Gespräch am Wochenende "Schaustellerei ist eine Lebensart"

BEUEL/NÜRNBERG · Wer mit Martin Fuchs sprechen will, muss Geduld haben. Den Circus- und Schaustellerpfarrer persönlich zu treffen, ist so gut wie aussichtslos. Und das, obwohl die Katholische Circus- und Schaustellerseelsorge ihren Sitz in Bonn hat. Zu groß ist die Zahl seiner Verpflichtungen. Im dritten Anlauf erreichte Silke Elbern den 54-Jährigen auf einem Volksfest in Nürnberg. Am Sonntag zelebriert er die Messe auf Pützchens Markt.

Pfarrer Fuchs, wenn Sie Pützchens Markt mit anderen Jahrmärkten vergleichen, was ist das Besondere?
Martin Fuchs: Das ist der einzige Platz, der mitten in einem Wohngebiet liegt. Ein riesiger Platz wird freigehalten, damit für fünf Tage alles aufgefahren werden kann. Das ist toll.

Wissen Sie schon, worum sich Ihre Predigt am Sonntag drehen wird?
Fuchs: Ich muss erstmal die Stimmung vor Ort abwarten. Aber ein Thema ist natürlich die Wallfahrt zu Ehren der heiligen Adelheid, die früher parallel zum Jahrmarkt stattfand und nun eine Woche früher.

Sie sind Ihrer Heimat sehr verbunden, warum haben Sie sich für einen Job entschieden, bei dem sie 80 000 Kilometer pro Jahr quer durch Deutschland fahren müssen?
Fuchs: Da meine Großmutter selbst Marktkauffrau war, fühle ich mich den Schaustellern bereits seit meiner Jugend verbunden. Schon vor meiner Aufgabe jetzt war ich zehn Jahre lang ehrenamtlich als Schaustellerseelsorger auf Volksfesten tätig. Man muss verstehen, dass die Schaustellerei kein Beruf ist, sondern eine Lebensart.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Fuchs: Ich habe es mit fahrendem Volk zu tun, dessen Leben sich zwischen Wohnwagen und Geschäft auf dem jeweiligen Standplatz abspielt. Es fehlt das Stabile, aber wenn der Pfarrer kommt, ist die Kirche da. Das schätzen die Menschen, die meist sehr gläubig sind.

Mit welchen Sorgen und Problemen kommen die Schausteller zu Ihnen?
Fuchs: Natürlich auch mit finanziellen Sorgen, denn früher, als es noch keine andere Abwechslung als die Kirmes gab, saß das Geld bei den Besuchern lockerer. Aber es gibt auch immer mehr Vorschriften und die Nebenkosten explodieren. Strom, Platzmiete, Nahrung - alles wird teurer, aber mit den Einnahmen lässt sich das nicht amortisieren. Denn die Preise sollen ja noch Volksfest-freundlich sein.

Gibt es einen Ausweg?
Fuchs: Das ist ein Grund, warum die Weihnachtsmärkte allüberall aus dem Boden sprießen. Für die Schausteller ist das ein wichtiger Teil des Broterwerbs geworden, der ihnen hilft, im Sommer überhaupt noch auf Tour zu gehen.

Sie selbst sind auch ganz schön viel auf Tour. Haben Sie einen festen Wohnsitz?
Fuchs: Sogar zwei. Ich wohne in Bonn im Albertinum und in Neumarkt. Ich versuche möglichst, nach meinen Einsätzen wieder mit dem Auto zu einem der beiden Orte zu fahren. Ansonsten schlafe ich im Hotel oder bei Kollegen

Zur Person

Martin Fuchs ist 54 Jahre alt und wurde in Neumarkt in der Oberpfalz geboren. In Eichstätt studierte er Theologie und war danach lange Zeit in Gemeinden tätig. Seit September 2004 leitet Pfarrer Fuchs die katholische Circus- und Schaustellerseelsorge, die ihren Sitz in Bonn hat.

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