Stadtführerin aus Leidenschaft Stadtführerin Petra Clemens ist Kuriositäten in Beuel auf der Spur

Beuel · Petra Clemens ist Stadtführerin in Beuel und Kuriositäten auf der Spur. Einer ihrer Lieblingsplätze ist das Mehlem´sche Haus, wo früher eine Wehranlage war. Auch zum Treffpunkt der ersten Protestanten führt sie ihre Gäste.

 Petra Clemens vor dem Mehlem´schen Haus, einem ihrer Lieblingsorte.

Petra Clemens vor dem Mehlem´schen Haus, einem ihrer Lieblingsorte.

Foto: Sebastian Flick

Wenn Petra Clemens mit einem Ordner unter dem Arm durch Beuel läuft, ist sie ganz in ihrem Element. Mit spannenden und humorvollen Anekdoten taucht sie in die Geschichte des Stadtbezirks ein, während ihr zahlreiche Personen gespannt zuhören. Petra Clemens ist für den Verein Stattreisen Bonn tätig und seit mehr als zehn Jahren als Stadtführerin im Einsatz.

Vor ihren Rundgängen durch Beuel sucht sie gern den Garten des Mehlem´schen Hauses auf: „Hierher komme ich, um mich zu sammeln“, erklärt Clemens. Die Idylle des Ortes schätzt sie besonders, aber auch das imposante Erscheinungsbild des historischen Baus, der sie an Bonner Stadtpalais erinnert. „Für mich atmet dieser Ort Geschichte“, sagt Clemens.

An ihrer Wahlheimat Beuel liebt sie besonders die Lage am Rhein, das umfangreiche Kulturangebot und die kulinarische Vielfalt. Wie viele Stadtrundgänge sie bereits durchgeführt hat, kann Clemens gar nicht genau sagen. Sie schätzt aber, dass es mit Sicherheit mehr als 300 gewesen sein müssen. Geschichte sei schon immer ihr Steckenpferd gewesen, sagt Clemens, und so lag der Schritt nahe, sich zur Stadtführerin ausbilden zu lassen.

„Geschichte muss nicht trocken sein“

Um die Geschichte noch besser kennenzulernen, verbrachte sie einen sehr großen Teil ihrer Freizeit im Bonner Stadtarchiv, wo sie gerne Aufzeichnungen durchforstete und immer wieder intensiv in geschichtliche Ereignisse eintauchte. An ihre allererste Stadtführung erinnert sich Clemens sehr gut: „Das Thema war die Brauerei- und Bierkultur Bonns.“ Im Laufe der Jahre hat sie für Stattreisen Rundgänge zu den unterschiedlichsten Themen selbst entwickelt. Ihr Motto: „Geschichte muss nicht trocken sein, sondern kann auch jede Menge Spaß machen!“

Spaß und Informationen gibt es bei Clemens´ Rundgängen, egal ob zwei oder 20 Personen an der Führung teilnehmen. Und wenn es ihr gelingt, einige orts- und geschichtskundige Teilnehmer mit bisher unbekannten Informationen zur Historie Beuels zu überraschen, ist die Freude besonders groß. „Gerade kürzlich erst sagte ein Teilnehmer zu mir, er lebe schon so lange hier in Beuel, aber bei der Führung habe er einiges erfahren, was er zuvor noch nicht wusste. Das sind die schönsten Reaktionen, die man bekommen kann“, sagt Clemens.

Ehemalige kaiserliche Post

Tatsächlich überrascht sie Einheimische immer wieder mit spannenden Geschichten. So beispielsweise bei einem ihrer jüngsten Rundgänge, der sie in die Neustraße führte. Hier blieb sie an einem Gebäude direkt hinter der Versöhnungskirche stehen. „In diesem von außen unscheinbaren Wohnhaus befand sich noch bis Ende des 19. Jahrhunderts die ehemalige kaiserliche Post. Im Flur des Klinkergebäudes ist noch heute ein Mosaik zu sehen, das den kaiserlichen Adler zeigt“, berichtet Clemens.

Auch beim Spaziergang über die Friedrich-Breuer-Straße begibt sich Clemens auf eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert: An einem Wohnhaus erinnert eine Tafel an Ottilie Sander (1838-1925), die in ihrem Haus zwei Räume als Betsaal für die rund 50 Evangelischen eingerichtet hat, die während der Industrialisierung nach Beuel gekommen waren. So ermöglichte sie den ersten evangelischen Gottesdienst in Beuel. „Ist das nicht kurios? Als Altar diente ein Holzgestühl“, berichtet Clemens.

Nur wenige Meter weiter ist Clemens wieder an ihrem Lieblingsort, dem Garten hinter dem Mehlem´schen Haus, angekommen. „Hier ist es immer sehr ruhig, da kann man ganz für sich sein. Und im Sommer ist es schön schattig“, schwärmt sie. Während in dem Gebäude heute die Städtische Musikschule beheimatet ist, stand hier im 17. Jahrhundert mit der Beueler Schanze eine Wehranlage. „Dieser Gegensatz fasziniert mich: Während es heute ein idealer Rückzugsort ist, war es vor mehreren hundert Jahren ein Verteidigungsstützpunkt, an dem gekämpft wurde. Wenn ich in die Geschichte eintauche, sitze ich hier an einem sehr ruhigen Ort und höre gleichzeitig den Lärm der Schlacht…“, sagt Clemens.

Von Sonnenseite bis „Beuel hat Biss“

Aktuell bietet Stattreisen in Bonn mehr als 50 Stadtteilrundgänge und Radtouren an, darunter auch Führungen in englischer Sprache. Von diesen Touren hat Clemens derzeit beachtliche neun Touren im Repertoire. Auch wenn sie stadtweit im Einsatz ist, bleibt Beuel ihr Themenschwerpunkt. So beleuchtet sie beispielsweise unter dem Motto „Beuel – Bonns Sonnenseite“ die Industriegeschichte des Stadtbezirks oder nimmt die Teilnehmer auf der Tour „Pützchens Markt – ein Phänomen“ mit hinter die Kulissen eines der bundesweit größten Volksfeste. Darüber hinaus entwickelt sie derzeit ein Konzept für eine neue Tour, die unter dem Motto „Beuel mit Biss“ auch kulinarische Highlights bieten wird und Ende Oktober an den Start gehen soll.

Und während Clemens am Beueler Rheinufer entlangspaziert, ihrem zweiten Lieblingsort, kommen ihr bereits Ideen für weitere neue Projekte: „Derzeit arbeite ich an einer Power-Point-Präsentation für Senioren, die nicht mehr in der Lage sind, bei den Stadtführungen mitzugehen.“ Anbieten könne man dies beispielsweise in Seniorenheimen und Gemeindehäusern. Ebenfalls in Planung: eine Stadtführung zu den „Kirchen in Bonn“.

Alle aktuellen Führungen von Stattreisen findet man unter www.stattreisen-bonn.de. Anmeldungen sind erwünscht, spontan Entschlossene sind aber auch jederzeit willkommen.

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