70 Jahre Lobbyarbeit für Umweltschutz und Stadtklima Birken und Buchen sind Verlierer unter den Stadtbäumen
Bonn · Der „Heuss-Ahorn“ am Hofgarten hat in 70 Jahren eine prächtige Größe erreicht. Wie wichtig solche Bäume sind, rückt die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald jedes Jahr am „Tag des Baumes“ ins Bewusstsein.
Bunte Bänder flattern im Wind, die Kinder der Michaelschule aus dem Musikerviertel stimmen laut ein „Happy Birthday“ an und applaudieren kräftig: Am 25. April 1952 pflanzte der damalige Bundespräsident Theodor Heuss medienwirksam den heute prächtigen Bergahorn im Hofgarten. Seither erinnert die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) jährlich im April mit dem „Tag des Baumes“ daran, wie wichtig ein intakter Wald und gesunde Bäume für den Umweltschutz und das Stadtklima sind. Zum 70. Tag des Baumes hatte die SDW am Montag unter das Blätterdach des „Heuss-Ahorns“ eingeladen.
Damals formulierte die SDW das Ziel für die Zukunft folgendermaßen: In jeder Gemeinde und Schule sollen der Bevölkerung und insbesondere der Jugend durch symbolische Pflanzungen und Veranstaltungen die hohe Bedeutung des Baumes nähergebracht werden. Inzwischen ist der Tag des Baumes eine der größten und erfolgreichsten Mitmachaktionen im Baum- und Waldschutz. Millionen Bäume wurden seither am 25. April gepflanzt.
Während 1952 durch die bundesweit beachtete Pflanzaktion des Bundespräsidenten auf die Folgen des Waldverlustes durch den Krieg und eine intensive Holznutzung aufmerksam gemacht wurde, kämpfen Wald und Stadtbäume heute mit ganz anderen Problemen. Trockenheit, Klimawandel und Krankheiten setzen vielen Bäumen zu.
Trotz seines langen Lebens geht es dem Bergahorn im Hofgarten offensichtlich immer noch gut. Das liegt an seinem Alter. „Große und alte Bäume kommen mit den Klimaveränderungen besser klar“, sagt Thomas Pätzold vom Amt für Umwelt- und Stadtgrün. Im Gegensatz zum Nachwuchs, denn junge Ahornbäume seien anfällig für die Rußrindenkrankheit.
Mehr als 100.000 Stadtbäume wachsen derzeit in Bonn. Etwa 650 bis 700 werden pro Jahr nachgepflanzt. „Damit werden mehr Stadtbäume gepflanzt als gefällt“, betont Pätzold. Klimawandel, Trockenheit und Umwelteinflüsse haben jedoch längst Spuren hinterlassen. „Wir legen Wert auf eine breite Streuung“, erklärt Pätzold. Damit würden Artenvielfalt und Biodiversität gefördert, die das Stadtklima nachhaltig beeinflussen.
So setzt die Stadt auf Hopfenbuchen, Linden, Feldahorn und Eichen, denn sie kommen mit den Veränderungen gut zurecht. „Birken und Buchen sind jedoch die Verlierer“, so der Abteilungsleiter im Amt für Stadtgrün.
„Bäume sind die Freunde der Stadtverwaltung“, erklärte Bürgermeisterin Ursula Sautter den Grundschulkindern. „Sie filtern die Luft, speichern Wasser und spenden uns Schatten.“ Davon musste sie die Erst- und Zweitklässler nicht überzeugen. Denn alle Kinder haben einen Lieblingsbaum. Während Lukas den Kirschbaum im Garten toll findet, freut sich Marie jedes Jahr auf die Blüte der heimischen Magnolie. Apfelbaum, Kastanie und Mammutbaum stehen bei den Kindern aus der Weststadt ebenfalls hoch im Kurs. „Und alle Bäume, auf die man klettern kann“, waren sich zwei Jungs einig. Damit sie nicht nur etwas über die Bäume lernen, sondern das komplexe Ökosystem Wald erkennen, erkundeten die Schüler der Michaelschule auf einem eigens im Hofgarten eingerichteten Waldlehrpfad die Tiere.
Mit dem Tag des Baumes verfolgt die SDW das Ziel, darauf aufmerksam zu machen, wie wertvoll Bäume für Mensch und Umwelt sind. Der Aktionstag soll motivieren, sich aktiv für den Wald einzusetzen und etwas für die Bäume zu tun. Die Idee kommt aus den USA und wurde dort als jährlicher „Arbor Day“ vor 150 Jahren von Julius Sterling Morton initiiert, der im waldarmen Nebraska lebte. Am 10. April 1872 pflanzten erstmals Bewohner und Farmer mehr als eine Million Bäume. Kaum zwei Jahrzehnte später hatte sich dieser Gedenktag für die Zukunft in allen Staaten der USA verbreitet.
Eigentlich feierte der prächtig geschmückte Bergahorn im Hofgarten gestern jedoch nicht erst seinen 70. Geburtstag. „Nein“, sagte Thomas Pätzold. „Der ist bereits 77 Jahre alt.“ Denn bevor er damals vom Bundespräsidenten in die Erde gesetzt wurde, war der Setzling bereits sieben Jahre lang in einer Baumschule gezogen worden. Doch auch für 77 Jahre hat er sich gut gehalten, waren sich die Geburtstagsgäste einig.