Bonner Energietag: Der Strom kommt vom Dach

Umweltfreundliche Energie-Systeme sind in Privathaushalten selten - Beratung auf dem Münsterplatz

Bonner Energietag: Der Strom kommt vom Dach
Foto: Volker Lannert

Bonn. Ein Blick über die Stadt Bonn: Mit Solarworld hat ein weltbekanntes Unternehmen für regenerative Energien hier seinen Sitz, das UN-Klimasekretariat liegt vor der Tür und tausende Konferenzteilnehmer kommen zu einer Klimakonferenz nach Bonn.

Nach Leuchtturm-Projekten im Bereich der umweltfreundlichen Energien muss man in der Bundesstadt nicht lange suchen. Und doch findet sich in Bonns Privathäusern kaum Öko-Technik - zum Bedauern von Joachim Helbig, der im neunten Stock des Stadthauses sitzt.

Bei der Frage, welche umweltfreundliche Energien die Bonner denn nutzen können, zückt der Mitarbeiter des Umweltamtes gleich mehrere dicke Ordner. Die Liste neuer technologischer Entwicklungen ist lang - und auf den ersten Blick für viele zu kompliziert. Aber was am Ende des Gesprächs herauskommt, lässt sich leicht auf den Punkt bringen: Öko-Energie schont die Umwelt und gleichzeitig das eigene Portemonnaie, betont der Fachmann. Wie das geht, erfahren die Besucher am Samstag beim Energietag auf dem Münsterplatz.

"Die Stadt hat seit 1995 Fotovoltaikanlagen gefördert und ist damit deutschlandweit einer der Vorreiter gewesen", sagt der städtische Umweltexperte. Für jede Kilowattstunde gab es damals Geld, bis drei Jahre später das Erneuerbare Energiengesetz kam und das Projekt ablöste. Eine der ersten Anlagen entstand an der Siemensstraße - gebaut von Frank Asbeck, Chef von Solarworld.

Die Stadt selbst hat mittlerweile 53 Fotovoltaik-Anlagen, größtenteils auf Schuldächern, errichten lassen. Zusammengezählt gibt es rund 400 private Anlagen, die insgesamt drei Megawatt elektrische Leistung bringen - was etwa für 850 Vier-Personen-Haushalte reicht und weniger als ein Prozent der gesamtstädtischen Energieleistung ist.

Auf etwa 17 500 Euro schätzt der Umweltexperte die Kosten für eine Anlage, wenn sich eine Familie allein mit Solarstrom versorgen will. Allerdings: Das ist nur ein Rechenbeispiel, denn der Ökostrom fließt ins allgemeine Stromnetz; man versorgt sich also nicht selbst, sondern wird ausbezahlt.

Anders ist es bei Solar-Thermie-Anlagen, die warmes Wasser im eigenen Haus erzeugen. Vereinfacht gesagt funktioniert dies so: Ein wasserähnliches Gemisch fließt per Kupferrohr durchs Haus, immer entlang von Sonnenkollektoren, die auf dem Dach installiert sind. Die Kollektoren erhitzen das Wasser für das Bad und per Zusatz auch für Heizungen.

Falls es nicht reicht, wird künstlich erhitzt. Rund 60 Prozent des Jahreswarmwasserbedarf könnten mit solch einer Anlage gedeckt werden, so Helbig. Die Stadt fördere dies seit 2007 mit 100 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche.

Rund 1 000 Anlagen gibt es in Bonn. Doch auch hier ist der Energie-Anteil am Gesamtstrom, ähnlich wie bei Fotovoltaik-Anlagen, noch verschwindend gering. Eine komplette Anlage koste rund 5 000 Euro, mit einer Heizungsunterstützung rund 8 000 Euro im Durchschnitt, schätzt der Experte.

Nicht vom Dach, sondern aus der Erde kommt die Öko-Energie, die Helbig mit dem Fachbegriff "Geothermie" umreißt. Dabei werden sogenannte "Erdwärmesonden" bis zu 120 Meter in die Tiefe gelegt. Im Winter wird warmes Wasser nach oben gepumpt. Im Sommer dagegen können mit dem hochgepumpten Wasser die Räume gekühlt werden. Allein 16 große Unternehmen nutzen dieses System, um ihre Bürogebäude zu kühlen, so Helbig.

"Aber auch für private Haushalte ist solch eine Technik interessant." 200 Bonner Familien haben sich solch eine Anlage bereits bauen lassen, "Tendenz stark steigend". Solch eine Anlage koste rund 20 000 Euro, um den kompletten Heiz- und Warmwasser-Haushalt zu decken.

Auch wenn nur ein paar hundert Haushalte eine dieser Öko-Anlagen nutzen, steckt viel Potenzial im Bereich der umweltfreundlichen Energien, ist sich Helbig sicher. Um den Bonnern die Öko-Anlagen schmackhaft zu machen, plant die Stadt ein Solardach-Kataster.

Per Internet kann dann jeder prüfen, inwiefern sein Haus für umweltfreundliche Energien geeignet ist und wie viel er durch eine Öko-Anlage sparen kann. Osnabrück hat bereits solch ein Kataster, berichtet Helbig. Das Ergebnis: "Die privaten Haushalte könnten zu 100 Prozent ihre Energie durch Fotovoltaik-Anlagen decken."

Bonner Energietag: Am Samstag gibt es von 10 bis 16 Uhr auf dem Münsterplatz Vorträge und Beratung zu Energieeinsparung und Klimaschutz.

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