Besuch beim Theater Uhu Mehr Drama Baby

Beuel · „Och, nee, danke.“ Eine kleine wegwischende Handbewegung, die bedeutet – das müsste nicht sein. Auf die Frage, ob die Besucher der Offenen Probe des Theater Uhu in der Brotfabrik beim Warm-Up mitmachen wollten, wird kollektiv und zügig abgewinkt.

 Hier muss alles sitzen: Auch ohne Zuschauer, Requisiten und Kostüme sind die Laienschauspieler in der Brotfabrik hochkonzentriert.

Hier muss alles sitzen: Auch ohne Zuschauer, Requisiten und Kostüme sind die Laienschauspieler in der Brotfabrik hochkonzentriert.

Foto: Max Malsch

Das Motto des bundesweiten „Tages der Theaterpädagogik“ am Samstag lautete zwar „Mehr Drama, Baby“, aber anscheinend nicht genug, um sich gleich mit auf die Bühne zu stellen.

Der Bundesverband Theaterpädagogik und der Bund deutscher Amateurtheater will Theatergängern, die sich für gewöhnlich nur am geschliffenen Endergebnis erfreuen, mit ihrer Initiative Einblick in die Erarbeitung eines Stücks geben und sie die Intimität einer Probe erleben lassen, in der Text und Einsätze noch hapern, das Bühnenbild bisher nur in der Vorstellung des Ensembles existiert und der Regisseur sich vorbehält, in regelmäßigen Abständen zu unterbrechen.

„Ihre Fantasie ist heute gefordert“, so Volker Maria Engel, künstlerischer Leiter der aktuellen Uhu-Produktion „John Gabriel Borkman im Haus der Schatten“ (nach dem norwegischen Dramatiker Henrik Ibsen), vor Beginn des ersten Durchlaufs. „Im Hintergrund, in voller Größe der Wand, wird mal eine Leinwand sein, außerdem fehlt ein U-förmiges Podest, eine Querflötistin, die Kostüme selbstverständlich und so weiter.“

Wie auch ein 100-Meter-Läufer nicht ohne ausgiebige Dehnung seiner Muskeln zum Sprint ansetzt, nehmen sich auch die zehn Laienschauspieler Zeit für adäquates Aufwärmen.

Sie laufen durch den Raum, schenken erst ihren Fußballen, dann den Knien und später den Hüften ihre volle Aufmerksamkeit, lassen die Sonne in der Brust nach draußen scheinen und stehen plötzlich vor der Aufgabe, die horizontale Position einer Eisscholle, auf der sie sich nun befinden, durch gleichmäßige Verteilung im Raum und aufeinander abgestimmte Bewegungen beizubehalten.

Die Anweisungen des künstlerischen Leiters kommen präzise: „Den Gehstock im Rhythmus der Pauke aufsetzen.“ „Dreh dich doch bitte schon bei 'Das war die Zeit des schlimmsten Skandals' Richtung Publikum.“ „Petra, das Sächseln nicht vergessen.“ „Und der Schrei kommt schon bei 'Kopf' nicht bei 'Wolf'!“, Regisseur Engel macht unentwegt Notizen, kommentiert und lässt noch einmal von vorne beginnen.

Der Fokus der ersten Probehälfte liegt auf dem Wiedersehen der Schwestern Ella und Gunhild, Letztere ist Ehefrau Borkmans, der seinen Arbeitgeber, eine Bank, mit illegalen Aktivitäten in den Ruin trieb und sich im ersten Obergeschoss der Villa von seiner Familie und der Außenwelt isoliert. Die schwer erkrankte Ella stattet ihrer Schwester erstmals seit Jahren wieder einen Besuch ab, da sie konkrete Pläne für die Zukunft ihres Neffen hat.

Man erkenne problemlos die „beeindruckende schauspielerische Leistung der Laien“, so Besucherin Ulrike Klaaßen. Und das selbst in einem in seine Einzelteile zerlegten Stück – ohne den Zauber des Lichts, der Kulisse und Kostümierung oder der gespannten Atmosphäre, die entsteht, wenn die Stuhlreihen voll besetzt sind.

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