Hilfe bei Sucht Bonner Verein berät Eltern drogenabhängiger Kinder

Bonn · Fast die Hälfte der Eltern in Deutschland hat Kinder, die in der Pubertät Drogen konsumieren. Der Bonner Verein Arwed hat einen neues Angebot gegründet, bei dem Eltern über ihre drogengefährdeten und abhängigen Kinder sprechen können.

 Zusammen mit Einrichtungen und Gruppen aus der Sucht- und Selbsthilfe informiert die Arbeitsgemeinschaft der Rheinisch Westfälischen Elternkreise drogengefährdeter und abhängiger Menschen auf dem Münsterplatz über die Kampagne "frag Eltern" und den neuen Elternkreis für Betroffene aus Bonn.

Zusammen mit Einrichtungen und Gruppen aus der Sucht- und Selbsthilfe informiert die Arbeitsgemeinschaft der Rheinisch Westfälischen Elternkreise drogengefährdeter und abhängiger Menschen auf dem Münsterplatz über die Kampagne "frag Eltern" und den neuen Elternkreis für Betroffene aus Bonn.

Foto: Sebastian Flick

Laut Statistik haben 47 Prozent der Eltern in Deutschland Kinder im Alter der Pubertät, die Drogen konsumieren. Betroffene Eltern sprechen in der Öffentlichkeit in der Regel nicht über die Sucht ihrer Kinder – zu groß sind Scham- und Schuldgefühle. Doch der Drogenkonsum von jungen Menschen hat nur sehr begrenzt etwas mit „Erziehungsversagen“ zu tun. Ein Erfahrungsaustausch unter betroffenen Eltern kann dazu beitragen, die Sucht des eigenen Kindes besser zu verarbeiten.

Die Arbeitsgemeinschaft der Rheinisch-Westfälischen Elternkreise drogengefährdeter und -abhängiger Menschen in NRW (Arwed) hat anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens die Kampagne „frag Eltern“ ins Leben gerufen. „Wir gehen als betroffene Eltern auf die Straße, weil wir uns nicht mehr verstecken wollen. Die Krankheit unserer Kinder soll genauso anerkannt werden, wie andere Krankheiten auch“, sagt Anja Woweries, stellvertretende Vorsitzende von Arwed.

Am Montag stellte Arwed die Kampagne „frag Eltern“ auf dem Münsterplatz vor. Unterstützung gab es von verschiedenen Einrichtungen und Gruppen aus der Sucht- und der Selbsthilfe. Neben der Arwed waren auch die Ambulante Beratung der Pauke Bonn-Rhein-Sieg, Der Paritätische NRW, die Aids-Initiative Bonn und die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bonn vor Ort, um über Hilfsangebote und Wege aus der Sucht zu informieren. Es bestand auch die Möglichkeit, direkt mit betroffenen Eltern ins Gespräch zu kommen.

„Wir hatten von der Sucht nichts mitbekommen“

Einige erinnerten sich, wie sie von der Drogensucht ihres Kindes erfuhren: „Urplötzlich war die Nachricht da. Wir hatten von der Sucht nichts mitbekommen. Ich hatte es erst erfahren, nachdem mein Sohn einen Autounfall hatte und ihm wegen Fahrens unter Drogeneinfluss der Führerschein abgenommen wurde. Die Nachricht war der Hammer“, berichtete ein betroffener Vater. Verschiedene Entgiftungen und Therapien habe sein Sohn seither gemacht. „Neunmal ist er mit dem Notarzt abgeholt worden. Zweimal hatte er nur knapp überlebt“, berichtet der Vater, der sich einem der landesweit über 50 Elternkreise von Arwed angeschlossen hat, um seine Erfahrungen mit anderen Müttern und Vätern drogenabhängiger Jugendlicher zu teilen.

Ende April wird erstmals auch in Bonn ein selbstgeführter Elternkreis gegründet. Die Selbsthilfegruppe „Elternkreis drogengefährdeter und -abhängiger Jugendlicher Bonn“ befindet sich derzeit noch im Aufbau. Horst-Dieter Müller, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender von Arwed, ist der Initiator: „Seit drei Jahren besuche ich den Elternkreis in Köln, weil es in Bonn bisher keinen gab“, berichtet Müller. Wie dringend erforderlich weitere Elternkreise sind, zeigten die steigenden Zahlen junger drogenabhängiger Menschen.

Drogen als Lifestyle-Produkte

„Drogen sind mittlerweile in der Gesellschaft so präsent, dass Kinder schon mit 13, 14 Jahren mit ihnen in Kontakt kommen. Sie sind mittlerweile zu einem Lifestyle-Produkt geworden“, berichtet Christiane Erbel, erste Vorsitzende von Arwed. Illegale Drogen wie Cannabis, Ecstasy oder Crystal Meth seien heutzutage so leicht zugänglich, dass Kinder in der Schule vor den dramatischen Folgen des Konsums gewarnt werden sollten. Auch die Doppeldiagnose ist immer häufiger ein Thema: Nicht selten kommt es vor, dass mit der Suchterkrankung eine psychische Erkrankung einhergeht.

In den Elternkreisen geben betroffene Angehörige ihre Erfahrungen weiter und möchten Mut machen, das Thema Sucht und Drogenkonsum öffentlich zu machen. „Die Teilnehmer fühlen sich besser verstanden, wenn sie mit Gleichgesinnten sprechen und können hier alles fallen lassen. Das ist eine ungeheure Erleichterungserfahrung“, sagt Erbel. Der neue Elternkreis drogengefährdeter und abhängiger Menschen Bonn lädt am 26. April um 18 Uhr erstmals betroffene Eltern zu einem Austausch in die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bonn, Lotharstraße 95, ein.

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