Serie: Die andere Perspektive Warum der „Obergärtner“ im Park Härle seinen Job so liebt
Oberkassel · Michael Dreisvogt ist der „Obergärtner“ im Arboretum Park Härle. Er ist seit 2001 für die Gestaltung der Gartenanlagen in Oberkassel verantwortlich.
Wer kann schon von sich sagen, er arbeite im Paradies? Das Paradies ist zwar nach jüdischer, christlicher oder islamischer Vorstellung der Ort, wo die Menschen zu Anfang ihrer Existenz gelebt haben, doch etymologisch kommt das Wort aus der altiranischen Sprache und steht für eine eingezäunte Fläche. Und genau in so einer „Fläche“, eine Hälfte von einer Mauer umgeben, die andere Hälfte eingezäunt, arbeitet Michael Dreisvogt: im Arboretum Park Härle in Oberkassel - ein Arboretum ist ein Garten, in dem hauptsächlich Bäume und Sträucher angepflanzt werden.
Sein Diensttitel lautet „Technischer Leiter“, doch eigentlich hört er die Bezeichnung „Obergärtner“ viel lieber. Denn er ist Gärtner mit Leib und Seele. „Ich habe dafür zu sorgen, dass der Garten hier läuft“, sagt Dreisvogt. Das fängt mit der Öffentlichkeitsarbeit an. Der Wille von Marie und Regina Härle, den letzten Eigentümerinnen, sei es gewesen, den Park nach außen zu tragen und andere Menschen daran teilhaben zu lassen. „Der Garten, der sehr alt ist, war zuerst in Familienbesitz und gehört heute der Stiftung. Diese schüttet immer genau so viel Geld aus, dass wir den Garten nicht nur erhalten, sondern auch in kleinen Schritten weiter entwickeln können“, zeigt sich Dreisvogt mit seinem Arbeitgeber zufrieden.
Doch Geld sei nicht das Entscheidende, sondern Fachkompetenz und Wissen. „Man kann jeden Baum klein oder groß kaufen“, zeigt er sich pragmatisch. Zu seinen Aufgaben gehört außerdem der Austausch mit Gärtnereien über Neuheiten oder Besonderheiten sowie die Ausbildung von Praktikanten. „Den Garten im laufenden Betrieb so umzubauen, dass er im Klimawandel auch noch in 20, 30 oder 40 Jahren attraktiv ist, das ist derzeit die größte Herausforderung“, sagt Dreisvogt.
„Wir finden es sehr bedauerlich, dass wir wegen der Folgen der Corona-Krise unseren Park derzeit nicht öffnen können“, so Dreisvogt, „denn rein pflanzlich gesehen haben wir ein besonders schönes Frühjahr.“ Im vergangenen Jahr zählte die Parkverwaltung 4500 Besucher. Man zeige den Garten gerne und freue sich immer über den Austausch mit Besuchern, über Lob und Anregungen. Und im nächsten Jahr, verspricht Dreisvogt schon heute, soll der Garten noch schöner in Blüte stehen.
Von seinem Vater hat er die Naturliebhaberei geerbt. „Als ich so um die 15 Jahre alt war, haben mein Vater und ich ein Aquarium revitalisiert“, erzählt Dreisvogt. „Zuerst habe ich mich für die Fische interessiert, kannte alle mit dem wissenschaftlichen Namen. Doch schnell nahmen mich die Pflanzen gefangen, meine Evolution vom Wasser ans Land begann.“ Als sein Vater ein Biotop im Garten anlegte, entstand ein kleiner Hügel, den der Sohn bepflanzte. Eine Zufallsbegegnung bei einer Busreise hat dazu geführt, dass er jüngstes männliches Mitglied bei den Staudenfreunden geworden ist. Über die Staudenfreunde lernte er auch den Park Härle kennen. Später, zu Studentenzeiten, arbeitete er dann öfter im Park. „Marie Härle hat mich dann in ihrem Haus bewirtet und mir Mittagessen gekocht“, erinnert er sich gerne.
Über die für jeden Jugendlichen klassische Frage beim Abitur, was soll ich mal werden, was studieren, half ihm eine Berufsberaterin hinweg, die ihm Berufe wie Landschaftsgärtner oder Landschaftsarchitekt empfahl. So folgte eine Lehre im Garten- und Landschaftsbau sowie ein Studium der Landschaftsarchitektur in Weihenstephan bei München. Obwohl die Pflanzen kein Schwerpunkt des Studiums waren, blieb dies sein Steckenpferd. Seinem Professor, dem Landschaftsarchitekten Peter Latz, war früh aufgefallen, dass Dreisvogt sich bei Pflanzen hervorragend auskannte. „Mit den Worten ‚Ich wollte mal nachfragen‘, weiter kam ich nicht, hatte ich am Ende meines Studiums mein einziges Bewerbungsgespräch in meinem Leben“, berichtet er.
Postindustrielle Landschaften zu gestalten, eine Metamorphose der Landschaft ohne Zerstörung des Vorhandenen zu schaffen, dabei durfte der junge Landschaftsarchitekt mithelfen. Beim Euregiopark in Luxemburg oder dem Landschaftspark in Duisburg-Nord war er beteiligt und kümmerte sich um farblich abgestimmte Bepflanzung. Immer noch in seinem Studium sagte ein Professor einen Termin mit Dreisvogt ab mit der Begründung, er müsse nach Oberkassel. „Na dann grüßen Sie mal Frau Härle schön von mir“, meinte der Student zu seinem Professor. So stellte sich in Weihenstephan heraus, dass der Professor im Vorstand der gemeinnützigen Stiftung Arboretum Park Härle saß. Die Stiftung hatte damals beschlossen, dass der Park vermessen und eine Bestandsliste erstellt werden solle, was Student Michael Dreisvogt auch machte.
Bei einem Besuch am Ende dieser Aufgabe, bereits nach dem Studium, konnte Michael Dreisvogt Regina Härle, die ihre Schwester Marie überlebte und die Stiftung gegründet hatte, nur noch im Beueler Krankenhaus besuchen, in dem sie dann kurz darauf verstarb. „Ich muss mich wohl bei meinen Arbeiten im Park nicht so dumm angestellt haben, denn der Stiftungsvorstand fragte mich, ob ich das Amt des Technischen Leiters für das Arboretum übernehmen wolle.“ So kommt es, dass Michael Dreisvogt seit dem 1. Februar 2001 Chef in seinem Paradies ist und den Willen der Stiftung umsetzt.
Informationen zu Park Härle findet man im Internet unter www.arboretum-haerle.de.