Klimaschutz Wie das Beueler Betonsteinwerk „Koll Steine“ nachhaltiger werden will

Beuel · Für Helge Koll ist der voll elektrische Betrieb aus grüner Sonnenenergie ein Zukunftsziel. Deshalb baut er die Energieversorgung in seinem Unternehmen im Gewerbegebiet Beuel-Ost um.

Für Helge Koll ist der voll elektrische Betrieb aus grüner Sonnenenergie ein Zukunftsziel.

Für Helge Koll ist der voll elektrische Betrieb aus grüner Sonnenenergie ein Zukunftsziel.

Foto: Stefan Hermes

Aus heutiger Sicht kam die Entscheidung, auf das rund 1000 Quadratmeter große Hallendach des Beueler Betonsteinwerks „Koll Steine“ eine Solaranlage zu installieren, gerade noch rechtzeitig. Mit dem Gedanken hatte sich Unternehmenschef Helge Koll schon seit länger Zeit beschäftigt. Den entscheidenden Impuls für die Umsetzung gab dann jedoch die Einladung der Bonner Wirtschaftsförderung zu einem Informationsabend im Beueler Rathaus, wo die im Gewerbegebiet Beuel-Ost ansässigen Betriebe auf die Verbesserungsmöglichkeiten ihrer betrieblichen Energieeffizienz aufmerksam gemacht wurden.

Modellprojekt der Stadt Bonn

Etwa 30 Unternehmen folgten im November 2021 den Vorträgen von Mitarbeitenden der Bonner Wirtschaftsförderung sowie dem Umweltamt der Stadt, dem Bonner Wissenschaftsladen (Wila) und dem Ingenieurbüro Gertec, die alle gemeinsam das Modellprojekt für ein klimagerechtes Gewerbegebiet vorstellten. Nach dieser Versammlung fiel für Koll die Entscheidung, die Installation einer Solaranlage zu beauftragen, die nun im April des Jahres in Betrieb genommen werden konnte. Seitdem deckt sie mit einer Nennwertleistung von etwa 160 Kilowatt Peak einen erheblichen Anteil zum Energiebedarf des Beueler Unternehmens. Mit Blick auf die aktuellen Preisexplosionen am Energiemarkt eine rentable Maßnahme.

Immer mehr Unternehmen im Gewerbegebiet nehmen nach Darstellung des Wila das Thema nachhaltige Energie und Energieeffizienz mit dem Bau von Solaranlagen, energiesparenden Produktionsabläufen oder Elektroladesäulen in den Fokus. Die Unternehmen machen sich damit unabhängiger vom Energiemarkt, sichern sich beim Bau von Solaranlagen saubere Energie und können bei einem Überschuss gegebenenfalls sogar Strom in das Bonner Gesamtnetz einspeisen.

Baumpflanzungen und Dachbegrünung

Auch Baumpflanzungen, Gebäudebegrünungen und Entsiegelungen nehmen aufgrund des Anstoßes und der Förderungen in dem zunächst noch bis zum Ende 2022 laufenden Projekts zu. „Wir gehen aber davon aus“, lässt Franziska Böhm vom Wila auf Nachfrage des GA wissen, „dass es im nächsten Jahr weitergehen wird.“ So hat das Modellprojekt gute Chancen, das Gewerbegebiet nachhaltig weiterzuentwickeln und die Attraktivität des einst als „schmuddelig“ bezeichneten Gewerbestandortes zu steigern. Erst kürzlich besuchte Anke Valentin das Beueler Betonwerk, um mit Helge Koll über weitere klimaverbessernde Maßnahmen für die Zukunft zu sprechen. „Aktuell lassen wir die Statik unserer Fertigungshalle prüfen“, sagt Koll, „um unsere Solarflächen zu erweitern und/oder eine Dachbegrünung vorzunehmen.“

Schon jetzt zeichne sich allerdings ab, dass sich die Kosten für eine zweite Solaranlage um mindestens 40 Prozent verteuert haben werden, so Koll. „Bezahlbare Energie“, halte er für das Unwort des Jahres 2022. Er könne momentan kein Kriterium erkennen, was durch Solarenergie zu Einsparungen führen könnte. Selbst eine Energiesicherheit sei nicht gegeben, wenn die Sonne nicht scheint. Letztlich sei für ihn jedoch der voll elektrische Betrieb aus grüner Sonnenenergie das Ziel für sein Unternehmen. So arbeite man bereits daran, auch im Fertigungsbereich des Betonsteinwerks von einer ständig unter Strom bzw. Druck stehenden Hydraulik auf elektrische Verfahren umzustellen. Die ersten elektrischen Gabelstapler sind bereits im Testeinsatz.

Positive klimatische Effekte

Gemäß des Wila-Grundsatzes, dass der kleinste räumliche Bezugsraum das Unternehmen selbst ist, und architektonische und gestalterische Maßnahmen an den Gebäuden oder auf den Firmengeländen bereits positive klimatische Effekte erzielen, wird nun auch auf der grünen Umrandung des Betriebsgeländes von Koll Steine eine Blühwiese entstehen und zukünftig ein Imker seine Bienenstöcke aufstellen können. „Es geht dem Wila, wie auch uns darum“, so Koll, das wir das Erwärmungspotential großer Freiflächen durch Begrünung minimieren. So wurde bereits eine rund 750 Quadratmeter große Freifläche vor Kolls Vertriebszentrum in Langenfeld als Blühwiese angelegt.

Begrünte Freiflächen, Flachdächer und Fassaden können dabei helfen, Temperaturextreme zu puffern und das Mikroklima zu verbessern. Retentionsflächen und intelligentes Wassermanagement können bei zunehmenden Starkregenereignissen und Trockenperioden hilfreich sein. Gerade Letzteres stellt Koll auch als Hersteller und Vorstandsmitglied im Deutschen Betonverband vor neue Herausforderungen.

Ökopflaster lässt Regen durch

„Nachhaltigkeit muss weiter gedacht werden“, sagt er und spricht das Thema Ressourcenschonung an: „Wir haben Produkte entwickelt, bei denen wir bis zu 40 Prozent Materialeinsparungen haben.“ Der entscheidende Ansatz sei – auch im übertragenen Sinne - mit weniger auszukommen. So sei er ein „klarer Freund von Mischkonzepten“. Um den Wasserkreislauf zu schließen, gebe es eben nicht nur die Grünfläche, sondern auch Öko-Pflaster mit einer speziellen Fugen- und Unterkonstruktion die mehr Wasser geführt durchlasse, als ein verdichteter Rasen oder der klassische Rasengitterstein. Nichtsdestotrotz sei eine Begrünung jedoch auch für ihn als Betonhersteller unter dem Aspekt der Artenvielfalt unerlässlich. Demnächst werde man bei Koll auch wieder Tütchen mit Blühwiesensamen verteilen, sagt der Vater von drei kleinen Töchtern, der sich darüber freut, dass das Thema Artenvielfalt auch in der Schule angekommen ist.

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