St. Antonius Holtorf Mit Zähigkeit zum eigenen Gotteshaus

HOLTORF · Die Pfarrkirche St. Antonius in Holtorf wird 90 Jahre alt. Über Rückschläge und die Wandlung der Gemeinde liegt nun eine Chronik vor.

 Hat für die Chronik lange recherchiert: Walter Kiefer.

Hat für die Chronik lange recherchiert: Walter Kiefer.

Foto: Max Malsch

Auf eine einzigartige Geschichte von Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit blickt die katholische Kirchengemeinde in Holtorf zurück: Am vergangenen Zweiten Weihnachtstag vor 90 Jahren wurde die Pfarrkirche St. Antonius fertiggestellt. Der endgültige Beschluss zum Bau der Kirche fiel, nachdem die Mutterpfarrei Küdinghoven 10.000 Mark zugesagt, eine Diözesankollekte 19.000 Mark erbracht hatte und die Holtorfer selbst noch 10.000 Mark aufbringen wollten.

Am 25. Dezember 1926 war es dann soweit, der erste Gottesdienst wurde um fünf Uhr in der Früh gefeiert. Bis dahin hatten die Holtorfer einen weiten und steinigen Weg zurückgelegt. Dieser endete dann knapp zweieinhalb Jahre später, am 31. März 1929, mit dem Beginn der kirchenrechtlichen Geschichte der Gemeinde: Denn an diesem Tag wurde sie zur eigenständigen Pfarrei mit eigener Vermögensverwaltung erhoben. „Für die Holtorfer Katholiken war dies ein wichtiges Ereignis, das ihrer dörflichen Gemeinschaft eine eigene kirchliche Identität gab und diese damit über den Kreis der Katholiken hinaus stärkte“, berichtet Walter Kiefer. Der Heimathistoriker hat die Geschichte der Kirchengemeinde recherchiert und aufgeschrieben.

Die Anfänge gehen demnach bis ins 19. Jahrhundert zurück. „Bereits im Jahr 1894 haben die Holtorfer einen Verein gegründet, den Kapellenbauverein, und damit die Grundlagen gelegt“, sagt Kiefer. Er sei tief beeindruckt vom Eifer der Holtorfer. „Trotz der Armut und aller Schwierigkeiten und Widerstände haben sie das Ziel, eine eigene Kirche zu haben, über Jahrzehnte mit unglaublicher Zähigkeit und immer wieder neuen Mut verfolgt“, sagt Kiefer. Viele Jahre lang haben sie gespart und gesammelt, um sich eine Kirche bauen zu können.

„Als der Erste Weltkrieg ausbrach, waren 28.000 Mark zusammengekommen. Im vaterländischen Geist zeichnete man 26 000 Mark davon als Kriegsanleihe. Mit dem Ergebnis, dass das Geld der Holtorfer mit dem verlorenen Krieg weg war. Gerade 387 Mark bekamen sie vom Staat zurück“, berichtet Kiefer. Doch die Holtorfer ließen sich nicht beirren und sammelten erneut. In der Zwischenzeit behalfen sie sich mit einer provisorischen Kirche in einem ehemaligen Backhaus. Aber wieder spielte ihnen die Weltgeschichte einen Streich: Am Ende der Inflation 1923 wurden eine Million Papiermark in gerade noch eine Reichsmark umgetauscht – und das Geld der Holtorfer war erneut futsch.

Auch das konnte sie nicht aufhalten und die Sammlung begann ein weiteres Mal. 1926 war es dann soweit, der Bau der Kirche konnte beginnen. Jetzt wollten die Holtorfer auch noch einen eigenen Pfarrer. Zufall oder Fügung: „Im Kloster Pützchen wohnte der Geistliche Romano Guardini. Als er sich mit den Nonnen überwarf, lud er seine Habe auf einen Handwagen und zog in Holtorf ein und die Gläubigen organisierten seinen Lebensunterhalt generalstabsmäßig.

„Der Kapellenverein ging von Haus zu Haus und sammelte Fleisch, Eier, Kartoffeln und Milch ein“, sagt der Chronist. „Die Nationalsozialisten haben dann zwar die Wirkmöglichkeiten der Kirche nach außen gebrochen, den Glauben und den Zusammenhalt des Dorfes aber konnten sie nicht zerstören“, so Kiefer. Nach 1945 wuchs die Gemeinde immer weiter, sodass die alte Kirche zu klein wurde. Die Statistik von 1938 weist 618 Katholiken aus, 1958 waren es schon 700. Am Rande bemerkt: Die Kirchenchronik vermerkt am 27. Juni 1965 den ersten Kirchenaustritt. In den 1970er Jahren bauten die Holtorfer eine moderne Kirche, ein Pfarrheim mit Pfarrbücherei, ein Pfarrhaus und einen Kindergarten. 1975 wird der erste ökumenische Gottesdienst gefeiert.

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