Betriebswohnung muss "angemessen groß" sein Stadt Bonn verbietet Wohnungsausbau der Dachterrasse
BEUEL · Farid Kasem darf seine Dachterrasse nicht in Wohnraum für den Sohn und dessen Familie umwandeln. Die Begründung dafür erscheint dem Bonner Mechaniker willkürlich.
Farid Kasem führt seit mehr als zehn Jahren die Kfz-Werkstatt „KS“ im Gewerbegebiet Beuel Ost. Und weil der Sohn möglicherweise in die Fußstapfen des Vaters treten will, hatte Kasem die Betriebswohnung über der Werkstatt erweitern wollen. Doch die Stadt hat ihm nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Unterausschuss Bauplanung ist jüngst einer Verwaltungsempfehlung gefolgt, einem Bauantrag auf Ausweitung der Wohnfläche nicht zu folgen. „Ich kann es nicht verstehen“, sagt Kasem.
Sein Plan und folglich auch sein gescheiterter Bauantrag sahen vor, die große, 80 Quadratmeter umfassende Terrasse zur Hälfte umzubauen. „Mir schwebt ein zusätzlicher Wohnraum vor und ein Badezimmer“, erklärt Kasem. Hintergrund: Der 23 Jahre alte Sohn will mit seiner Freundin einziehen, vielleicht folgen irgendwann Kinder. Für die beiden ist die Erweiterung jedenfalls in erster Linie gedacht. Außerdem wohnt die Mutter des Unternehmers unter demselben Dach. „Ich will lediglich mehr Raum für meine Familie schaffen und nicht für irgendjemand anders“, sagt Kasem.
Daraus wird nun wohl nichts. Die Verwaltung begründet die Ablehnung mit dem Paragrafen 30 im Baugesetzbuch. Konkret heißt es in der städtischen Beschlussvorlage: „Von Bedeutung sind die funktionale Zuordnung der Wohnung zum jeweiligen Betrieb, die Betriebsnähe je nach Funktion der Wohnung sowie die Angemessenheit der Wohnung zu Art und Größe des Betriebs. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass, wenn eine Betriebswohnung überhaupt gerechtfertigt ist, die Wohnung nach ihrer Größe auch im Hinblick auf die Wohnbedürfnisse angemessen sein muss.“
Daraus schlussfolgert die Stadt: „Die bereits vorhandene Größe von 182 Quadratmetern ist für eine Betriebswohnung einer Kfz-Werkstatt mehr als angemessen.“ Die vom Bauherrn vorgesehene Vergrößerung für den Sohn sei nicht notwendig.
Wann ist eine Wohnung "angemessen groß"?
Anhand dieser Formulierung scheint es also im Ermessen der Behörden zu liegen, wann eine Wohnung angemessen groß ist. Carsten Veenker, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Mitglied des Bonner Anwaltvereins, erklärt: „Für die Größe einer Betriebswohnung gibt es keine festen gesetzlichen Vorgaben.“ Wohnungen seien in Gewerbegebieten „grundsätzlich unzulässig, nur ausnahmsweise zulässig als Betriebswohnung des Betriebsinhabers unter der Voraussetzung, dass die Wohnnutzung der Gewerbenutzung auch flächenmäßig ,untergeordnet' sein muss“, so Veenker. Auf den ersten Blick spreche, so der Fachanwalt, viel dafür, „dass die bestehende Betriebswohnung mit 182 Quadratmetern selbst für einen drei oder vier Personenhaushalt groß genug ist und folglich kein Anspruch des Antragstellers auf Genehmigung einer Vergrößerung besteht“.
Farid Kasem fragt sich, wann eine Wohnung „angemessen groß ist“, zumal er Betriebswohnungen kenne, die durchaus größer sind als seine eigene. In seinem Fall betrachtet er die Vergrößerung auch als notwendig, weil drei, vielleicht irgendwann vier Generationen unter einem Dach leben werden. Seine mit Dachpappe bedeckte Terrasse ist zudem nicht gerade mit einem Ausblick gesegnet, den man als verlockend bezeichnen würde. Ein paar Hundert Meter weiter liegt die laute Autobahn. Und dass er, dessen Werkstatt als letztes Haus in der Straße steht, mit einem Ausbau jemanden stören könnte, kann er sich beim besten Willen nicht vorstellen.
Veenker zufolge habe die Baugenehmigungsbehörde zwar einen Beurteilungsspielraum. Aber der sei gerichtlich überprüfbar. Kasem könne, wenn ihn ein ablehnender Bescheid zu seinem Bauantrag erreicht, eine Verpflichtungsklage gegen die Stadt beim Verwaltungsgericht erheben.