Leiter der Forschungsstelle in Beuel geht in den Ruhestand Über 30 Jahre Arbeit für die Balance zwischen Mensch und Wildtier

Beuel · Mehr als 30 Jahre lang war das Forsthaus Hardt Michael Petraks Arbeitsplatz. Jetzt geht der Leiter der NRW-Forschungsstelle für Wildschadensverhütung und Jagdkunde in den Ruhestand. Die Daueraufgabe bleibt der Interessenausgleich zwischen Wild und Mensch.

Mehr als 30 Jahre lang war das Forsthaus Hardt Michael Petraks Arbeitsplatz.

Mehr als 30 Jahre lang war das Forsthaus Hardt Michael Petraks Arbeitsplatz.

Foto: Stefan Knopp

Wer eine Forschungseinrichtung leitet, der möchte auch gerne forschen. Dafür hatte Michael Petrak zuletzt kaum Zeit vor lauter Verwaltungsarbeit, wie er erzählt. Aber demnächst wird es ruhiger: Der Chef der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (FJW) tritt demnächst nach 34 Jahren im Forsthaus Hardt im Ennertwald den Ruhestand an. Dann kann er sich wieder mehr der Forschung widmen, sagt der 66-Jährige. Denn daran hat er immer noch Spaß: „Die Wildforschung hat mich immer interessiert.“

Petrak wurde in Niedersachsen geboren, wuchs in Aachen auf und studierte in Gießen Biologie. Seine Doktorarbeit befasste sich mit der Rothirschpopulation in der Eifel im deutsch-belgischen Grenzgebiet. Seinen ersten Besuch der Forschungsstelle, die seit 1957 in Beuel angesiedelt war und 1976 eine Landeseinrichtung wurde, als Schüler hat er noch rege in Erinnerung: Wegen der vielen Ministeriumsmitarbeiter, die in Holtorf wohnten, patrouillierten damals Panzerspähwagen, denen der junge Bursche mit dem Rucksack schnell auffiel.

1989 trat Petrak dann im Forsthaus die Nachfolge von Erhard Ueckermann an. Die Forschungseinrichtung befasst sich mit den Lebens- und Umweltbedingungen des Wildes in NRW, mit Wildkrankheiten, Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft, mit dem Zusammenspiel von Wild und Mensch und mit dem Jagdwesen. Zum Aufgabendreiklang der FJW gehören Forschung, Beratung sowie Aus- und Fortbildung. Seit 2014 ist sie ein Fachbereich des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW.

Petrak war an der Gründung des Naturparks Eifel beteiligt, weil er neben der Fachkompetenz auch gute Kenntnisse der Region mitbrachte. Er konzipierte die Grünbrücken in NRW mit, die einen landesweiten Biotopverbund für die Tiere – auch in Kooperation mit Belgien und den Niederlanden – sichern sollen, dank guter Standortevaluierung mit Erfolg, wie der Leiter erklärt: „Unsere Grünbrücken sind diejenigen, die bundesweit am schnellsten angenommen worden sind.“

Interessenausgleich zwischen Wild und Mensch

Oft gehe es um Interessenausgleich, sagt Petrak. Wildtiere brauchen Winterruhe, Rückzugsorte, zusammenhängende Flächen. Der Mensch will Skifahren, mit dem E-Bike immer abgelegenere Orte im Wald erreichen und in Coronazeiten wurde es in den Wäldern voller. Illegale Pilzsammler störten das Wild, sagt der 66-Jährige. Und auch nicht angeleinte Hunde seien oft ein Problem. „Wenn ein Wildschwein tagsüber auf eine Straße läuft, dann weil es aufgescheucht wurde“, erklärt Petrak. Auf Pützchens Chaussee zum Beispiel gebe es jährlich mindestens zehn Wildunfälle, vor allem in der dunklen Jahreszeit, „wenn Wildwechsel und Berufsverkehr zusammenfallen“. Auf dieser Straße würde er sich Tempo 50 wünschen.

Straßenbauprojekte verkleinern laut Petrak die Reviere immer weiter. Durch die Isolierung bleibe die genetische Vielfalt auf der Strecke. Ein anderes Problem für das Wild sind Neubaugebiete wie in Niederholtorf. Für Rotwild und Rehe etwa biete sich immer weniger Offenland, auf dem sie in Ruhe fressen können. Dadurch nimmt der Verbiss an Bäumen im Wald zu, sagt der Biologe; „Das zeigt an, dass die Balance nicht so richtig stimmt.“ Der Ausgleich zwischen den Lebensansprüchen des Wildes und der Menschen bleibt eine Daueraufgabe.

Petraks Nachfolge ist noch nicht geregelt. Er bleibt als Berater und Forscher weiter am Thema dran und in der Berufsjägerausbildung aktiv. Aber die Verwaltungsarbeit wird er nicht vermissen.

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