Sicherheit im Straßenverkehr Schienen mit Gummieinlagen helfen nur kurzfristig

Beuel · Erst kürzlich ist wieder eine Radfahrerin auf den Straßenbahnschienen in der Oberen Wilhelmstraße gestürzt. Das hat die Diskussion über ein Züricher Pilotprojekt, Schienen mit Gummieinlagen zu verlegen, neu entfacht.

 In der Oberen Wilhelmstaße müssen Radfahrer aufpassen, mit den Reifen nicht in die Straßenbahngleise zu geraten.

In der Oberen Wilhelmstaße müssen Radfahrer aufpassen, mit den Reifen nicht in die Straßenbahngleise zu geraten.

Foto: Max Malsch

Erst vor wenigen Tagen ist wieder eine Fahrradfahrerin verunglückt, weil sie mit ihren Rädern in Straßenbahnschienen geriet. Sie stürzte im Dunkeln auf der Oberen Wilhelmstraße. Als sie schnell vor einem Auto abbiegen wollte, hatte sie nicht mehr auf die Spur geachtet. Die Folge: blaue Flecken an Kinn und Knie sowie Rückenschmerzen.

Als gefährlich sieht auch GA-Leser Willy Latz die Straße in Beuel und macht einen Vorschlag. Dabei verweist er auf einen Versuch in Zürich mit fahrradfreundlichen Schienen. Dort wurde getestet, „ob Gummieinlagen in Straßenbahnschienen Radfahrer dauerhaft vor Stürzen bewahren können“, sagt der Bonner. Rollt eine Tram darüber, drückt ihr Gewicht das Gummi ein. Bei Radfahrern hingegen bleibt die Schiene gefüllt.

Doch es wäre zu schön gewesen: „Es geht so nicht“, sagt Andreas Uhl, Sprecher der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ). Man stellte nämlich fest, dass die Lebensdauer der verwendeten Gummifüllung zu kurz war. So wurde es sehr aufwendig, alles zu kontrollieren und erhalten. „Daher ist heute noch kein wirtschaftlicher Einsatz möglich“, so die VBZ. „Wir haben das perfekte Material noch nicht.“ Laut Uhl gibt es aber Unternehmen, die die Idee weiterverfolgen wollten.

Die VBZ-Schienenkonstruktion war eine Pionierarbeit, die an der Haltestelle Schwert in Zürich Höngg ausprobiert wurde. Das Teilstück war 100 Meter lang. Alles zusammen kostete rund 2,9 Millionen Euro. Radfahrer waren begeistert, weil sie tatsächlich nicht mehr steckenblieben. Damit aber alles wirtschaftlich ist, hätte das Gummi ein bis zwei Jahre halten müssen. Tat es aber nicht.

Die Stadtwerke Bonn kenne das Prinzip, halten es aber für „bisher noch nicht ausgereift und zudem in der Umsetzung als sehr teuer einzustufen“, teilt SWB-Sprecher Michael Henseler mit. Es habe sich herausgestellt, „dass die Gummieinlagen nicht geeignet sind für parallel zur Straße verlaufende Gleise und Gleisbögen. Zudem sind sie nicht ohne weiteres nachrüstbar.“ So kennen die SWB derzeit keine brauchbare technische Lösung und halten es für besser, darüber nachzudenken, wie Radwege verlaufen sollten und man die Verkehre trennen könnte. Den SWB liegen für 2015 und 2016 keine Unfallmeldungen für die Obere Wilhelmstraße vor – wobei die Stadtwerke nur von denen mit Personenschaden erfahren, an denen sie selbst beteiligt sind. „Fahrradfahrer sollten sich, wie alle Verkehrsteilnehmer, umsichtig im Straßenverkehr verhalten“, appelliert Henseler.

Räder und Schienen sind keine Freunde

Dass Räder und Schienen keine Freunde sind, „ist ein altes Problem“, sagt Werner Böttcher, Sprecher beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Bonn/Rhein-Sieg (ADFC). Auch er kennt das Züricher Modell. Man habe zuletzt beim Arbeitskreis Fahrradinfrastruktur 2015 darüber diskutiert. Doch wegen des fehlenden Erfolgs sei man nicht „auf dieses Gleis aufgesprungen“. Doch die Idee findet Böttcher erst einmal gut. Er fragt sich nur, wie der Radfahrer damit klar kommen würde, wenn es an einigen Stellen in der Stadt sichere Abschnitte geben würde, an anderen aber nicht. Vor allem Weichen könne man gar nicht mit Gummi ausrüsten, meint der ADFC.

So empfiehlt der Club Radlern, im Umfeld von Schienen äußerst vorsichtig zu fahren – besonders bei Nässe. „Niemals die Schienen in zu spitzem Winkel passieren, sondern möglichst rechtwinklig“, sagt Böttcher. Das gelte auch für Mountainbikes, deren Reifen nicht breit genug seien, um zu schützen. Im Internet kursierten zwar Ideen, Räder nur noch mit Reifen auszustatten, die breiter als Schienenrillen sind. Für den ADFC ist das Quatsch, da dann ja alle Fahrräder ausgetauscht werden müssten. Alternativen seien, Linienwege der Bahn zu umfahren oder Radwege abseits der Gleise zu markieren. Böttcher empfiehlt, Helme zu tragen und einen ADFC-Sicherheitskurs zu belegen.

Zum Glück seien in Bonn noch keine schwerwiegenden Unfälle passiert, wobei aber auch nicht jeder Sturz in der Statistik auftauche, so Böttcher. Der der jungen Frau auch nicht: Sie rappelte sich hoch und fuhr weiter. Als Erinnerung blieben blaue Flecken.

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