Rückblick auf Anfänge, Krisen und Erfolge Wie steht es um das Junge Theater in Beuel?

Beuel · Der Gründer des Jungen Theaters Bonn hätte in diesem Jahr 100. Geburtstag gefeiert. Ein Anlass, zurückzublicken. Wie hat sich die Spielstätte in Beuel bis heute entwickelt? Und was steht an?

 Schön beleuchtet ist die Fassade des Jungen Theaters Bonn in der Beueler Hermannstraße.

Schön beleuchtet ist die Fassade des Jungen Theaters Bonn in der Beueler Hermannstraße.

Foto: JTB

Die Rollen von Kindern und Jugendlichen spielen zu lassen, die wirklich im Alter der Figuren sind – dieses besondere Konzept des Jungen Theaters Bonn etablierte Gründer Helmut Tromm 1969. In diesem Jahr hätte der Theatermann 100. Geburtstag gefeiert. Ein Grund, einen Blick auf die Entwicklung seines Theaters bis heute zu werfen, das jährlich Hunderttausend Zuschauer besuchen.

Schauspieler, Regisseur, Intendant – diese drei Berufe hat Tromm sein ganzes Leben lang ausgeübt. Und diese drei Aufgaben hat er schon als ganz junger Kriegsgefangener auf sich vereint, in einem Lager in La Rochelle, wo er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinen Mitgefangenen eine Theatergruppe gründete und leitete, Stücke inszenierte und natürlich selbst darin mitspielte. Schon bald nach der Entlassung aus der Gefangenschaft begann er aus seiner Leidenschaft einen Beruf zu machen und wurde Schauspieler. In den 1950er- und 1960er-Jahren stand Tromm dann auf vielen Bühnen, auch in Bonn, wo er sich niedergelassen hatte. Dort spielte er unter anderem für das damals neu gegründete Contra-Kreis-Theater und das Kleine Theater Bad Godesberg.

Als 1967 Volker Ludwig in Berlin im ehemaligen Reichskabarett das Grips-Theater gründete und damit das Theater für Kinder in Deutschland revolutionierte, schlug das Wellen bis nach Bonn. Inspiriert von der Arbeit der Berliner rief Helmut Tromm gemeinsam mit seiner Frau Heidi Scholz-Tromm 1969 das „Theater der Jugend Bonn“ ins Leben, das sie mit dem Stück „Die phantastische Reise des Kim van Dong“ eröffneten.

 Helmut Tromm, Gründer des Jungen Theaters Bonn, wäre nun 100 Jahre alt geworden.

Helmut Tromm, Gründer des Jungen Theaters Bonn, wäre nun 100 Jahre alt geworden.

Foto: JTB

Gleich mit seiner allerersten Inszenierung etablierte er eine Arbeitsweise, die das Junge Theater bis heute beibehalten hat: Die Rollen von Kindern besetzte Tromm in vielen seiner Inszenierungen mit Kindern im Alter der Figuren, die gemeinsam mit dem professionellen Ensemble auf der Bühne standen. Inhaltlich setzte der Intendant auf eine ausgewogene Mischung: Die neuen Stücke aus dem Grips-Theater brachte er ebenso auf die Bühne wie klassische und moderne Märchen, aber auch Klassiker der Theaterliteratur. Zehn Jahre später mietete die Stadt Bonn das ehemalige Rheingold-Kino in Beuel in der Hermannstraße an und stellten es Tromm und seiner Truppe zur Verfügung.

Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich

Eine zentrale Rolle spielte für den Vollblut-Theatermann immer die Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich und dem Holocaust. Stücke wie „Das Tagebuch der Anne Frank“, „Draußen vor der Tür“, „Biedermann und die Brandstifter“ oder die Uraufführung von „Auf Wiedersehen Kinder“ sind nur vier von vielen Titeln, die sich damit beschäftigten, wie all das Schreckliche geschehen konnte, und was erfolgen muss, damit sich so etwas nie wiederholt.

2003 gab das Ehepaar Tromm die Theaterleitung aus gesundheitlichen Gründen ab. Helmut Tromm verstarb kurz vor seinem 85. Geburtstag am 4. Mai 2007.

Die Intendanz übernahm Moritz Seibert, als das Theater kurz vor der Insolvenz stand. Mit seinen Ideen und durch ein verstärktes Engagement lokaler Unternehmen, insbesondere der Telekom, wuchs die Auslastung. So konnte das Theater auf eine solide Basis gestellt werden. 150.000 Zuschauer in einer Spielzeit machten es zum am besten besuchten Kinder- und Jugendtheater, wie der Deutsche Bühnenverein veröffentlicht hat. Zum Vergleich: 107.000 Besucher hatte das zweitplatzierte Theaters. Die jungen Rollen werden in vielen Produktionen weiterhin von Kindern und Jugendlichen gespielt, die dafür sorgfältig gecastet, professionell angeleitet und gefördert werden.

Junges Theater Bonn plant drei Uraufführungen im Herbst

Drei neue Stücke wird das Junge Theater Bonn von September bis November 2022 herausbringen, um auch im Herbst für jede Altersgruppe mindestens ein neues Stück anbieten zu können. „Alle drei Premieren sind zugleich auch Uraufführungen“, sagt Intendant Seibert. Am Samstag, 3. September, eröffnet das JTB die Spielzeit im Telekom-Forum mit der Uraufführung von „Woodwalkers – Carags Verwandlung“. Das Theaterstück basiert auf den ersten Bänden der erfolgreichen Romanreihe von Katja Brandis.

Ende Oktober folgt dann die Premiere von Max Kruses „Urmel aus dem Eis“. Das seit Jahrzehnten beliebte Kinderbuch wurde jetzt zum 100. Geburtstag seines Autors ganz neu für die Bühne bearbeitet.

Die Vorlage für die dritte Uraufführung stammt vom amtierenden Vizekanzler Robert Habeck und seiner Frau Andrea Paluch: „Ruf der Wölfe“ lautet der Titel des spannenden Romans für Jugendliche, den das JTB am 25. November auf seiner Studiobühne im Kuppelsaal der Thalia-Buchhandlung zum ersten Mal aufführen wird. Damit kehrt das JTB auch an seine zweite Spielstätte zurück. Das Bonner Spendenparlament unterstützt diese Produktion mit einer großzügigen Förderung.

Außerdem stehen auf dem Spielplan bis Ende 2022 „das NEINhorn“, „Der Grüffelo“ und „Pettersson und Findus“ für die jüngsten Theatergäste, „Die Schule der magischen Tiere“ und „die unendliche Geschichte“ für ältere Kinder sowie „Der Trafikant“, „Geheime Freunde“ und „Das letzte Aufgebot“ für Jugendliche und Erwachsene. Fast 150 Vorstellungen spielt das Ensemble aus dem Repertoire bis Silvester 2022.

Weitere Informationen zu Spielplänen und Tickets gibt es auf der Homepage des Theaters.

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