Bundesweiter Großeinsatz Mehrere Personen nach Razzia in Beuel in Gewahrsam

Bonn · Mehr als 100 Personen sind bei einer deutschlandweiten Razzia gegen Schleuser und Zwangsprostiution festgenommen worden. Auch in Beuel wurden zwei Gebäude durchsucht.

 Die Polizei hat insgesamt drei Personen in Gewahrsam genommen.

Die Polizei hat insgesamt drei Personen in Gewahrsam genommen.

Foto: Axel Vogel

Rund 100 Personen sind am Mittwoch bei einer deutschlandweiten Razzia gegen eine Schleuserbande und Zwangsprostitution vorläufig festgenommen oder verhaftet worden. Gefasst wurden dabei auch die mutmaßlichen Drahtzieher der Organisation. Festgenommen wurden zudem Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Es war die größte Zugriffs- und Durchsuchungsmaßnahme in der Geschichte der 1951 gegründeten Bundespolizei.

Auch in Beuel durchsuchten Einsatzkräfte ein Objekt, das offenbar als Bordell genutzt wird. Rund 20 Bundespolizisten waren seit etwa 6 Uhr an der Kreuzstraße im Einsatz. Mehrere Mannschaftstransporter standen um den Einsatzort gegenüber der Post, Straßen wurden jedoch nicht gesperrt. Allerdings dauerte es geraume Zeit, bis sich die Beamten überhaupt Zugang zu den Räumen verschaffen konnten. Auf ihr lang anhaltendes Klingeln und lautstarkes Klopfen reagierte zunächst niemand; Gewalt wollten die Polizeikräfte offenbar aber auch nicht anwenden.

Schließlich konnte die Durchsuchung stattfinden. Dabei wurden zunächst zwei Männer und eine Frau – augenscheinlich asiatischer Herkunft – in Gewahrsam genommen. Festgenommen wurden sie nicht, sondern dem „Identitätsverfahren zugeführt“, erklärte Christian Große-Onnebrink, Pressesprecher der Bundespolizei, dem General-Anzeiger. Anschließend durchsuchte die Polizei noch ein Nachbargebäude, das von dem Haupthaus durch eine Einfahrt getrennt wird. Dort trafen die Beamten zwei weitere Frauen an.

Dass in dem rot lackierten Gebäude seit geraumer Zeit Prostitution ausgeübt wird, ist im Umfeld ein offenes Geheimnis. „Das weiß hier jeder“, sagte eine Nachbarin gegenüber dem General-Anzeiger. Im Hinterhof seien häufig junge Asiatinnen dabei zu beobachten, wie sie sich tagsüber in Liegestühlen ausruhten. Am Klingelschild des Hauses kann der Besucher zudem zwischen verschiedenen „Künstlernamen“ der darin tätigen Protagonistinnen wählen. Der Einsatz in Beuel blieb am Mittwoch der einzige auf Bonner Stadtgebiet.

Razzia der Bundespolizei gegen Schleuser
18 Bilder

Razzia der Bundespolizei gegen Schleuser

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Insgesamt waren in zwölf Bundesländern rund 1500 Beamte im Einsatz, 62 Bordelle und Wohnungen wurden durchsucht, sieben Haftbefehle vollstreckt. Der Einsatzschwerpunkt lag in Nordrhein-Westfalen, wo allein 35 Personen festgenommen oder verhaftet wurden. In Siegen war auch die Eliteeinheit GSG9 beteiligt, doch auch dort verlief der Einsatz ruhig. Nach Informationen der Polizei geht es bei der Razzia um die Zwangsprostitution von Thailänderinnen. Zum Kern der Gruppierung zählen der Polizei zufolge 17 Beschuldigte.

Hauptverdächtige sind nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft neben einer 59-Jährigen aus Thailand auch ihr 62 Jahre alter Lebensgefährte. Das Paar wohnt der Polizei zufolge in Siegen. Die Gruppe soll Frauen und Transsexuelle mit gefälschten Visa nach Deutschland geschleust haben, damit diese im gesamten Bundesgebiet anschaffen gehen. Nach Erkenntnissen der Ermittler müssen sie nahezu 100 Prozent ihres Arbeitslohns an den jeweiligen Betreiber des Massagestudios abführen, um so den Schleuserlohn abzuarbeiten. Dieser soll regelmäßig zwischen 16.000 und 36.000 Euro betragen haben. Der Ertrag der verfolgten Gruppierung dürfte demnach im siebenstelligen Bereich liegen.

Seit Februar 2017 läuft ein Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 54 Beschuldigte im Alter zwischen 26 und 54 Jahren. Neben den mutmaßlichen Drahtziehern griffen die Einsatzkräfte am Mittwoch allein in NRW insgesamt 81 Personen auf, die sich offenbar illegal in Deutschland aufhalten. 32 von ihnen wurden ebenfalls festgenommen. Das eingenommene Geld mussten die Prostituierten an ihre Peiniger abgeben, wie eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion Stuttgart am Mittwoch sagte. Die Prostituierten sollen von Bordell zu Bordell gereicht worden sein. Bei der Razzia fanden die Polizisten zudem eine schussfähige Schreckschusspistole mit scharfer Munition und rund 225.000 Euro Bargeld.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Großrazzia der Bundespolizei einen beispiellosen Schlag gegen „ein bundesweit verzweigtes Netzwerk“. „Viele Hunderte Frauen und Männer waren der menschenverachtenden grenzenlosen Profitgier von Schleusern über Jahre und Landesgrenzen hinweg ausgeliefert“, teilte Seehofer mit.

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