Ortsbesuch in Bonner Unterkunft Mitarbeiter in Flüchtlingsunterkunft stoßen an ihre Grenzen

Holzlar · Die ehemalige Landwirtschaftskammer in Bonn-Roleber wird seit Mai als städtische Sammelunterkunft für Geflüchtete genutzt. Nachdem die Erstversorgung abgeschlossen ist, kommen jetzt andere Bedürfnisse auf. Wie finde ich eine Wohnung und wie kann ich Geld verdienen?

Eine Spende macht den Kaffeenachmittag in der Unterkunft möglich.

Foto: Benjamin Westhoff

Irgendwie den Kopf etwas frei bekommen. Nicht ständig an den Krieg in der Heimat und die Flucht aus der Ukraine denken. Das ist das Ziel bei einem Kaffeenachmittag in der Flüchtlingsunterkunft in Bonn-Roleber. Bei ruhiger Musik des Duos Rainer und Mieke sitzen die Bewohner lächelnd unter dem DRK-Zelt. Einige Kinder tollen auf den Wiesen herum und haben ihren Spaß bei Clowns- und Musiktheater. Andere buddeln im riesigen Sandhaufen, der von einem Baumarkt bereitgestellt wurde. „Eine Veranstaltung wie diese hilft, um einfach mal anzukommen und eine gute Zeit zu haben,“ sagt Daniel Schult, Sachgebietsleiter der DRK-Flüchtlingshilfe. Die Sorgen und Ängste schienen für einen Moment wie weggeblasen – aber nicht sehr lange.

In den Gebäuden der ehemaligen Landwirtschaftskammer sind aktuell 330 Geflüchtete untergebracht. Das sei eine „städtische Sammelunterkunft. In der Regel bleiben die Leute hier, bis sie eine Wohnung gefunden haben,“ sagt Peter Winter, Mitglied des Leitungsteams vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und Verantwortlicher für Logistik und Organisation.

Seit dem ersten Bezug im Mai haben sich die Bewohner mittlerweile gut einfinden können. Die Ehrenamtlichen des Netzwerks „Holzlar Hilft“ sammeln stetig Spenden, um die Personen mit Geschirr, Reinigungsmitteln und weiteren Haushaltswaren auszustatten. Zweimal wöchentlich findet dazu eine Spendenannahme und -ausgabe statt. Demnächst kommen Regale an, damit das Geschirr auch verstaut werden kann. „Wir versuchen, dass das Angebot immer da ankommt, wo es auch gebraucht wird,“ so Schult.

Das Deutsche Rote Kreuz erkundigt sich auch selbst, ob sich lokale Unternehmen bei der Hilfe beteiligen möchten. So hat beispielsweise die Bäckerei und Konditorei Voigt rund 250 Kuchenstücke für den Kaffeenachmittag gespendet. Neben diesen Freizeitangeboten bleibt trotzdem noch der Alltag und der Druck, sich in der Gesellschaft einzufinden. Das heißt, sich um eine Wohnung und einen Beruf zu bemühen und den Kindern einen Platz in der Schule zu suchen. Dabei stehen die Geflüchteten vor der Herausforderung, Anträge zu verstehen und auszufüllen. Bei Fragen steht den Menschen ein Sozialarbeiter sowie fünf weitere Mitarbeiter des DRK zur Seite. „Glücklicherweise haben drei DRK-Mitarbeiter russische Sprachkenntnisse und können übersetzen“, sagt Winter. So konnten die Mitarbeiter des DRK, in bisherigen Sammelveranstaltungen dringende Fragen zu Belangen des Alltags übersetzen und beantworten.

Bei der Versorgung kommen die DRK-Mitarbeiter dennoch an ihre Grenzen. „Am schwierigsten ist es, an Medizin für schwer kranke Menschen zu kommen,“ erzählt Winter. Hier sind Geldspenden nicht nur hilfreich, sondern lebensnotwendig bis alle Bewohner krankenversichert sind.

Eine Sache lässt sich trotz Freizeitangeboten nicht vergessen: „Es ist immer noch Krieg. Die Leute sind in der Hinsicht perspektivlos,“ sagt Petra Heller, Vorständin des DRK-Kreisverbandes Bonn. Das W-Lan in den Zimmern sei für viele die einzige Verbindung zur Familie in der Ukraine. Damit die Menschen über ihre Erlebnisse sprechen können, wird in Zukunft das Angebot für psychosoziale Hilfe ausgebaut.