Zwischen Neuwied und Oberkassel Vor 150 Jahren ging die Bahnstrecke am Rheinufer in Betrieb

Beuel · Bürgerproteste gegen Ausbaupläne sind offenbar kein aktuelles Phänomen. Vor 150 Jahren ging der Streckenabschnitt von Neuwied bis Oberkassel in Betrieb. Protest gab es gegen den Bau durch den Ort.

 Ein Bild aus längst vergangenen Zeiten: Der Oberkasseler Staatsbahnhof in den Jahren 1906/1907.

Ein Bild aus längst vergangenen Zeiten: Der Oberkasseler Staatsbahnhof in den Jahren 1906/1907.

Foto: Heimatverein Oberkassel

Bürgerproteste gegen Ausbaupläne sind offenbar kein aktuelles Phänomen. Schon vor Jahrzehnten wehrten sich die Oberkasseler mit aller Kraft gegen die geplante Trassenführung für die rechtsrheinische Eisenbahnstrecke nach Köln. Denn dieser Abschnitt sollte ursprünglich, vor Hochwasser geschützt, quer durch den beschaulichen Beueler Ort verlaufen. Nach den massiven Protesten der damaligen Anlieger und endlosen Diskussionen wurden die Gleise schließlich auf einem Bahndamm am Rheinufer verlegt, was allerdings mit größeren technischen Schwierigkeiten verbunden war.

Dass Oberkassel überhaupt einen Bahnhof an der neuen Strecke erhielt, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass der damalige Spezialdirektor der Rheinischen Eisenbahngesellschaft in Köln, Franz Karl Rennen (1818 bis 1897), ein gebürtiger Oberkasseler war. Rennen legte nach dem Bau der Strecke seinen Sommersitz in Oberkassel an, da es für ihn nun möglich war, von seinem Arbeitsplatz in Köln aus Oberkassel bequem zu erreichen.

1856 Genehmigung erhalten

1856 bekam die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft die Genehmigung für den Bau einer linksrheinischen Bahnstrecke nach Bingerbrück. Dabei handelte es sich um die Fortsetzung der Strecke der ehemaligen Bonn-Cölner Eisenbahn, die bereits 1855 bis Rolandswerth eröffnet worden war. 1866 beantragte die Rheinische Eisenbahn dann auch die Genehmigung für eine rechtsrheinische Strecke von Niederlahnstein bis Troisdorf und Siegburg. Die Rhein Eisenbahngesellschaft bekam die Konzession für eine rechtsrheinische Bahntrasse nur, wenn sie sich zu „einer Abzweigung nach Bonn mittels Trajekt zum Anschluß an die linksrheinische Eisenbahn“ verpflichtete.

Am 11. Juli 1870 ging der Streckenabschnitt Neuwied–Oberkassel in Betrieb, wo über das Trajekt Bonn–Oberkassel eine Verbindung zur linken Rheinstrecke bestand. Unter Trajekt versteht man eine Eisenbahnfährverbindung über den Rhein. Auch die Strecke von der Friedrich-Wilhelms-Hütte nach Siegburg war bereits fertig, lediglich der Bau der Siegbrücke verzögerte die vollständige Inbetriebnahme. Durch den Deutsch-Französischen Krieg erhielt die Strecke als Nachschubweg große strategische Bedeutung, weswegen der Bau der Siegbrücke ab Spätsommer 1870 mit zusätzlichen Arbeitskräften beschleunigt wurde. Ab dem 1. März 1871 war die Strecke befahrbar, wobei ein Abzweig von der Friedrich-Wilhelms-Hütte nach Troisdorf zur Strecke nach Köln gebaut wurde.

Keine größere Eröffnungsfeier

Kurz nach der damaligen Eröffnung im Juli 1870 begann der Deutsch-Französische Krieg, sodass zunächst vor allem der zivile Verkehr über das Trajekt verlief. Denn die „festen“ Rheinbrücken waren dem militärischen Verkehr vorbehalten. Aufgrund der angespannten politischen Situation gab es keine größere Eröffnungsfeier. Da es bis zu diesem Zeitpunkt keine Verbindung entlang der rechten Rheinseite via Köln ins Ruhrgebiet gab, wurde der gesamte rechtsrheinische Schienenverkehr per Trajekt über Bonn und weiter nordwärts geführt. Das Trajekt war also eine Anlage von großer Bedeutung für den Personen- und Güterverkehr entlang der Rheinschiene.

Das änderte sich jedoch, als die Rheinische Eisenbahn 1873 die Konzession für eine Strecke von Troisdorf über Köln ins Ruhrgebiet erhielt. Von nun an diente die Anlage fast ausschließlich dem lokalen Verkehr, und ab 1871 verkehrten dann nur noch Pendelzüge zwischen Oberkassel und Bonn. Da sich auf Bonner Seite jedoch mehr und mehr kleinere Industriebetriebe niederließen, war der Trajektbahnhof für die heimische Industrie von Bedeutung.

Mit den Jahren verlor die Anlage jedoch an Bedeutung. Erst mit den Vorbereitungen für die Bundesgartenschau 1979, die an beiden Rheinufern stattfand, wurden wieder Überbleibsel der Trajektbahn entdeckt. Bei den Ausschachtungsarbeiten für eine neue Anlegestelle der Personenschiffe traf man auf rund drei Meter lange Buchenpfähle: offenbar Reste der Trajektanlegestelle. Auch das extreme Niedrigwasser im Herbst 2018 brachte Reste der alten Anlage zum Vorschein. Heute erinnert nur noch der Straßenname „Am Trajekt“ und der 2013 eröffnete Kreisverkehr an der B9, der sogenannte „Trajektknoten“, an dieses bedeutende Stück Bonner Eisenbahngeschichte.

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