Neue Kampagne „Wir für euch“ Warum Oberkassel das Mekka der Ortsvereine ist

Oberkassel · Im April startet der Verband der Ortsvereine Oberkassel ein neues Projekt. Bei der Aktion „Wie für euch. Gemeinschaft. Brauchtum. Vereinsleben“ stellen sich die rund 30 Vereine vor. Was bewegt junge Menschen heute noch, sich in einem Verein zu engagieren?

30 Ortsvereine prägen das Gemeinschaftsleben in Oberkassel.

30 Ortsvereine prägen das Gemeinschaftsleben in Oberkassel.

Foto: Jügen Hofmann

Oberkassel kann ohne Vorbehalt als das Mekka der Ortsvereine in Bonn angesehen werden. Von rund 7000 Einwohnern engagieren sich mehr als 5000 von ihnen in einem der 30 eingetragenen Vereine. Viele sogar in mehreren. „Es gibt hier etwas, dass es nicht im Internet gibt: Nähe, Austausch, Gemeinschaft und miteinander“, sagt Alexandra Stein.

Das Vereinsleben wurde der 41-jährigen Betriebswirtin in die Wiege gelegt. So war sie in ihrer Kindheit nicht nur Kinderprinzessin der KG, sondern hat auch bei den Tanzcorps der Nixen vom Märchensee trainiert. Heute ist die Oberkasslerin ehrenamtlich zweite Vorsitzende des Verbands der Ortsvereine Bonn-Oberkassel (VdO) und koordiniert unter anderem die Termine zwischen den Vereinen, damit es keine Überschneidungen gibt.

Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig das Zusammensein für die Menschen ist, sagt sie. „Das eine ist, in einen Sportverein zu gehen und Sport zu machen, das andere, sich hier zu engagieren, zum Beispiel im Vorstand mitzuarbeiten.“ Doch gerade da liege auch der Knackpunkt, denn trotz des hohen Engagements der Oberkasseler leiden besonders kleine Vereine unter Nachwuchsproblemen. „Viele wissen gar nicht, was es alles für Vereine gibt, wo man aktiv werden kann“, so Stein. Vom Judoverein über die Karnevalsgesellschaft bis hin zum Deutschen Roten Kreuz würden in Oberkassel viele Möglichkeiten bestehen, seine Freizeit „sinnvoll und mit Freude“ zu gestalten, sagt sie.

Doch warum sind Vereine für jüngere Leute heute überhaupt noch attraktiv? Martin Willmeroth engagiert sich seit 2010 in der Junggesellen Schützenbruderschaft 1794 e. V. „Es ist wichtig, das Traditionsleben aufrechtzuerhalten. Außerdem gefällt mir der Zusammenhalt bei uns“, so der 29-Jährige. Auch seine Familie ist ähnlich, wie Steins Familie, seit Jahren in verschiedenen Vereinen Mitglied. Er selbst hat von der Jugendfeuerwehr bis zum Fußballverein als Kind viel ausprobiert. Heute ist er mit dem Junggesellenverein für die Ausrichtung des Mai- und Schützenfests zuständig. „Auch der soziale Aspekt ist wichtig. Während des Lockdowns haben wir einen Einkaufsdienst für Risikopatienten ins Leben gerufen.“

Zusammenarbeit zwischen Vereinen und Gewerbe

Stein brennt es auf den Nägeln, andere Menschen auf diese, wie sie sagt, „wichtigen Möglichkeiten des Engagements“ aufmerksam zu machen. In Kooperation mit dem WOK e. V., der Werbegemeinschaft Oberkassel, entwickelte sie dafür eine Kampagne. Christian Schönen, der zweite Vorsitzende der WOK, erklärt: „Wir wollen etwas bewegen und die Infrastruktur in Oberkassel aufrechterhalten.“ Das beste Mittel dazu sei die Zusammenarbeit von Vereinen und Gewerbe.

Das Ziel der Kampagne: die Vielfältigkeit der Vereine darstellen und andere Menschen darüber informieren, welche Vereine es gibt, was sie machen und wo man sich konkret engagieren kann. Anlass dafür ist das 95. Jubiläum des Verbands der Ortsvereine, der am 9. Februar 1928 gegründet worden war.

„Die Aktion trägt den Titel ,Wir für euch. Gemeinschaft. Brauchtum. Vereinsleben‘ und läuft ein Jahr lang“, erklärt Stein. Der Auftakt fand am vergangenen Wochenende mit dem Frühjahrstreffen des VdO am Lippeschen Palais statt, wo sich rund 200 Mitglieder aus den verschiedensten Bereichen trafen. Ein Höhepunkt: das gemeinsame Gruppenfoto der Mitglieder in Uniform und anderer typischer Vereinskleidung. Der Fotograf, den Stein dafür gewinnen konnte, war kein unbekannter in der Szene. Der Bonner Jürgen Hofmann, der auch die Bilder für die Aufklärungskampagne „NO! K.O. Geh auf Nummer sicher“ machte, setzte die Oberkassler Vereine in Szene.

Nach dem Gruppenfoto holte Hoffmann die Vereine noch einzeln vor die Linse. „Die Ergebnisse werden ab April in den Oberkassler Schaufenstern zu sehen sein“, verrät Stein. Jeden Monat solle sich ein Verein vorstellen. Neben dem Vereinsfoto würden die typischen Kleidungsstücke und eine Infotafel aufgehängt werden, dazu sollen im Geschäft Flyer über den Verein ausgeteilt werden. Unterstützt wird die Kampagne von den Stadtwerken Bonn. Die Oberkasslerin ergänzt: „Das Beueler Stadtmagazin ,Brückenmännchen‘ begleitet die Aktion redaktionell über das Jahr.“

Seit 25 Jahren Mitglied

Den Auftakt macht der Beueler Judoclub, der sich im Schaufenster der Provinzial präsentieren wird. Es folgen der Heimatverein Oberkassel im „Kaffee schmeckt“ (Mai) und der Oberkasseler Wassersportverein 1923 in der Kronen Apotheke (Juni).

Letztgenannten kennt dessen Vorsitzender, Christoph Maasen, nur allzu gut. Seit 25 Jahren ist der wassersportbegeisterte Oberkassler Mitglied im Verein. „Über einen Freund bin ich damals zum Wassersport gekommen. Ich habe einen Großteil meiner Jugend hier mit den anderen Vereinsmitgliedern zusammen verbracht“, so der heute 38-jährige Entwicklungsingenieur. Besonders an die Wettkampffahrten in jungen Jahren erinnere er sich gern: „Das verbindet.“ 2008 entschied er sich dann dafür, „seinem“ Verein etwas zurückzugeben und wurde dessen Vorsitzender. Heute ist er unter anderem für den gesamten Sportbetrieb im Verein verantwortlich. Jeden Donnerstag leitet er zudem mit seinem besten Freund das Kanutraining.

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