Osterkirmes in Beuel So haben die Schausteller die Corona-Krise überstanden

Beuel · Erst die Corona-Krise, jetzt die hohen Energiepreise – Schausteller hatten es in der jüngsten Zeit wahrlich nicht leicht. Wie läuft das Geschäft nach der langen Durststrecke auf der Osterkirmes in Beuel wieder?

 Marvin Issel ist froh, wieder seiner Tätigkeit nachgehen zu können.

Marvin Issel ist froh, wieder seiner Tätigkeit nachgehen zu können.

Foto: Niklas Schröder

Ob Autoscooter, Breakdance oder eine Fahrt mit Dampflok – die traditionelle Osterkirmes lockt seit ein paar Tagen viele Familien an das Beueler Rheinufer. Besonders über die starken Besucherzahlen freuen sich die Betreiber, denn nach langer Durststrecke läuft das Geschäft wieder.

Zum Familientag am Mittwoch fällt Schausteller Marvin Issel (29) ein vorläufig positives Fazit. „Wir sind sehr zufrieden mit unserem Geschäft. Es wird gut von den Menschen angenommen.“ Issel gehört das Fahrgeschäft „Silbermine“. Eine kleine Dampflok mit fünf Gondeln und 18 Sitzplätzen dreht auf einer Achterbahn seine Runden. Seit 2017 tourt der Koblenzer mit dem italienischen Fahrgeschäft durch Deutschland. 2018 war er das erste Mal in Beuel vertreten.

Zwangspause wegen Corona

Zu einem Zwangstopp war Issel, wie beinahe alle Schausteller, 2020 gezwungen. „Das erste Corona Jahr war schon schwierig, weil wir auch nicht wussten, wo die Reise überhaupt hingeht – von hundert auf null wurde uns der Boden weggerissen“, schildert der Inhaber. Hilfsprogramme vom Staat, die laufende Kosten decken sollten, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. „Corona hat uns sehr zugesetzt“, betont Issel. Nach dem ersten Schock entschied sich der Betreiber dazu, die Zeit für außerordentliche Wartungsarbeiten zu nutzen und den kompletten Zug erneuern zulassen. „Rollen, Kugellager – eben alles, was zu einem Fahrgeschäft gehört.“ Der jährliche Tüv, wo das Fahrgeschäft auf Schäden wie etwa durch Verschleiß kontrolliert wird, wurde während des Lockdowns weiterhin abgenommen.

Als 2021 erneut keine öffentliche Kirmes stattfinden durfte, habe man sich sogenannten Pop-up-Freizeitparks angeschlossen, erzählt Issel. „Das sind eingezäunte Kirmesplätze mit Hygienekonzept, wofür die Besucher am Eingang Eintritt zahlen.“ Nun wieder auf der Osterkirmes stehen zu können, freut Issel sichtlich. „Wir sind sehr glücklich ein Stückweit unser normales Leben zurück zu bekommen – und die Rückmeldung der Besucher ist überwältigend“, erzählt der Schausteller. „So gut wurden wir nur selten besucht. Man merkt, die Menschen sind coronamüde und wollen einfach etwas unternehmen.“

In eine Schaustellerfamilie geboren

Chantal Hoefnagels (24) kommt gebürtig aus einer großen Schaustellerfamilie. 2019 haben sie und ihr Mann sich mit dem Geschäft „Happy Teddy“ selbstständig gemacht. In einer „Randgeschäftsbranche“, die unter anderem mit klassischen Pfeil- und Dosenwerfen bestückt ist, wollte das Paar mit etwas völlig Neuem antreten. „Bei uns kann man sich lebensgroße Kuscheltiere in verschiedensten Variationen erspielen“, sagt Hoefnagels. In schillernden Glasboxen hängen Elefanten, Bären und ein Baby-Yoda von der Decke. Das Konzept sieht vor: „Man schmeißt eine Münze hinein, drückt den leuchtenden Knopf und eine Schere fährt nach vorne. Im richtigen Moment muss man dann den Knopf loslassen, und die Schere schneidet das Seil durch, woran das riesige Kuscheltier hängt.“

Ein gutes Auge sollte man dafür haben, weiß Hoefnagels. Tausend Kuscheltiere hat die Betreiberin mit nach Beuel gebracht – bereits die Hälfte soll neue Abnehmer gefunden haben. „Wir sind in Beuel zum ersten Mal auf dem Platz und das Geschäft wird von den Besuchern besser angenommen als wir dachten“, berichtet Hoefnagels. Liebespaare wählen einen Teddy mit Herzchen, Kinder wollen den Elefanten. „Ich hatte gestern eine Oma, die eine Stunde lang an dem Automaten gespielt hat und am Ende drei Bären mit nach Hause nahm.“ Auch beim Familientag wurden am Rheinufer einige Familien mit Stofftieren unterm Arm gesichtet. „Für uns war Corona ein Schock, weil unsere Leben wie wir es kannten plötzlich eingestellt wurde. Wir hatten sehr viel Geld in das neue Geschäft gesteckt und mussten dann auf Rücklagen zurückgreifen“, schildert Hoefnagels die Corona-Jahre. Umso froher sei man nun, wieder touren zu dürfen.

Steigende Preise belasten

Zumal die steigenden Energiepreise wie etwa bei Benzin und Strom auch die Schausteller belasten. Dennoch wollen viele die Kosten vorerst nicht an die Besucher weitergeben. „Wir weigern uns, das zu tun, denn wir wollen die Preise so halten, dass alle Familien sich unsere Attraktionen leisten können“, sagt Issel. Kompensiert werden sollen die höheren Kosten durch die starken Besucherzahlen, erklärt der Betreiber. „Dennoch bleibt am Ende weniger für uns vom Kuchen übrig – das ist Fakt“, sagt Issel. Auch Hoefnagels will die wachsenden Energiekosten nicht an die Besucher weitergeben. „Weil unsere Besucher zu Hause ebenfalls höhere Kosten haben und es zu Beschwerden kommen würde“, erklärt die Schaustellerin. Sie rechnet ebenfalls mit Gewinneinbußen.

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