Diskussion über Wohnungsbau in Vilich-Müldorf Reservefläche des Friedhofs ist besonders artenreich

Vilich-Müldorf · Der Bürgerverein hat mit Bewohnern von Vilich-Müldorf über das Gelände am Friedhof diskutiert. Viele können sich dort ein Angebot für Jugendliche statt Wohnungen vorstellen.

Auf dieser Grünfläche am Mendener Weg soll das neue Baugebiet entstehen.

Auf dieser Grünfläche am Mendener Weg soll das neue Baugebiet entstehen.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Stadt Bonn will am Ortsrand von Vilich-Müldorf ein neues Baugebiet für 60 Wohneinheiten einrichten. Diese Pläne stellte der Bürgerverein am Dienstagabend im Pfarrheim zur Diskussion. Thomas Biedermann vom Vorstand des Vilich-Müldorfer Bürgervereins hofft, dass auch die Stadt noch eine Infoveranstaltung durchführt. „Dort könnten wir die Ergebnisse von heute Abend einbringen“, sagte er.

Bürger, aber auch Politiker und Interessenvertreter hatten sich eingefunden, um darüber zu diskutieren, was aus der Reservefläche des Friedhofs am Mendener Weg wird. „Bei solchen Themen gibt es immer zwei Meinungen. Es wird auch für uns schwierig sein, uns hundertprozentig zu positionieren. Wir wollen auf keinen Fall verhindern, wir wollen mitgestalten“, sagte Biedermann. Sein Vorstandkollege Joachim Clemens pflichtete ihm bei: „Wir wollen konstruktiv an der Sache dranbleiben.“

Franz Emde, Referent beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, referierte in seiner Funktion als Sachkundiger Bürger im Umweltausschuss zum Thema. Laut Emde wären Lärmkonflikte am Bolzplatz, mögliche Auswirkungen auf das Binnenklima sowie Artenschutzkonflikte zu prüfen. Vilich-Müldorf liege zudem in einer Kaltluftleitbahn, einer Frischluftschneise, die Siegaue und Ennert verbindet. Die Fläche zuzubauen, wäre kontraproduktiv für Klima und Umwelt, erläuterte Emde. Die Fläche sei außerdem ein Trittsteinbiotop mit einer ungewöhnlichen Artenvielfalt. 374 Pflanzenarten hat Emde dort gezählt, 91 Insektenarten, fünf Spinnenarten, vier Fledermausarten und 20 Vogelarten. 60 Prozent der Arten, die in dem geplanten Baugebiet vorkommen, seien in der Roten Liste als gefährdet eingestuft, erläuterte Emde.

Moderator Oliver Märker lud die Gäste im voll besetzen Saal ein, Fragen zu stellen oder Positionen zu benennen. Bernhard von Grünberg vom Mieterbund nutzte die Gelegenheit: „Wir brauchen mehr Wohnraum. Man muss ernsthaft dafür sorgen, dass wir in Bonn bauen können.“ Der frühere SPD-Landtagsabgeordnete befürchtet: „Wir kriegen sonst noch mehr Einpendler.“ Auch das habe negativen Einfluss auf das Klima. Zudem werde die Umweltverträglichkeit bei einer anstehenden Neubebauung hinlänglich geprüft.

Weshalb die Stadt die seit den 1970er Jahren freigehaltene Fläche am Friedhof jetzt anders nutzen will, begründete der Beueler Grünen-Fraktionsvorsitzende Guido Pfeiffer so: „Das Beerdigungsverhalten hat sich stark geändert.“ Durch Urnenbeisetzungen und alternative Bestattungsorte wie Friedwälder besteht auf den Friedhöfen ein geringerer Platzbedarf. Pfeiffer weiter: „Wir haben beschlossen, dass wir keine Außenflächen mehr bebauen wollen, aber hier handelt es sich um eine Innenfläche.“

Franz Emde berichtet bei der Bürgerversammlung über den Artenreichtum des Geländes.

Franz Emde berichtet bei der Bürgerversammlung über den Artenreichtum des Geländes.

Foto: Stefan János Wágner

Susanne Roth sagte, es sei „ein richtiges Anliegen, dass wir Wohnraum schaffen“. In Vilich-Müldorf fehle aber vor allem ein Angebot für Jugendliche. „Es gibt hier keine Orte, wo sie willkommen sind. Das ist ein Manko. Nur Häuser bauen ist nicht die Lösung“, so die Bürgerin.

Blockhütte, Feuerstelle und Schafswiese

Stephan Dülberg von der Jugendfarm Bonn wünscht sich ebenfalls eine Nutzung der Grünfläche am Mendener Weg für junge Menschen. „Es muss Plätze geben, wo Kinder sich entfalten können“, sagte er. Dülberg skizzierte die mögliche Entwicklung des Geländes. Entstehen können Blockhütte, Feuerstelle, Ententeich und eine Schafswiese. „Der Bolzplatz könnte voll integriert werden“, meint er. Wichtig sei eine Kinder- und Jugendbeteiligung in der Planung. Es gab am Abend bereits konkrete Hilfsangebote zur Unterstützung der Jugendfarm. „Wenn Sie Hilfe brauchen, ich bin beim THW, wir buddeln gerne“, sagte Ralf Reetmeyer (CDU).

Auf der freien Fläche standen viele Jahre die Pferde von Marion Brenner. „Uns war immer wichtig, die Wiese zu erhalten wegen der Artenvielfalt. Die Idee mit der Jugendfarm wäre eine tolle Lösung“, findet Brenner. Sie fragt sich allerdings, warum sie auf den Grundstück nicht mal einen Unterstand für ihre Pferde errichten durfte, die Stadt aber dort Häuser plane.

Das 0,8 Hektar große Gelände liegt zwischen Mendener Weg und Bundesgrenzschutzstraße und grenzt an freie Landschaft. Daniel Rutte, Geowissenschaftler an der Uni Bonn und Vorsitzender der Grünen-Ratsfraktion, brachte das integrierte Freiraumsystem zur Sprache: „Das Konzept empfiehlt, die Fläche freizuhalten.“ Wohl aber räumte er ein: „Die Stadt hat hier große Gestaltungsspielräume.“

Bisher wurde der Beschlussvorschlag der Verwaltung, auf der städtischen Fläche am Mendener Weg eine wohnbauliche Entwicklung, bei Bedarf ergänzt durch eine Kindertageseinrichtung, zu ermöglichen, in den politischen Gremien vertagt. Wann eine Entscheidung zu dem Thema fällt, steht noch nicht fest.

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