Fahrradklima fast mangelhaft Bonn schneidet beim ADFC-Test schlecht ab

Bonn · Bonn landet bei der Beurteilung der Situation für Radfahrer nur noch im unteren Mittelfeld. Die Befragten bemängeln vor allem fehlende Sicherheit im Verkehr.

Besonders schlecht sieht es auch bei der Baustellenführung, Fahrraddiebstählen und der Mitnahme von Rädern in Bus und Bahn aus. Das Fahrradklima in Bonn ist gerade noch ausreichend, wenn man dem Test des Allgemeinen Fahrradclubs (ADFC) glaubt. Denn die Bundesstadt liegt unter dem Bundesdurchschnitt, obwohl sie sich den Titel „Fahrradhauptstadt 2020“ gegeben hat. „Dieser Titel ist nicht zielführend und ungünstig gewählt“, sagte der Bonner Verkehrsdezernent Helmut Wiesner am Freitag bei der Vorstellung der Ergebnisse. Besonders schlecht sieht es bei der Baustellenführung, Fahrraddiebstählen und der Mitnahme von Rädern in Bus und Bahn aus. Gut werden dagegen die für Radler in beide Richtungen geöffneten Einbahnstraßen und das Angebot von öffentlichen Leihrädern bewertet.

Autofahrer nutzen häufig die Fahrradschutzstreifen

Seit 2012 werden Verkehrsteilnehmer alle zwei Jahre nicht repräsentativ vom ADFC befragt, wie sie 27 einzelne, fahrradspezifische Kriterien bewerten (siehe „Noten für das Fahrradklima“). Die Kommunen werden dabei nach ihrer Größe eingeteilt, Bonn in die Gruppe mit 200 000 bis 500 000 Einwohner. Die etwa 1160 Teilnehmer in Bonn – knapp doppelt so viele wie zuletzt – vergaben Schulnoten von 1 bis 6. Bonn landet mit einem Durchschnitt von 4,2 im unteren Mittelfeld. Das beste Ergebnis in der Gruppe erzielte Karlsruhe mit 3,1. Münster, die oft als fahrradfreundlichste Stadt in NRW betitelt wird, bekam die Note 3,3.

„Mir zeigt das, dass wir gar nicht so schlecht dastehen“, sagte Wiesner. Für ihn sage die Note nichts aus, weil viele Verbesserungen gar nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen würden. Zudem sei man in den vergangenen beiden Jahren nicht untätig gewesen und wolle bis 2022 insgesamt 14 Millionen Euro in den Mobilitätssektor investieren. Beispielsweise in Fahrradparkhäuser, um die Räder vor Diebstahl zu schützen. Der großangelegte Umbau der Viktoria-Unterführung samt Rampen werde zu einer wichtigen Querverbindung. Radschnellrouten durch die Rheinaue, die mindestens vier Meter breit sind, sollen Pendler zum Umstieg aufs Rad animieren. „Doch das Umsteigen fällt vor allem schwer, weil das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr nicht ausreicht“, sagt Werner Böttcher vom ADFC. Das hätten die vielen individuellen Kommentare gezeigt, die die Teilnehmer zusätzlich zu der Benotung hinterließen. Demnach nutzten Autofahrer häufig die Fahrradschutzstreifen, gerade in Baustellen sei die Verkehrsführung katastrophal. „Ich möchte gerne die Stadtratsmitglieder einmal quer durch die Stadt schicken, gemeinsam mit Kindern unter sieben Jahren“, schrieb ein Teilnehmer. Moniert wurde auch die mangelnde Gleichberechtigung von Auto- und Radfahrern.

Wiesner nimmt Kritik ernst

„Dem Radverkehr muss mehr Platz eingeräumt werden“, fordert Anette Quaedvlieg. Die ADFC–Vorsitzende bemängelt die Glaubwürdigkeit der Stadt. „Die Fahrradfahrer sind enttäuscht, dass es nicht vorangeht, obwohl immer wieder Versprechungen gemacht werden.“ Die Entscheidung, die Mitnahme von Rädern im ÖPNV einzuschränken, habe für einen regelrechten Aufschrei gesorgt.

Die Punkte, die der ADFC nun kritisiert, nimmt Wiesner ernst. „Die Verkehrswende ist 2020 nicht zu Ende, es gibt noch viel zu tun.“ Gerade was dem ÖPNV angehe, weil die Stadt dabei „an ihre Kapazitätsgrenzen“ gerate. Jüngste Taktverdichtungen hätten zwar für Entspannung gesorgt, aber genug Platz für Fahrräder gebe es immer noch nicht.

„Um teure Infrastrukturmaßnahmen kommen wir nicht herum“, so Wiesner. Dazu gehörten nicht nur mehr Gleise in der Nord-Südverbindung, sondern auch die S-Bahn-Planung in der ganzen Region. „Alleine wenn innerhalb der Stadt mehr Bahnen fahren sollen, brauchen wir auch mehr Wagen.“ Wiesners Verkehrsplaner schätzen die Zahl auf derzeit 18.

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