100 Jahre alte Tradition Martinszug mit 1700 Kindern zog durch Beuel

Beuel. · 1700 Kinder sind beim Sankt Martin-Umzug mit ihren Laternen durch die Beueler Innenstadt gezogen. Hinter dem Umzug von Bonns größtem Umzug steht auch eine komplexe Logistik.

Thomas Janicke reitet als Sankt Martin an den Kindern, die stolz ihre selbst gebastelten Laternen in die Höhe halten.

Thomas Janicke reitet als Sankt Martin an den Kindern, die stolz ihre selbst gebastelten Laternen in die Höhe halten.

Foto: Benjamin Westhoff

Am Donnerstag um 17.15 Uhr war es wieder so weit: Der größte Martinszug in Bonn mit über 1700 angemeldeten Teilnehmern setzte sich in Beuel in Bewegung.Zugleiter Joachim Mertens, der seit mehr als 40 Jahren den Martinszug in Beuel-Mitte leitet, gab den Weg in der Ringstraße frei. Vorneweg, wie könnte es anders sein, Sankt Martin auf seinem Pferd. Ob die vielen Zuschauer am Wegesrand bemerkt haben, dass nicht Stephan Kern, wie all die Jahre zuvor, als St. Martin den Zug anführte? „Stephan Kern hatte sich eine Woche vorher seine Schulter angebrochen“, war vom Beueler Martinsausschuss zu hören. Mit Thomas Janicke habe man kurzfristig einen Vertreter gefunden, der hoch zu Ross als Martin bereits reichlich Erfahrung gesammelt hat.

70 Ehrenamtliche helfen

Mertens und die rund 70 ehrenamtlichen Helfer achteten genau auf die vereinbarte Aufstellung aller angemeldeten Teilnehmer aus Kitas und Schulen. Direkt auf Sankt Martin folgte der Gänsewagen, ein Bollerwagen, in dem sich früher echte Martinsgänse befanden.

„Aus Tierschutzgründen nehmen wir keine lebenden Gänse mehr mit“, so Mertens, „sondern Pappgänse.“ Kinder aus der Rheinschule zogen den Wagen, den sie auch selbst geschmückt hatten.

Vier Kapellen, über den ganzen Zug verteilt, sorgten dafür, dass alle Zugteilnehmer ihre eingeübten Lieder singen konnten: zwei vom Kardinal-Frings-Gymnasium, eine von der Gesamtschule Bad Godesberg sowie der Musikzug der Beueler Stadtsoldaten.

Von der Ringstraße bog der Zug gleich nach dem Start in die Hermannstraße ein. „Durch diese Straße zu gehen“, so Friedhelm Kruth von der Nepomuk-Stiftung, die den Martinszug alljährlich unterstützt, „ist immer ein Highlight.“

Die Menschen säumten den Straßenrand, viele mit bunten Laternen oder Lampions, an einem Haus war sogar ein Glühweinstand. Auch die Kirche St. Josef grüßte geschmückt alle Zugteilnehmer.

Über die Friedrich-Breuer-Straße, Gottfried-Claren-Straße, Siegfried-Leopold-Straße und Neustraße schlängelte sich der inzwischen auf gut einen Kilometer Länge angewachsene Zug ins Franz-Elbern-Stadion.

„Wir benötigen diese große Fläche, damit alle Zugteilnehmer auf den Platz können und das Martinsspiel am Martinsfeuer aufgeführt werden kann“, so Kruth. „Der christliche Bezug des Martinsfestes verkörpert die Martinsbotschaft‚Teilen verbindet‘“, sagte Ralf Birkner, Vorsitzender der Nepomuk-Stiftung und Moderator der Veranstaltung. Martin Eßer überbrachte die Grüße der Bezirksvertretung, Pfarrer Wilfried Evert sprach das Abendgebet.

Das Martinsbrauchtum hat im Stadtbezirk Beuel eine über 100-jährige Tradition. Dabei ist die Darstellung des Heiligen Martin, der Besuch der Kindergärten und Schulen, Altenheime und Krankenhäuser, der traditionelle große Martinszug sowie die Messe in St. Josef zum Abschluss ein fester Bestandteil der Beueler Brauchtumspflege in der Martinswoche.„Wir haben den Anspruch“, so Kern, „dass jedes Kind einen Weckmann bekommt.“ Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, hat die Bäckerei Schlösser tagtäglich 400 bis 600 Weckmänner in der Martinswoche gebacken. Ein Team von der Nepomuk-Stiftung hat sie morgens um sechs Uhr ofenfrisch in spezielle Martinstüten, auf denen die Geschichte von Martin aufgedruckt ist, eingepackt. Martin und sein Vertreter haben sie noch am gleichen Tag verteilt. „So richtig lecker sind wir Weckmänner erst, wenn man uns mit anderen teilt“, steht unter anderem auf der Tüte – ganz im Sinne von St. Martin.

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