, immer aber wurden sie liebevoll erzählt. Die Begebenheiten fand sie während ihrer Recherchen zum Thema jüdische Geschichte. So auch die Geschichte von Moses Gumperich, einem Handelsmann, der in der Eifel im Dörfchen Klüsserath lebte.

Er rettete einst Menschen und Tiere bei einer großen Überschwemmung vor dem Ertrinken. Seine Nachfahren waren lange Zeit aus Dankbarkeit von allen kommunalen Abgaben befreit. Bis 1795 lässt sich dies zurückverfolgen. "Mittlerweile ist Moses Gumperich vergessen", so Rauhut-Brungs.

Interessant sind die Abenteuer des Emil Bessels. Bessels promovierte mit 18 Jahren an der Universität Heidelberg und ging als Schiffsarzt und technischer Leiter Ende des 19. Jahrhunderts mit auf eine Nordpol-Expedition.

Nach einem Schiffbruch trieben er und andere Schiffbrüchige viele Tage auf einer Eisscholle. "Wer kennt David Schwarz?", fragte Rauhut-Brungs dann. "Der Holzhändler liebte Bücher über Technik und Erfindungen. Seine Vision war die eines Luftschiffes", erzählte sie. Bei der Fertigstellung des Luftschiffes in Berlin fehlte das Gas, und als es endlich geliefert wurde, soll Schwarz vor Glück tot umgefallen sein. "Graf Zeppelin nahm später Kontakt zur Witwe von Schwarz auf", so Rauhut-Brungs.

"Und dann war da noch der französische Arzt Tobias Cohen, ein sehr religiöser Jude", so Rauhut-Brungs. Cohen war ein Arzt im Gefolge Napoleons. Der große Feldherr hatte zeitlebens große Probleme mit Hühneraugen an den Füßen. "Napoleon konnte kaum laufen, so viele Hühneraugen hatte er. Und Napoleon hatte auch keine Berührungsängste, einen jüdischen Arzt zu haben", so Rauhut-Brungs weiter.

Napoleon schenkte ihm aus Dankbarkeit seinen Mantel. All diese Geschichten sind im neuen Lehrhaus-Heft zusammengetragen. 2,50 Euro kostet ein Heft und ist ab dem 24. Juni 2014 im jüdischen Lehrhaus Oberkassel erhältlich.

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