Interview mit dem Beueler Bezirksbürgermeister „Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen“

Beuel · Am Mittwoch tagt die Bezirksvertretung Beuel zum ersten Mal in diesem Jahr. 2017 will der Stadtbezirk wichtige Themen in den Bereichen Wohnungsbau und Verkehrsentwicklung voranbringen. Über die Projekte sprach Bezirksbürgermeister Guido Déus mit Holger Willcke.

 Guido Déus ist seit 2014 Bezirksbürgermeister in Beuel.

Guido Déus ist seit 2014 Bezirksbürgermeister in Beuel.

Foto: Max Malsch

Zunächst ein Blick zurück: Welches Thema hat Sie 2016 als Bezirksbürgermeister am meisten beschäftigt?

Guido Déus: Die Unterbringung der Flüchtlinge im Stadtbezirk Beuel. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Konzentrierung in Vilich-Müldorf und Pützchen hat zurecht zu viel Unmut in der dortigen Bevölkerung geführt. Ich musste sehr viele Gespräche führen, um letztlich eine verträgliche Aufteilung auf den gesamten Stadtbezirk zu organisieren.

Was ist aus Ihrer Sicht das drängendste Problem, das 2017 im Stadtbezirk gelöst werden muss?

Déus: Verlorenes Vertrauen in städtische Bürgerbeteiligung zurückzugewinnen und wichtige Bau- und Verkehrsprojekte voranzutreiben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Auseinandersetzungen bezüglich der künftigen Nutzung der Landwirtschaftskammer NRW. Wir dürfen nicht immer nur davon reden, dass wir Wohnungsbau für alle Bevölkerungsschichten brauchen, wir müssen gut durchmischte Wohnstrukturen und die dafür notwendige Infrastruktur schaffen.

Was braucht es dazu?

Déus: Dazu bedarf es einer offenen und ehrlichen Kommunikation mit den Bürgern. Und wir dürfen nicht weiter planlos akzeptieren, im Dauerstau zu stehen. Hier muss man in Generationen und weder ideologisch noch kurzfristig denken. Des Weiteren ist es mir wichtig, in Sachen Flüchtlingsintegration die nächsten Schritte zu tun und die Anstrengungen hierzu nicht hintanzustellen, nur weil die Zuwanderungszahlen derzeit rückläufig sind. Mich treibt dieses Thema weiter um.

Wie wollen Sie den Engpass für die Stadtbahnlinie 66 in Höhe des Alten Friedhofs beseitigen?

Déus: Das wird vermutlich nur dann klappen, wenn die angrenzende Friedhofsfläche reduziert wird, was natürlich ein sehr sensibles Thema ist. Zudem müssen private Hauseigentümer angrenzend an den Friedhof und bis zur L 16 überzeugt werden, eine Neuplanung mitzutragen und in diesem Zuge einige Häuser niederzulegen, auch kein leichtes Unterfangen. Aber nur so kann es gehen, und es wäre ein bedeutender Schritt für die Förderung der ÖPNV-Verkehrstrasse zwischen Bonn und Siegburg, die einzige Schwachstelle zu beseitigen, wo der Stadtbahn eine eigene Spur fehlt.

Was bedeutet das Jubiläum „650 Jahre Pützchens Markt“ für den Stadtbezirk?

Déus: Für Beuel wird es der Höhepunkt in 2017 und für mich persönlich der Höhepunkt in der Mitte meiner sechsjährigen Bürgermeister-Amtszeit sein. Und um hier für die Bevölkerung die richtigen Akzente zu setzen, habe ich mich aktiv in die Planungen mit eigenen Ideen eingebracht. Das Programm wird hoch attraktiv und allen Bevölkerungsgruppen zugänglich sein – nicht nur geladenen „Promis“ im Superwahljahr 2017. Die Beteiligung des Beethoven Orchesters, die Teilnahme von Kölns Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und der Band Brings sowie ein mit Musik untermaltes Höhenfeuerwerk wie bei Rhein in Flammen sind hier nur einige Highlights – alles wird noch nicht verraten. Wichtig ist mir aber auch die Einbeziehung des Freundeskreises Pützchens Markt, der ebenso tolle Aktionen plant.

Was halten Sie von der Absicht, die Rheinaue komplett unter Denkmalschutz zu stellen?

Déus: Die Rheinaue ist die grüne Lunge Bonns und muss als solche geschützt werden, das gilt für die Bonner wie für die Beueler Seite. Aber wir sollten uns in den Randbereichen auch nicht aller grundsätzlich denkbaren baulichen Möglichkeiten nehmen oder erschweren lassen. Die derzeitigen Pläne würden auch den Bonner Bogen unter Denkmalsschutz stellen, das halte ich nicht für sinnvoll. Selbst nach Umsetzung des Rhein-Palais reden wir noch über Freiflächen, auf denen auch ein Betriebskindergarten oder eine im Beueler Süden dringend erforderliche Jugendeinrichtung möglich wären. Diese Chancen sollten wir uns nicht erschweren lassen.

Wer wird Ihnen bei der Verteidigung des Rathauses an Weiberfastnacht helfen und wie sieht Ihre Verteidigungsstrategie aus?

Déus: Meine Verteidigungsstrategie offenlegen? Bestimmt nicht. Aber ich bin in enger Abstimmung mit OB Ashok Sridharan und es wird „Unterstützungstruppen“ geben, wie sie Beuel noch nicht gesehen hat. Zudem hoffe ich, mithilfe des GA mein Ziel umsetzen zu können, den Beueler Weiberfastnachtszug und den Rathaussturm erstmals als Livestream im Netz anbieten zu können. Sponsoren hierfür sind gefunden. Aus unserem Alleinstellungsmerkmal Weiberfastnacht können wir noch mehr machen.

Ist das Problem mit der Anhebung der Mieten für städtische Immobilien durch Vereine gelöst?

Déus: Gelöst ist es erst, wenn wir die Verhandlungsergebnisse der Verwaltung mit den betroffenen Vereinen vorgelegt bekommen und dann verantwortungsvolle Beschlüsse dazu gefasst haben. Ich bleibe dabei: Wir müssen jeden Einzelfall betrachten und dürfen nicht das Risiko eingehen, die Vereine zu überfordern. Die Beueler Vereinslandschaft ist der „Kitt“, der die Gesellschaft zusammenhält.

Wann beginnt die Neugestaltung der Königswinterer Straße?

Déus: Wenn die Planungsverwaltung uns eine Beschlussvorlage macht, die wir inhaltlich mittragen können. Straßengestaltung, Fahrradwege und Baumalleen beschließt man erst, wenn die wichtigen Grundsatzentscheidungen getroffen sind. Hierzu gehören für mich ein Kreisverkehr an der Siegburger Straße, eine überzeugende Busbahnhofslösung und abgeschlossene Gespräche mit den vor Ort betroffenen Gewerbebetrieben als zwingende Voraussetzung. Aber die nötigen Beschlüsse sollten alle in 2017 fallen.

Wird 2017 mit dem Bau des Kreisverkehrs an der Kreuzung Pützchens Chaussee/Oberkasseler Straße begonnen?

Déus: Ich hoffe ja. Diese Baumaßnahme ist zur Entlastung der Löwenburgstraße im morgendlichen Berufsverkehr dringend erforderlich. Bezirksvertretung und Rat haben entsprechende Beschlüsse gefasst. Jetzt muss die Verwaltung die notwendigen Vorbereitungen für den Baustart liefern.

Warum haben die Bürger so lange nichts mehr von der geplanten Neugestaltung der Friedrich-Breuer-Straße erfahren?

Déus: Weil es bezüglich der planerischen Vorstellungen zwischen Verwaltung, Politik und Handel noch keine Einigung gibt. Teilweise sind die Forderungen sehr extrem. Sie reichen von der Schaffung einer Fußgängerzone bis hin zur Abschaffung aller Parkplätze. Uns liegt die Auswertung der Bürger-Werkstatt noch nicht vor. Deshalb kommen wir derzeit mit dem Thema auch nicht weiter.

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