Exoten breiten sich in Bonn aus Alexandersittiche verdrängen Halsbandsittiche in Bonn

Poppelsdorf · Alexandersittiche erobern Bonn und machen ihren kleineren Verwandten, den Halsbandsittichen, Konkurrenz. Die Bonner Ornithologin Esther Koch geht von 30 Exemplaren aus.

 Die Alexandersittiche lassen es sich in Poppelsdorf schmecken. Sie sind größer als die in Bonn ebenfalls vorkommenden Halsbandsittiche.

Die Alexandersittiche lassen es sich in Poppelsdorf schmecken. Sie sind größer als die in Bonn ebenfalls vorkommenden Halsbandsittiche.

Foto: Ulrich Heide

Eine neue Papageienart macht der Population der Halsbandsittiche Konkurrenz. „In Köln sind die Alexandersittiche schon länger ansässig, hier in Bonn brüten sie erst seit zwei Jahren“, berichtet die Bonner Ornithologin Esther Koch. Aktuell gehe man von etwa 30 Vögeln in der Stadt aus, die erstmals am alten Friedhof brüteten, mittlerweile aber auch an der LVR-Klinik. Die Population werde nun vermutlich auch in Bonn steigen und die Halsbandsittiche weiter verdrängen, die sich infolgedessen neue Brutstätten suchen müssen, derzeit aber noch eine deutlich größere Population von etwa 2000 Tieren aufweisen. „Der eine Neozoen verdrängt also den anderen“, hält Koch fest. Beide Sittiche ernähren sich gleich und haben demzufolge die gleichen Brutstellen. Die Alexandersittiche seien durch ihre Größe den Halsbandsittichen überlegen und damit dominant.

Dem Bonner Ulrich Heide, der in Poppelsdorf am Botanischen Garten wohnt, sind die Alexandersittiche bereits aufgefallen. „Dass ein Schwarm von mindestens 30 Vögeln sich quasi überfallartig auf meine Bäume stürzt und systematisch zunächst die schon braune Außenschale entfernt, dann die Nuss aufhackt, um nur den schmackhaften Kern zu verspeisen, das habe ich so wirklich noch nicht gesehen“, erzählt er. Diese „systematische Ernte“ sei ihm in diesem Jahr zum ersten Mal aufgefallen. „Diesmal wurden praktisch alle Nüsse gefressen“, erklärt Heide.

Netze helfen gegen Nussdiebe

Doch was könnte man tun, um sich vor den fliegenden Walnussdieben zu schützen? „Ein Netz über den Baum legen. Es ist dasselbe Verfahren, welches zum Beispiel bei Obstplantagen angewendet wird, um Kirschen vor Vögeln zu schützen“, erklärt Diplombiologin Esther Koch. Heide möchte allerdings nichts gegen die Papageien tun: „Einerseits war das Spektakel ja sehr spannend zu beobachten, andererseits muss ich ja nicht vom Verkauf meiner Walnüsse leben. Der Eifer, die Präzision im Detail beim Schälen und auch die kleinen Konflikte im Schwarm waren wirklich interessant zu beobachten“, findet er. Zudem hätten die Alexandersittiche die Nüsse, die auf den Boden fielen, nicht mehr beachtet. „Sie haben also einen hohen Qualitätsanspruch“, so Heide.

Auch bei seinem Nachbarn Markus Delfosse blieb „genug für den Eigenbedarf über“. Zwar bemerke auch er die wachsende Population, dennoch freue er sich über die Besucher. Neben Walnüssen ernähren sich die Sittiche unter anderem von Knospen, Blättern und Früchten, also „hauptsächlich vegetarische Nahrung“, erklärt Koch. In der Region kommen sie „hauptsächlich in der Rheinschiene vor und meiden höhere Lagen“. Zum Brüten bevorzugen sie Parks und Friedhöfe mit altem Baumbestand.

Das natürliche Verbreitungsgebiet des Alexandersittichs reicht von Afghanistan und Pakistan über Indien, Birma und Thailand bis Laos, Kambodscha und Vietnam. Außerdem besiedelt er Sri Lanka und die Andamanen. Kleinere Bestände sind neben Köln und Bonn auch in Wiesbaden und Mainz zu finden.

Ein Halsbandsittichpaar, dass sich in einer Hausfassade eine Bruthöhle eingerichtet hat.

Ein Halsbandsittichpaar, dass sich in einer Hausfassade eine Bruthöhle eingerichtet hat.

Foto: Matthias Overmann

Halsbandsittiche sind verbreiteter als Alexandersittiche

Die kleinen Verwandten der Alexandersittiche, die Halsbandsittiche, sind laut Koch die verbreitetste Papageienart weltweit. Sie stammen aus Afrika und Indien. Zwar werden sie schon seit Jahrhunderten in Deutschland und Europa als Haustiere gehalten, in deutscher Wildnis gibt es sie allerdings erst seit den 1970er Jahren. Damals sei eine größere Anzahl in Köln entkommen, diese etablierten sich im städtischen Bereich. 1979 wurde das erste Mal eine Brut in Bonn festgestellt, berichtet Koch, die ihre Diplomarbeit über die Halsbandsittiche schrieb.

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