Lesen und Rechnen lernen Wie pensionierte Lehrer Beueler Kindern mit Förderbedarf helfen

Beuel · Rund 20 Prozent der Grundschüler im landesweiten Durchschnitt können am Ende der vierten Klasse nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen. Das wollen pensionierte Lehrerinnen und Lehrer in Beuel ändern.

 Nachhilfe: Dorothee Grisstede arbeitet mit einem Schüler.

Nachhilfe: Dorothee Grisstede arbeitet mit einem Schüler.

Foto: Benjamin Westhoff

20 Prozent der Grundschüler im landesweiten Durchschnitt können am Ende der vierten Klasse nicht richtig lesen, rechnen oder schreiben. Grund dafür sind neben der Corona-Pandemie etwa auch neue schulische Vorgaben und organisatorische Veränderungen in den Schulen, meint die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz.

Diese Entwicklung beobachtet die pensionierte Lehrerin Dorothee Grisstede auch an Beueler Schulen, in denen ab der kommenden Woche wieder der Unterricht beginnt. Sie hat sich deshalb zur Aufgabe gemacht, zusammen mit anderen pensionierten Ehrenamtlern Grundschulkinder zu unterrichten.

„Die Gesamtschule Beuel hat uns Räume in ihrer Schulbibliothek zur Verfügung gestellt, die wir kostenlos nutzen dürfen“, sagt Grisstede und zeigt das kleine „Büro“ der Lese- und Rechtschreibförderung (LeReFö). Für jedes Grundschuljahr gibt es dort ein Regal mit Übungsmaterial, das die ehemalige Realschullehrerin teilweise aus Schulbüchern zusammengestellt hat. Zusammen mit anderen pensionierten Lehrerinnen und Lehrern gibt sie dort derzeit 15 Kindern einmal wöchentlich Einzelunterricht.

„Für die Erstklässler haben wir ein haptisches Alphabet, das man erfühlen kann“, sagt Grisstede und zeigt eine kleine Kiste mit Buchstaben aus Schaumstoff. Silben trennen, das kleine Einmaleins, Konjugieren oder die Uhr lesen – all das können die Kinder bei der LeReFö lernen. Wichtig dabei für Grisstede: „Die Schüler sollten Spaß haben, deshalb haben wir auch verschiedene Lernspiele für jedes Grundschuljahr, beispielsweise Bingo.“ Die Kinder können auch Lesebücher, Lexika oder Atlanten ausleihen. Darüber hinaus helfen die Ruheständler den Kindern auch bei der Vorbereitung für schriftliche Tests in der dritten und vierten Klasse, die den nationalen Bildungsstandard abfragen.

Wer das Angebot der LeReFö nutzen möchte, zahlt pro Unterrichtsstunde (45 Minuten) einen Euro. „Damit können wir neues Lehrmaterial beschaffen“, sagt Grisstede, die den Verein vor 13 Jahren gegründet hat.

„Nach mehr als zwei Jahren Pandemie ist die Lese- und Rechtschreibförderung gefragter denn je“, meint Grisstede. „Für viele Kinder fiel das erste Schuljahr bedingt durch den Lockdown quasi aus“, sagt Grisstede. Darauf gefolgt sei der Leistungsdruck der zweiten Klasse, in der sich große Lücken bemerkbar machten. „Die Schulen haben keine Möglichkeit, das nachzuholen“, berichtet Grisstede. Der Lehrermangel verstärke das Problem nur weiter, meint sie. Denn Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf blieben noch häufiger auf der Strecke. "Was Lehrerinnen und Lehrer heute leisten und mit welchem Einfühlungsvermögen sie sich um die Kinder kümmern und sie bestärken und vorantreiben – das ist bewundernswert." Doch obwohl die Lehrer besonders engagiert seien, könne der individuelle Bedarf bei vielen Kindern nicht ausreichend gedeckt werden.

Verstärkung gesucht: Wegen der vielen Anfragen aus Elternhaus und Schule sucht der Verein nun nach Verstärkung für das Team. „Wir wollen unseren Grundschulkindern bestmöglich helfen und lange Wartezeiten vermeiden.“ Wer das ehrenamtliche Team als ehemaliger Lehrer unterstützen möchte, sei herzlich willkommen, sagt Vereinsgründerin Dorothee Grisstede, die per Mail unter d-grisstede@t-online.de zu erreichen ist.

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