Gespräch am Wochenende mit Dechant Wilfried Evertz "Ohne Ehrenamtliche ginge es nicht"

Ende 2008 wurden mit der Strukturreform im Erzbistum Köln auch in Beuel die Seelsorgebereiche der katholischen Gemeinden neu aufgestellt. Fünf Jahre später zieht der Beueler Dechant Wilfried Evertz, als leitender Pfarrer zuständig für den Seelsorgebereich "An Rhein und Sieg", eine überwiegend positive Bilanz. Über die Folgen der Reform und die Lage der katholischen Kirche in Beuel sprach Johanna Heinz mit Evertz.

 Nicht nur das Musizieren, auch die Lage der katholischen Kirche in Beuel stimmt Wilfried Evertz weitgehend fröhlich.

Nicht nur das Musizieren, auch die Lage der katholischen Kirche in Beuel stimmt Wilfried Evertz weitgehend fröhlich.

Foto: Max Malsch

Fünf Jahre ist es nun her, dass die Seelsorge in Beuel neu strukturiert wurde. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Wilfried Evertz: Was damals sehr wichtig war, dass wir seitens der Bistumsleitung in den einzelnen Seelsorgebereichen wählen konnten, ob wir zu einer Pfarrei fusionieren, oder ob die Pfarreien selbstständig bleiben und eine sogenannte Pfarreiengemeinschaft bilden und im Bereich der Seelsorge kooperieren. Wir haben uns damals für das zweite Modell entschieden und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Nämlich?

Evertz: Einen Seelsorgebereich kann man nicht von einem auf den anderen Tag verordnen oder installieren. Er muss sich über die Zeit entwickeln. Ich bin sehr dankbar, dass sich in den vergangen fünf Jahren vieles entwickelt hat.

Zum Beispiel?

Evertz: Es gibt eine ganze Reihe an Dingen, die wir auf der Ebene des Seelsorgebereichs gemeinsam machen, zum Beispiel die Vorbereitung auf die Firmung und die Firmfeier, einen gemeinsamen Pfarrbrief und Newsletter, gemeinsame Ausschüsse. Das ist alles in den letzten Jahren entstanden. Trotzdem läuft auch auf der Pfarrebene vor Ort noch vieles. Es gibt dort seelsorgliche Ansprechpartner, Gottesdienste und Veranstaltungen, Kirchenchöre und Messdiener. Was bleibt vor Ort, was können wir gemeinsam machen? Diese Frage werden wir auch weiterhin diskutieren müssen.

Aber es gab damals auch bei Pfarrern die Sorge, dass die Seelsorge auf der Strecke bleibt...

Evertz: Für uns hier haben sich diese Sorgen nicht bestätigt. Auch als leitender Pfarrer kann ich noch seelsorglich tätig sein, das heißt Hausbesuche machen, Brautpaare auf die Trauung vorbereiten oder Taufgespräche zu führen. Aber das funktioniert nur, weil ich sehr gute Mitarbeiter sowohl im Hauptamt als auch im Ehrenamt habe, die mir auch Verwaltungsaufgaben abnehmen. Wir haben ein gutes Team von Hauptamtlichen, die auf der Ebene des Seelsorgebereichs sehr, sehr gut zusammenarbeiten. Wir haben außerdem auf der rechten Rheinseite, anders als an anderen Orten im Bistum, immer noch sehr viele, auch jüngere Ehrenamtliche, die viele Aufgaben übernehmen. Sie arbeiten sowohl in den Gremien, als auch auf den seelsorglichen Feldern mit, machen Hausbesuche und kümmern sich um die Kinder- und Jugendarbeit. Ohne sie ginge es nicht.

Das löst aber das Problem des Priestermangels nicht, oder?

Evertz: Es gibt sogar Modelle, bei denen Ehrenamtliche noch mehr Verantwortung übernehmen, wie das Petrus-Modell in der Bonner Nordstadt. Das geht auf die französische Bischofsstadt Poitiers zurück. Dort hat der Bischof schon vor vielen Jahren gesagt hat: Ich möchte nicht, dass Pfarreien aufgelöst werden, stattdessen sollen in den einzelnen Gemeinden Laien auch weitgehende Leitungsverantwortung übernehmen. Ich weiß, dass auch das ein Modell ist, das sich entwickeln muss und dass Ehrenamtliche zeitlich eingeschränkt sind. Aber ich glaube schon, dass - wenn die Zahl der Priester weiter zurückgeht - eine Lösung darin liegt, Ehrenamtlichen Leitungsverantwortung zu übertragen.

Wie sieht es in den Beueler Kirchen generell mit dem Nachwuchs aus?

Evertz: Wir haben in unserem Seelsorgebereich "An Rhein und Sieg" mit knapp 15 000 Katholiken, vier Pfarreien mit sechs Kirchen noch sechs kirchliche Kindertagesstätten. Das ist sehr ungewöhnlich. In Beuel leben relativ viele junge Familie und eine große Zahl an Kindern. Wir haben auch immer noch viele Gottesdienst-Besuche. Und wenn man sich sonntags in den Kirchen umschaut: Der Altersdurchschnitt ist gar nicht schlecht. Ich bin seit 17 Jahren hier vor Ort und ich habe das Gefühl, dass der Anteil der jüngeren Leute eher wächst. Ein großes Problem ist allerdings die Gruppe der Jugendlichen.

Woran liegt das?

Evertz: Das ist sicherlich nicht monokausal. Die klassische Jugendzeit ist eine Zeit, in der oft andere Dinge im Vordergrund stehen als Kirche. Es geht um Schule, Ausbildung, Beziehung. Die Beheimatung in der Gemeinde kommt oft erst wieder, wenn eigene Familien gegründet werden. Das ist, glaube ich, ein Stück weit normal. Aber wir müssen uns eben mit Blick auf die Jugendlichen immer wieder etwas Neues einfallen lassen.

Wie viele Kirchenaustritte hat Beuel zu verzeichnen?

Evertz: Wir haben aktuell auch bei uns sehr viele Kirchenaustritte, vermutlich durch die Ereignisse um Bischof Tebartz-van Elst in Limburg. Das bedrückt mich natürlich sehr.

Wie blicken sie in die Zukunft?

Evertz: Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich der Seelsorgebereich auch in den kommenden Jahren weiter gut entwickelt. Mir ist ein großes Anliegen, dass traditionell Gewachsenes vor Ort nicht unter die Räder gerät, wie die Adelheid-Festwoche in Vilich, in Schwarzrheindorf das Herz-Jesu-Fest oder in Beuel die Kirchenmusik. Da habe ich die Sorge, das diese Dinge uns nicht wegbrechen. Bisher gelingt uns das, aber wir müssen daran arbeiten, dass es uns auch in Zukunft gelingt.

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