Sammler aus Oberkassel Sie sind ständig auf der Suche nach neuen Postkarten-Motiven

OBERKASSEL · Konzentriert arbeitet Hans-Werner Greuel einen Stapel historischer Postkarten mit Bonn-Motiven durch, den sein Sammlerkollege Fred Fiala mitgebracht hat. Als er eine Postkarte mit einem Bahnhofsmotiv entdeckt, hält er kurz inne: Selbst ist Greuel zwar nicht an der Karte interessiert, da sie kein Bonn-Motiv zeigt, doch kennt er jemanden, der Postkarten mit Bahnhofsmotiven aus ganz Deutschland sammelt.

 Hans-Werner Greuel (links) und Georg Hardy treffen sich alle zwei Monate im Weinhaus Buchner zum Postkarten-Tausch.

Hans-Werner Greuel (links) und Georg Hardy treffen sich alle zwei Monate im Weinhaus Buchner zum Postkarten-Tausch.

Foto: Sebastian Flick

Allerdings ist sich Greuel nicht ganz sicher, ob sein Bekannter tatsächlich Interesse an der Karte hat: "Der Bahnhof müsste größer und der Ortsname erkennbar sein", erklärt er. Beim Durchschauen des zweiten Stapels, den Sammlerkollege Georg Hardy mitgebracht hat, wird Greuel fündig: Er stößt auf eine Postkarte von 1889, auf der die Gaststätte "Em Höttche" am Bonner Marktplatz zu sehen ist: "Ich bin mir ganz sicher, dass ich die noch nicht habe", freut sich Greuel und verspricht Hardy, ihm als Gegenleistung beim nächsten Treffen eine Postkarte aus Kessenich mitzubringen.

Kessenich ist Hardys Spezialgebiet: Mehrere Hundert seiner insgesamt 4000 bis 5000 Karten umfassenden Sammlung zeigen Motive dieses Stadtteils. Sowohl Greuel als auch Hardy sammeln seit mehreren Jahrzehnten Postkarten, jedoch ausschließlich mit Motiven von Bonn in seinen alten Stadtgrenzen.

Alle zwei Monate - immer am letzten Montag in den ungeraden Monaten - treffen sie sich mit anderen Postkartensammlern aus der Region im Weinhaus Buchner, um zu tauschen und ein wenig "fachzusimpeln", wie Hardy erklärt. Bis zu zehn Sammler sind sie bei ihren Treffen in der Regel, heute bleiben sie jedoch nur zu dritt: "Wir drei sind der harte Kern", sagt Hardy und lacht.

Postkartensammeln ist für sie mehr als nur ein Hobby, es ist eine Leidenschaft: "Wir sind ständig auf der Suche, egal, wo wir sind", berichtet Hardy und erinnert sich an Trödelmärkte, die er im Urlaub, unter anderem in Italien, Frankreich und Belgien, besucht hat. Obwohl Hardy und Greuel nur Postkarten mit Bonn-Motiven sammeln, werden sie überall auf der Welt fündig: Dank des Rheintourismus wanderten viele Postkarten aus Bonn um die Welt: "Leute, die sich das leisten konnten, waren so wohlhabend, dass sie Postkarten mit nach Hause genommen haben", weiß Greuel.

Aber auch viele Studenten, die aus ganz Europa in die Universitätsstadt Bonn kamen, haben Postkarten an ihre Familien daheim geschickt. Eine Postkarte, die sich heute in Hardys Besitz befindet, wanderte einmal von Kessenich nach Amerika und wieder zurück: "Den Absender habe ich leider nicht herausbekommen, da die Karte mit Bleistift geschrieben wurde und der Text kaum noch lesbar ist", so Hardy, der sich ebenso wie sein Sammlerkollege nicht nur für die Postkartenmotive, sondern auch für die Rückseiten interessiert, die voller Überraschungen sein können: Auf manchen Karten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben wurden, steckten häufig verschlüsselte Liebesbotschaften.

Mit einer in eine bestimmte Richtung aufgeklebten Briefmarke wollte manch ein Absender seiner Liebsten zeigen, wie gern er sie hat oder wie sehr er sie vermisst. "Ich hab mal unter einer Briefmarke einen Text gefunden, da stand "Ich küsse dich", berichtet Greuel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort