Zurück zum Analogen Spieleabende in Küdinghoven sind digitale Entzugskur

Küdinghoven · Wer freitagabends ins Pfarrheim Sankt Gallus geht, der will nicht am Computer oder auf dem Handy zocken. Hier gibt's Brettspiele statt digitale Ablenkung, Gesellschaft statt einsames Spiel.

 32 Leute haben sich an diesem Freitagabend im Pfarrheim zusammengefunden um gemeinsam zu spielen.

32 Leute haben sich an diesem Freitagabend im Pfarrheim zusammengefunden um gemeinsam zu spielen.

Foto: Elena Kuss

Es ist kurz vor sieben Uhr. Fahrräder mit drei oder vier Brettspielen, sicher befestigt auf den Gepäckträgern, rasen an der kleinen Bücherei Sankt Gallus vorbei, die Rampe gleich neben dem Haus nach oben über den Innenhof. Frauen, Männer, Kinder: Alle strömen auf die geöffnete Tür des Pfarrheims Sankt Gallus in Küdinghoven zu. Zwei Mal im Monat ist Brett- und Kartenspielabend im Pfarrheim. „Wirklich jeder, ob Kenner oder Anfänger, ist willkommen“, sagt Andreas Ufer, Leiter der Bücherei und Initiator des Spieleabends. Die einzig wichtige Sache, ergänzt er, sei, dass alle pünktlich um 19 Uhr im Pfarrheim sind.

Die Tische sind bereits aufgebaut und so im Raum positioniert, dass etwa vier bis sechs Leute daran Platz finden. „Wir haben ein Aufbauteam“, erklärt Meike Wilholm, Teil des Teams. Die Besucher werden per Handschlag freundlich begrüßt. „Wir sind beim Du, oder?“, fragt Ufer die Teilnehmer, die zum ersten Mal dabei sind. 32 Spieler sind an diesem Freitagabend zusammengekommen. Die Räume sind barrierefrei. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Auf einem großen Tisch am Fenster, direkt gegenüber der Eingangstür, stapeln sich die Brett- und Kartenspiele. „Die Bücherei hat 140 Spiele im Angebot“, erklärt Ufer. Hinzu kommen die Spiele, die mitgebracht werden. Am letzten Tisch, der am weitesten von der Eingangstür entfernt liegt, wird das Spiel Pulsar 2849 aufgebaut. Würfel, Karten, winzige Tropfen aus gelbem Plastik: Das Spiel mutet an wie aus einer anderen Galaxie. „So ein Spiel würde ich zum Beispiel nie für die Bücherei anschaffen“, so Ufer. Abgesehen davon, dass die vielen kleinen Teile schnell verloren gehen, sei es wichtig populäre Spiele im Angebot zu haben. „Die Kenner bringen ihre eigenen Spiele einfach mit“, so der Büchereileiter.

Der Spieleabend ist Digital Detox

Mittlerweile hat jeder Platz genommen. Die Spiele sind ausgewählt und werden emsig aufgebaut. „Jeder kommt hier unter“, verspricht Ufer. Es sei immer so, dass es einen Experten am Tisch gebe, der das Spiel bereits kenne und gut erklären könne. Sobald alle die Regeln verstanden haben, geht es dann los. Zwischen die munteren Stimmen mischt sich Lachen. In der Luft liegt Vorfreude. Auffällig ist auch, dass kein einziges Handy zu sehen ist. „Der Spieleabend ist Digital Detox“, sagt Ufer. Niemand zücke das Smartphone, weil echte Menschen und spannende Spiele alle Aufmerksamkeit binden.

„Es ist schon Arbeit: Aufbauen, Abbauen, Organisieren“, sagt Martin Langer vom Organisationsteam. Doch das sei es ihm einfach wert. „Sie sehen doch, wie glücklich das die Leute macht“, sagt Langer und deutet in den Raum. Sie erinnerten sich gerne an den Abend zurück, an dem die Idee zum Spieleabend geboren worden sei. Andreas Ufer und Martin Langer, der bis zum heutigen Tag an jedem Spieleabend dabei war, saßen zusammen und spielten. Plötzlich stand jemand vor ihnen und fragte, was die beiden dort trieben. Sie sagten: „Wir haben einen Spieleabend!“ Aus diesem Scherz entwickelte sich ein Event, das für Langer so wichtig ist, dass er sogar seine Schichtarbeit nach den Terminen der Spieleabende auslegt.

Es gibt kein offizielles Ende

Ein Lieferdienstbote steht mit einer Plastiktüte vor der Tür des Pfarrheims. „Das sind meine Pommes“, erklärt Langer. Das Pfarrheim hat eine kleine Teeküche mit Kühlschrank und Wasserkocher. Jeder kann sich etwas zu essen und zu trinken mitbringen. Und wer möchte, kann sich auch etwas bei einem Lieferdienst seiner Wahl bestellen. „Ich verkaufe hier gar nichts“, sagt Ufer. Bei diesen Spieleabenden gehe es nicht um Profit. „Wir machen das, weil es Spaß macht, weil man zusammenfindet, sich austauschen kann und neue Menschen kennenlernt“, so der Büchereileiter.

Der Spieleabend hat kein offizielles Ende. „Ja, wir haben auch schon bis fünf Uhr morgens gespielt“, sagt Ufer und betont, dass das aber eine Ausnahme gewesen sei. An jenem Abend hätten sie sein Lieblingsspiel Terraforming Mars gespielt. Da habe er einfach nicht aufhören können.

Die nächsten Spieleabende finden am 10. und 24. August, immer freitags ab 19 Uhr, im Pfarrheim Sankt Gallus in Küdinghoven statt.

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