Kunstaufführung Tanzperformance in der Beueler Tapetenfabrik

Beuel · Andreas Rama und Xeni Alexandrou sind Künstler in Bonner Residenz. Mit einer Tanzperformance in der Beueler Tapetenfabrik näherten sie sich ihrem neuen Stück "Philosophy".

 Spiel mit den Realitäten: Wenn Andreas Rama in „Philosophy“ tanzt, dann steht er auch im Dialog mit seinem Spiegelbild (oben rechts).

Spiel mit den Realitäten: Wenn Andreas Rama in „Philosophy“ tanzt, dann steht er auch im Dialog mit seinem Spiegelbild (oben rechts).

Foto: Stefan Hermes

Es kann kein Zufall sein, dass vor der Tür zum Atelier Fünf der Tapetenfabrik in akkuraten Lettern das Zitat von Nietzsche zu lesen ist, dass man noch Chaos in sich haben müsse, „um einen tanzenden Stern gebären zu können“. Ohne mit dem Satz vor ihrem Studio in Verbindung zu stehen, erklärt Choreographin Rafaële Giovanola, dass es in der Tanzperformance von Andreas Rama und Xeni Alexandrou nicht darum gehe, etwas zu verstehen, sondern nur darum, etwas zu spüren.

Zusammen mit Rainald Endraß hat Giovanola vor bald 20 Jahren das Ensemble CocoonDance gegründet und ist neben dem „fringe ensemble“ eine der beiden Hausgruppen des Bonner Theaters im Ballsaal. Und sie ist durch das NRW-Mittelzentrum in Bonn Gastgeberin für die Aufenthalte (Residenzen) internationaler und auch regionaler Künstler. Seit zwei Wochen können Rama und Alexandrou mit ihrer Compagnie Porson's Khashoggi, neben Kost und Logis, in den Räumen von Cocoondance ihre Produktion „Philosophy“ entwickeln und proben. Sie kommen bereits aus Residenzen in Paris, Berlin und Athen. Drei Monate arbeiten beide an Ramas Solotanzperformance, in der er einen Menschen darstellen wird, der noch nicht existiert.

Drei paar Schuhe vor der schweren Stahltür zum Atelier ließen bei der dritten öffentlichen Probe zu „Philosophy“ darauf schließen, dass nur wenige Zuschauer den Weg in die Tapetenfabrik gefunden hatten. Dabei hatte Giovanola gerade noch das Bonner Tanzpublikum gelobt. „Wir haben ein sehr gutes Publikum in Bonn“, sagte sie. Die Bonner seien „super interessiert“ und „wahnsinnig offen“. Dass ein etwa 30-minütiger Ausschnitt aus der „Philosophy“-Performance von Andreas Rama dann doch nur vor Giovanola stattfand, war überraschend (die drei Paar Schuhe gehörten den Probenden).

Doch auch ohne Publikum wollte sie nach der Vorführung entscheiden, ob sie Rama und seine Compagnie nach ihrer Premiere, die im Juli in der Berliner Tanzfabrik stattfinden wird, auch in das Programm des Theaters im Ballsaal aufnimmt. „Die Leute haben noch nicht verstanden, wie toll es ist, einen Künstler in der Mitte seines Gestaltungsprozesses zu erleben“, bedauerte Giovanola das Fehlen des Publikums. Schließlich sei es eine großartige Möglichkeit, sich mit dem Künstler auszutauschen und seine Visionen zu verstehen.

Zu meditativ monotonen Soundloops des französischen Barockkomponisten Jean-Philippe Rameau begab sich Rama in eine Performance, die ihn als Mensch unsichtbar machen sollte. Mit kraftvoll minimalen Bewegungen, die ihn scheinbar von seinen Spiegelbildern anzogen und abstießen, mit Bewegungen, die an Häutungen erinnerten und seinen Händen, die über Kopf und Haare strichen ohne ihn dabei zur Schau zu stellen, kämpfte Rama gegen seine eigene Existenz. Nur seine Spiegelbilder sollten für den Zuschauer wahrhaftig sein.

Mit beiden Händen schaufelte er die Realität in die Spiegelflächen. Gleich darauf drückt er sich an den Boden, um für die Spiegel nicht mehr sichtbar zu sein. Dann wiederum versuchten seine Arme und Beine sich in einem Rausch auflösen zu wollen. Sein Körper bewegte ihn. Seine Bauchmuskeln tanzten und trennten den Körper vom Geist. Es sah aus, als würde Rafaële Giovanola Andreas Rama und Xeni Alexandrou erneut nach Bonn einladen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort