Zwei Beueler Grundschulen im Pilotprojekt Bonn testet temporäre Schulstraßen
Hoholz · In einem Pilotprojekt mit zwei Beueler Grundschulen will die Stadt Bonn die Einrichtung temporärer Schulstraßen testen. Ziel ist es, einerseits die Sicherheit der Schulkinder im Straßenverkehr zu erhöhen und andererseits den Hol- und Bringverkehr der Eltern zu reduzieren.
Sie werden gern Helicopter-Eltern genannt: Mütter oder Väter, die ihre Kinder morgens am liebsten wohlbehütet bis in deren Klasse begleiten wollen. Im Alltag sieht das so aus: Zum Unterrichtsbeginn fahren die Eltern so nah wie möglich ans Schulgelände, damit ihre Kinder so schnell und sicher wie möglich ins Schulgebäude gelangen können.
Mit dieser übersteigerten Fürsorge soll es bald ein Ende haben. Jedenfalls will die Stadt Bonn dieser Form von Schülertransport möglichst schnell einen Riegel vorschieben. Das Zauberwort heißt temporäre Schulstraßen.
Zwei Grundschulen nehmen am Pilotprojekt teil
Die Fachämter haben für das Pilotprojekt, das an diesem Montag an den Start ging, erst einmal zwei Grundschulen ausgesucht. Beide liegen im Stadtbezirk Beuel: die Grundschule Om Berg in Hoholz und die Marktschule in Pützchen.
Carsten Sperling, stellvertretener Amtsleiter der Bonner Bürgerdienste, begründete die Testphase so: „Einerseits wollen wir die letzten Meter auf dem Schulweg sicherer machen und andererseits den Fußverkehr stärken.“ Andere Städte hätten dieses Pilotprojekt bereits erfolgreich umgesetzt, nun wolle man auch in Bonn damit Erfahrungen sammeln.
Dass der erste Tag des Testlaufs direkt zu einem kleinen Verkehrschaos vor der Schule in Hoholz führen würde, darauf hatten sich alle Beteiligten eingerichtet. Obwohl die Schulleitung alle Eltern und Nachbarn über das Pilotprojekt informiert hatte, kamen doch einige Eltern mit dem Auto und wollten in die Straße „Pützhecke“ abbiegen. Weil Stadt und Schule eine Durchfahrtssperre aufgestellt hatten, mussten die Autos anhalten und versperrten den Einmündungsbereich. Die Autoschlange reichte bis zur Siebengebirgsstraße. Aber alle Betroffenen nahmen den Stau mit Gelassenheit – gehupt hat niemand.
Schulrektorin glaubt an den Erfolg des Projekts
Schulrektorin Marissa Linnenbecker ist jedenfalls zuversichtlich: „Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase werden alle Beteiligten mit den neuen Begebenheiten klarkommen.“ Ihr Optimismus gründet auf der Bereitschaft der Eltern, das Pilotprojekt zu unterstützen, und auf den positiven Erfahrungen der vor Jahren eingerichteten „Hol- und Bringzone“. In einem markierten Bereich übergeben die Eltern ihre Kinder an den schuleigenen Lotsendienst, der täglich wechselnd von Eltern besetzt wird.
Und außerdem: Die temporären Schulstraßen gelten nur morgens in der Zeit vor Unterrichtsbeginn. Das heißt: An der Grundschule Om Berg wird der Bereich der Pützhecke an Schultagen zwischen 7.30 und 8.15 Uhr für Autos gesperrt, an der Marktschule wird die Schulstraße in der Von-Ketteler-Straße an der Einmündung zur Sackgasse neben der Turnhalle zwischen 7.15 und 8 Uhr eingerichtet. Dabei wird vonseiten der jeweiligen Schule mittels Absperrschranke nur noch berechtigter Verkehr zugelassen.
Trotz Einrichtung der temporären Schulstraßen wird die Durchfahrt für die Anwohner und deren Besucher weiterhin möglich sein. Dafür stellt die Stadtverwaltung Berechtigungskarten beziehungsweise Durchfahrtsscheine aus. Anwohner können auch mit Vorlage des Personalausweises, auf dem die aktuelle Meldeanschrift in der gesperrten Straße vermerkt ist, passieren.
Gefragt, wie lange die Testphase andauern wird, antwortete Daniel Kassner von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Bonn: „Angemeldet ist sie für zwei Jahre.“ Er geht aber davon aus, dass die temporären Schulstraßen dauerhaft gelten werden. Jedenfalls dort, wo es Sinn macht. Laut Sperling eignen sich nicht alle Grundschulen für eine Teilnahme an dem Projekt. Dort, wo Linienverkehr fahre, könne die Stadt die Straßen nicht zeitweise sperren.
Testphase wird von Hochschule begleitet und ausgewertet
Eine dritte Bonner Grundschule denkt aktuell noch darüber noch, ob sie an der Pilotphase teilnehmen will. Es handelt sich um die Gottfried-Kinkel-Grundschule in Oberkassel. Laut Stadt sieht es so aus, als ob diese Schule nach den Herbstferien noch ins Projekt einsteigen werde.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule Bochum wird das Pilotprojekt an der Grundschule Om Berg im Rahmen einer Bachelorarbeit begleitet und evaluiert. Erste Ergebnisse der Evaluation sind Ende des Jahres zu erwarten. Claudia Walter vom Stadtplanungsamt: „Wir erreichen dadurch auch, dass die Schüler sich vor Unterrichtsbeginn mehr bewegen. Im Unterricht wurden sie von den Lehrern auf das Pilotprojekt vorbereitet.“
Hanna Idbaali, Mutter von zwei Schülern, engagiert sich beim Elternlotsendienst der Hoholzer Grundschule. Sie ist von dem Pilotprojekt begeistert: „Wir Eltern können die Schule beim Thema Verkehrssicherheit sehr unterstützen. Ohne unsere Hilfe käme es morgens sicherlich zu kritischen Situationen im Begegnungsverkehr zwischen Kindern und Autos.“