Feiern ohne Kopfschmerzen? Das raten Bonner Mediziner gegen den Kater an Karneval

Bonn · Erst kommt der Karneval, dann der Kater. Viele Jecken dürften das kennen. Was wirklich gegen die Kopfschmerzen nach dem Trinken hilft, wissen zwei Bonner Mediziner.

Das Bier gehört für viele Jecken einfach zum Karneval dazu.

Das Bier gehört für viele Jecken einfach zum Karneval dazu.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Es dauerte eine Weile, bis Apothekerin Uta Freieck herausfand, was los war. Ungewöhnlich viele Leute wollte plötzlich das Arzneimittel Elotrans kaufen. Aus dem Pulver lässt sich eine Elektrolyt-Lösung (siehe Infobox: Elektrolyte) anrühren, die dabei helfen soll, Salz- und Flüssigkeitsverlust auszugleichen, der etwa bei starkem Durchfall entsteht. Später erfuhr sie von einem Kollegen, warum das Mittel so gefragt war.

In den sozialen Netzwerken TikTok und Instagram hatten Leute im Jahr 2022 dafür geworben, es nach dem Feiern zu nehmen. „Ihr werdet nie mehr einen Kater haben, wenn ihr das vor dem Schlafengehen einnehmt, vertraut mir!“, hieß es etwa. Es entstand ein regelrechter Hype: Bilder von der Verpackung des Präparats wurden auf T-Shirts gedruckt, die gab es angeblich auch am Ballermann auf Mallorca zu kaufen.

„Auf einmal gab es das Präparat nicht mehr“, sagt Freieck. „Das war nicht mehr lustig.“ Müttern, die es kaufen wollten, weil ihre Kinder Durchfall hatten, konnte sie nicht weiterhelfen. Gleiches galt für ältere Menschen, die das Mittel öfter brauchen.

Davon berichtet auch Apothekerin Gabriele Niehüsener, versehen mit dem Hinweis, dass diese Situation für Kinder und Ältere durchaus schwierig sei. Dass in den sozialen Netzwerken ein Hype wie um Elotrans entsteht, hat sie ebenfalls bei einem anderen Medikament festgestellt. TikTok-Nutzer berichteten davon, dass sie mithilfe von Ozempic, einem Diabetes-Arzneimittel, abgenommen hätten. Zu ihnen zählte auch Tech-Milliardär und Twitter-Chef Elon Musk. Die Folgen waren die gleichen wie bei Elotrans: das Medikament war für die, die es brauchen, nur noch schwer zu bekommen.

Etwas gegen den Kater selber mischen

„Der Kater ist ein Luxusproblem“, sagt Niehüsener. Sie verstehe das Bedürfnis, dass Leute etwas dagegen unternehmen wollen, hält es aber für unverantwortlich, dafür Elotrans oder ähnliche Präparate zu nutzen. Elotrans enthält Traubenzucker, Natriumchlorid, Natriumcitrat und Kaliumchlorid. Diese Stoffe lassen sich dem Körper auch anders zuführen, sagt Niehüsener und empfiehlt Bananen, die viel Kalium enthalten, oder einfach Salzstangen.

Und sie hat noch einen Tipp, jeder könne sich Elektrolyt-Lösung zu Hause selber mischen. Und so geht’s: stilles Mineralwasser, einen knappen Teelöffel Kochsalz und sieben bis acht Teelöffel Traubenzucker (ersatzweise Haushaltszucker) mischen. Zwei Liter der Lösung über den Tag verteilt trinken. Wer möchte, kann statt Wasser auch Kräuter- oder Früchtetee verwenden. „Das kostet nichts und man braucht nicht mal in die Apotheke zu rennen“, sagt Niehüsener.

Mit den Folgen des Alkoholkonsums hat auch Matthias Seidel zu tun, der Oberarzt im Notfallzentrum der Uniklinik ist. Er geht davon aus, dass sich dort an Karneval einige Jecken einfinden werden. Dafür seien er und die Kollegen aber gewappnet. „In den letzten drei Jahren war nicht so viel los, da kommt jetzt sicher etwas mehr“, sagt der Mediziner. Aber das sei sicher kein Vergleich zur Kölner City, wo er auch mal gearbeitet hat. „Da ist es extrem“, sagt Seidel.

Er versorgt nicht nur die Leute, die es beim Feiern übertrieben haben, sondern weiß auch, wie der Kater am nächsten Morgen entsteht. „Der resultiert vor allem aus dem Verlust an Flüssigkeit“, sagt Seidel. Wer feiern war, dem empfiehlt er vor dem Schlafen noch eineinhalb Liter Wasser zu trinken, um etwas gegen den Kater zu unternehmen.

Das Zwiwa kann helfen

Sein Kollege Hans-Peter Reuters, der auf der anderen Seite des Rheins als leitender Arzt der Notaufnahme im Beueler St. Josef Hospital arbeitet, hat noch einen weiteren Tipp: das Zwiwa. Den Begriff hat er kürzlich kennengelernt. Zwischendurch etwas Wasser zu trinken, kurz Zwiwa, könne er wärmstens empfehlen, um dem Kater vorzubeugen. „So lässt sich verhindern, dass der Körper austrocknet“, sagt er.

Zwischendurch mal eine Cola oder andere zuckerhaltige Getränke können laut Reuters auch gegen den Kater helfen. Salzverluste ließen sich über Salzstangen oder gesalzene Nüsse ausgleichen. Zum Frühstück am Tag nach dem Feiern empfiehlt Reuters etwas Leichtes, Müsli oder Obst – auch wegen der Vitamine. „Wem übel ist, der sollte auf Schmerztabletten und Kaffee verzichten, die reizen den Magen noch weiter“, sagt Reuters.

Einig sind sich die beiden Ärzte in zwei weiteren Punkten: frische Luft und ein bisschen Bewegung können gegen den Kater helfen. Und das Konterbier ist Quatsch. „Das schmeckt nicht und verschiebt den Kater nur“, so Seidel. Beide sagen auch, Ratschläge wie „Bier auf Wein, das lass sein“ könne man ignorieren. Die Reihenfolge spiele keine Rolle. Wie schlimm der Kater ausfällt, hänge eher damit zusammen, wie viel Alkohol jemand trinkt. Nicht klar ist Reuters zufolge, ob Getränke mit vielen Aromastoffen – wie Whiskey – eher dazu führen, dass der Kopf schmerzt.

Die beiden Mediziner feiern übrigens selbst gerne Karneval und haben sich nach eigener Aussage noch nie als Arzt verkleidet. Ihren Ratschlägen kann Apotheker Peter Piel noch einen Tipp hinzuzufügen: weniger trinken. Denn, so Piel: „Das Saufen ist eh nicht gesund.“

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