Überblick zur Stadtplanung Warum die Neubauprojekte in Beuel stocken

Beuel · Beuel kratzt an der 70.000-Einwohner-Marke. Es fehlen Wohnungen, und die Innenstadt müsste dringend saniert werden. Mitarbeiter des Bonner Stadtplanungsamts geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Seit der Eingemeindung vor 50 Jahren hat sich die Zahl der Einwohner in Beuel verdoppelt. Heute sind es knapp 70.000. Tendenz steigend. Wächst die Infrastruktur mit? Die Innenstadt ist in die Jahre gekommen. Viele neue Baugebiete stehen auf der Tagesordnung, aber es geht nicht voran. Woran liegt das? Bei einem Treffen mit dem GA in Beuel geben Vertreter des Stadtplanungsamts einen Sachstandsbericht – mit Blick in die Zukunft.

Innenstadt

Friedrich-Breuer-Straße: 2015 haben Beueler auf Einladung der Verwaltung in zwei Workshops Kritikpunkte aufgelistet und Vorschläge für die Friedrich-Breuer-Straße gemacht. Anliegen waren ihnen die Straßengestaltung, die Parksituation, mehr Bewegungsfreiheit für die Fußgänger, Außengastronomie sowie sicherer Radverkehr. Wie geht es weiter? „Als erstes müssen wir die Haltestellen der Straßenbahn 62 festlegen. Bleiben alle, wird eine weggenommen, werden sie verlegt?“, erläutert Helmut Haux, Abteilungsleiter Stadtverkehr. Die Verwaltung werde in Kürze Vorschläge machen.

Anvisiert sei zudem, Parkflächen zu verändern, genauer: zu reduzieren, um den Fußgängern mehr Raum zu geben. „Die Straßengestaltung stammt aus den 80er Jahren. Damals war es der Versuch, alles unter einen Hut zu bekommen. Würde ich heute eine Straße planen, würde eine Parkseite komplett weggefallen, vielleicht auch eine Baumreihe. Die bestehenden Gehwege sind viel zu schmal“, sagt Haux. Von der Idee, eine Fußgängerzone vom Von-Weiß-Platz bis zum Rathaus einzurichten, hat die Verwaltung Abstand genommen. „Das wünscht in Beuel niemand“, ist sich Haux sicher. „Gewünscht ist aber eine Verkehrsberuhigung.“ Das Parkplatzangebot mit rund 40 Plätzen plus alle Tiefgaragen halte er für ausreichend. Eine konkrete Vorlage zur Gestaltung Friedrich-Breuer-Straße will die Verwaltung bis zum Sommer vorlegen.

Wohnen

Ehemalige Landwirtschaftskammer Roleber: Ihre Grenzen findet die Bebauung des Geländes der ehemaligen Landwirtschaftskammer einerseits am Naturpark Siebengebirge, andererseits am Landschaftsschutz. Die Konfliktlinie verläuft entlang der Frage, wie viel Bebauung es sein soll und wie viel davon geförderter Wohnungsbau ist. In Rede steht zunächst das Areal der ehemaligen Hauptverwaltung sowie die benachbarten Flächen. Sahle Wohnen hat das insgesamt 8,6 Hektar große Areal an der Siebengebirgsstraße erworben. Sie könnte dort bis zu 400 Wohnungen errichten. Eigentlich sollte die Bürgerbeteiligung bereits 2017 stattfinden. Doch die politische Diskussion zog sich hin. Laut Hemminger wird derzeit das Beteiligungsverfahren vorbereitet. „Die Stadt sieht eine intensive Einbindung der Bürgerschaft vor.“ Im Anschluss ist ein städtebauliches Qualifizierungsverfahren geplant.

Wohnpark II:Bereits 2016 sollten die geplanten 300 Wohneinheiten im Wohnpark II (Bebauungsplan Nr. 8124-24) zwischen B 56 und Stadtbahnlinie bei Vilich-Müldorf nach Vorstellung der Verwaltung bezugsfertig sein. Doch seit der Ausgrabung der Merowingersiedlung auf der Brachfläche herrscht Stillstand. Woran liegt es?

Nach Auskunft von Kerstin Hemminger, Abteilungsleiterin im Planungsamt, musste ein umfangreiches Entwässerungskonzept erstellt werden, das auch die mit steigender Häufigkeit und Intensität auftretenden Starkregen berücksichtigt. Entsprechend wurde der Bebauungsplanentwurf überarbeitet. Neu angepasst wurde auch der Flächenbedarf für drei Kreuzungsvarianten zum geplanten der Sankt-Augustiner-Straße (B 56)/Bundesgrenzschutzstraße/Reinold-Hagen-Straße (L 83). Hemminger: „Der Beschluss über die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans kann voraussichtlich noch vor der Sommerpause gefasst werden.“

„Kissener“-Gelände: Zwar hat die Bezirksvertretung Beuel Anfang Dezember 2018 beschlossen, die Wohnbaupläne für das 25000 Quadratmeter große Gelände in Limperich angrenzend an die Telekom im nächsten Schritt mit der Öffentlichkeit zu diskutieren, doch zuvor muss der Vorhabenträger weitere Maßgaben erfüllen. In der politischen Debatte um die künftige Nutzung der ehemaligen Anbauflächen der Gärtnerei Kissener geht es um die Dichte der Bebauung. 250 Wohneinheiten stehen zur Diskussion. Kritiker befürchten einen negativen Einfluss auf das Kleinklima.

Daher soll der Bauherr, die M & LP Rhein-Wohnen GmbH, die lokalklimatischen Auswirkungen prüfen und in ihrem Konzept berücksichtigen. Weitere Maßgabe ist die Anpassung der Entwässerung im Fall möglicher Starkregen. Laut Verwaltung wird zurzeit das Klimagutachten aktualisiert und auch ein hydrologisches Gutachten erarbeitet. Sobald die Ergebnisse vorliegen und von der Verwaltung auf Plausibilität geprüft wurden, soll eine Bürgerversammlung terminiert werden.

Neubaugebiet Holtorf-Süd:Der Kanal ist verlegt. Doch Grundstückseigentümer mussten sich zuvor Jahre in Geduld fassen, bis 2013 der Bebauungsplan verabschiedet wurde. Als einen Grund für weitere Verzögerungen gibt die Stadt die Starkregen seit 2010 an. Da weder das bestehende Kanalnetz noch die Gewässer derart große Wassermengen ableiten konnten, mussten Vorkehrungen getroffen werden. Nach Berechnungen des Tiefbauamts würden bei Starkregen über Niederholtorf allein auf die Wohnstraßen in kürzester Zeit rund 115 000 Liter Wasser regnen. Vom Oberflächenwasser auf den Grundstücken gar nicht zu reden. Daher wurde ein Planungsbüro mit einer Überflutungsanalyse beauftragt. Die Ergebnisse sind in die Planung eingeflossen.

Siegburger Straße:Acht Jahre haben der Investor, die Ten Brinke Group und die Bosau Lammerz Projektentwicklung BLI, gewartet, das 10.722 Quadratmeter große Areal im Zipfel zwischen Siegburger Straße und Autobahn 59 zu bebauen. Entstehen soll dort ein Einkaufsmarkt mit einem Fitnessstudio im zweiten Geschoss. Das angrenzende Areal, Richtung Am Langen Graben, ist für 60 Wohnungen in vier Häusern vorgesehen. Baubeginn für den Supermarkt könnte Mitte 2020 sein.

Kommentalweg: Für das Gartenhinterland am Kommentalweg Richtung Schwarzrheindorf hat die Bezirksvertretung 2018 einen Zielbeschluss gefasst. Der Projektentwickler Bonava will dort 100 weitere Wohneinheiten bauen. Das potenzielle 1,6 Hektar große Areal grenzt unmittelbar an das aktuelle Bauprojekt der Bonava. Es gibt noch keinen konkreten Zeitrahmen. Wenn die Pläne für eine Bebauung im Detail feststehen, startet das übliche Prozedere mit Bürgerinformation und Beschlussfassung der Politik.

Kreuzstraße: Einem Zielbeschluss, anstelle der Post Wohnungen auf dem Gelände Kreuzstraße 20 zu bauen, hat die Politik eine Absage erteilt. Die Verwaltung wurde aufgefordert, mit der Post zu sprechen, ob sie den Standort überhaupt aufgeben will. Sie ist dort nicht Eigentümer, sondern Mieter, aber als Nutzer im Bebauungsplan festgeschrieben. Hemminger: „Falls auf dem Gelände neu gebaut werden kann, wollen wir mehrere Gestaltungsvorschläge bekommen, um aus Sicht der Kommune das Beste auszusuchen.“

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