Brückenforum Beuel Tomte-Frontmann Thees Uhlmann begeisterte 1100 Fans
BEUEL · Thees Uhlmann pflegt keine Starallüren. Ganz selbstverständlich packt der Frontmann der Hamburger Band Tomte beim Umbau auf der Bühne mit an, als die Vorband The Kilians nach einem druckvollen 35-Minuten-Set fertig ist. Ebenso unprätentiös kehrt der 37-Jährige kurze Zeit später auf die Bühne des Brückenforums zurück und ruft ins Mikrofon: "Willkommen in der Hauptstadt!"
Ein netter Anachronismus, der bei den 1100 Fans gut ankommt. Überhaupt ist der ganze Saal voller positiver Schwingungen. Das junge, studentische Publikum und der charismatische Sänger ergänzen sich vortrefflich.
Uhlmann, geboren 1974 in Hemmoor, gründete 1994 die Hamburger Indie-Band Tomte und 2002 mit den befreundeten Band-Kollegen von Kettcar das Plattenlabel Grand Hotel Van Cleef. Im Spätsommer des Vorjahres präsentierte Uhlmann schließlich sein lange erwartetes erstes Solo-Album, das er in Bonn mit Hubertus Steiner (Bass), Max Perner (Schlagzeug), Nikolai Potthoff und Simon Frontzek (Gitarren) sowie Julia Hügel (Keyboard) vorstellt.
Uhlmann, in Blue Jeans und schwarzer Lederjacke, ist ein Freund der Zwischengeschichten. "Ich war heute einkaufen bei euch in der Stadt, weil meine Zahnpasta leer war", erzählt er. "Das war jetzt ungefähr die unglamouröseste Rock'n'Roll-Ansage aller Zeiten." Egal. Dann habe ihn die nette, junge Kassiererin an der Drogeriemarkt-Kasse angesprochen: Du bist doch der mit dem Fischlied! Uhlmanns Antwort: "Ja, und ich habe dreckige Zähne."
Auch jener jungen Dame in Bonn ist also der schöne Song "Das Mädchen von Kasse 2" gewidmet. Und das "Fischlied" gibt's natürlich auch: "Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf" erweist sich als vorzeitiger Stimmungsgipfel. Als treibend und inhaltlich anknüpfend entpuppt sich "Vom Delta bis zur Quelle". Später berichtet Uhlmann, wie er nachmittags auf der Kennedybrücke ein bisschen abgehangen habe.
"Da kamen lauter fertigstudierte, 25-jährige Jurastudenten an mir vorbeigejoggt, mit der Haltung: Aaah, ich bin so toll, krieg' Job, Kinder und alles unter einen Hut und seh' auch noch gut aus." Zu dieser Fraktion möchte sich der Tomte-Frontmann eher weniger zählen. Und bringt stattdessen den passenden Gegenentwurf in Liedform: "Sommer in der Stadt". Ein Plädoyer für Individualität und Lebenskunst. Besonders bejubelt wird auch "Die Nacht war kurz (Ich steh' früh auf)", und den schönsten Text besitzen immer noch die "17 Worte" - ungedrechselt, unangestrengt, authentisch, pur.
Der eindringliche Song "Die Toten auf dem Rücksitz" ist dem verstorbenen Musik-TV-Moderator Rocko Klein gewidmet, und in den Zugaben röhrt "Das hier ist Fußball" . Gemeint sind Millerntor und der FC St. Pauli. Was sonst?