Kai von Westerman "Maus"-Kameramann zeigt seine Regiearbeit "Polnische Trilogie"

BEUEL · Versonnen steht der kleine Junge am Zugfenster. "Weit, weit fahren wir. Keine Angst, alle sind bei dir, die vor dir waren", verspricht ihm die Mutter, als sie in Warschau einfahren. Und das wird in diesem neuen Kurzfilm "Zaduszki" des Bonner Regisseurs Kai von Westerman für den gesamten Besuch gelten.

 Immer nah dran, nicht nur bei den Drehs für die "Sachgeschichten" der Fernseh-Maus: Das gilt für Regisseur Kai von Westerman auch bei seinen eindrucksvollen Kurzfilmen.

Immer nah dran, nicht nur bei den Drehs für die "Sachgeschichten" der Fernseh-Maus: Das gilt für Regisseur Kai von Westerman auch bei seinen eindrucksvollen Kurzfilmen.

Foto: Jansen

Der zweisprachige Kleine wird nämlich bald mit dem deutschen Vater und dem polnischen Familienzweig flackernde Kerzen auf den Friedhof der Vorfahren stellen. Und wird sich vom Zauber des Lichtermeers und der Liebe der Familie geborgen fühlen.

"Keine Angst, alle sind bei dir", beschwört die Mutter den Jungen nochmals mit Worten des polnischen Widerstandskampfes gegen die Deutschen. Eindrucksvolle Melodien, eingespielt von den Bonner Interpreten Ursel Quint und Barry L. Roshto, erklingen. Der Gang des Kindes aus Deutschland ist ein Besuch des Friedens, der Kurzfilm von Westermans über seine eigene Familie ein eindrucksvolles Dokumentarspiel.

Am kommenden Sonntag, 10. November, wird er den Film um 17 Uhr im Kino an der Beueler Brotfabrik im Rahmen einer Uraufführung mit zwei weiteren seiner neuen Filme unter dem Titel "Polnische Trilogie" zeigen.

Von Westerman ist bundesweit bekannt. Er ist der in Deutschland meistgesehene Kameramann. Er filmt seit 1993 die Vielzahl der ARD-Sachgeschichten der "Sendung mit der Maus". Nun also drei eigene Filmen zu Polen, die unter der Schirmherrschaft der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Köln-Bonn uraufgeführt werden. Wie bei "Zaduszki" ist Polen für den in Bad Godesberg Aufgewachsenen sozusagen das bestimmende Familienthema. Von Westerman ist mit der polnischen Autorin Agnieszka Karas verheiratet.

"Meine Trilogie berührt unterschiedliche Seiten des polnischen Daseins: Die Filme bilden drei Zeitalter im Laufe des 20. Jahrhunderts ab", erläutert der Regisseur. Teil eins, der Film "Der Pole, der auch Deutscher war", ist ein sensibles Porträt des polnischen Dichters und Widerstandskämpfers Witold Hulewicz.

"Er zeigt eher eine politische Seite der polnischen Mentalität, während der zweite Film eine romantische Seite in den Vordergrund stellt", erläutert von Westerman. Unter dem Titel "Ein kurzer Blick in den Garten Eden" spielt Romuald Karas, von Westermans Schwiegervater, die Hauptrolle. "Die familiäre Verbandelung der Filme spiegelt durchaus nicht nur mein Privatleben, sondern einen großen Teil der deutschen gesellschaftlichen Realität: Es gibt außerordentlich viele deutsch-polnische Familien", berichtet der Filmemacher.

Beim dritten Kurzfilm "Zaduszki" hat er die metaphysische Seite Polens in den Mittelpunkt gestellt, sagt von Westerman, der mit den Musikern nach der Filmpräsentation zum Publikumsgespräch bereitsteht. Keiner der Filme behandele sein Thema übrigens objektiv. "Nein. Die Filme sind gnadenlos subjektiv. Deshalb wird man sie auch nur an Orten wie der Brotfabrik zu sehen bekommen." Das Fernsehen verlange umfassende, möglichst objektive Information, also eine klar umrissene Zeichnung.

Seine "Polnische Trilogie" jedoch gebe seine Eindrücke wieder, greife Zufälliges und Vorgefundenes auf, ohne alles bis ins Detail auszuerzählen. "Den Zuschauern bleibt Platz für eigene Empfindungen - wie bei einem echten Besuch im Nachbarland."

Zur Person

Kai von Westerman, Jahrgang 1960, ist Autor, Kameramann und Regisseur. Der Bad Godesberger "kann passabel zeichnen und dreht seit 1976 Kurzfilme, Nachrichten, keine Werbung, selten Spielfilme, am liebsten Reportagen und Dokumentarfilme auf Film oder Video, die zeigen, was man sonst nicht sehen kann", schreibt er über sich selbst auf seiner Webvisitenkarte. Sein 90-minütiger Film "Wie Erich seine Arbeit verlor" (1989) wurde 2002 bei den Grenzlandfilmtagen in Selb als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Seit 1993 hat er mehr als 300 Sachgeschichten für die "Sendung mit der Maus" gedreht.

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