Felix Hausdorff Bonner Mathematiker wurde Opfer der Nazis

Bonn · Der Bonner Mathematiker Felix Hausdorff wurde am 8. November 1868 geboren. Im Januar 1942 nahmen er, seine Frau und seine Schwägerin sich mit einer Überdosis Veronal das Leben - vorausgegangen waren jahrelange Demütigungen durch die Nazis und die Angst vor der Ermordung.

Physik und Astronomie, Literatur, Philosophie und Musik: Eigentlich hätte Felix Hausdorff, der lange Zeit in Bonn als Mathematiker wirkte, in jedem dieser Fächer Herausragendes leisten können. Das Talent des am 8. November 1868 in Breslau geborenen Sohns eines jüdischen Kaufmanns hätte es ohne Weiteres erlaubt, ebenso wie die Neigungen etwa zum Komponieren. Letztlich aber wählte Hausdorff die Mathematik als sein zentrales Betätigungsfeld. Er wurde einer der bedeutendsten Vertreter seiner Zunft, sein Erbe hallt bis heute, 150 Jahre nach seiner Geburt, nach.

Seine vielfältigen Interessen lebte Hausdorff während seines Studiums in Leipzig aus, hörte Vorlesungen in zahlreichen Natur- und Geisteswissenschaften. Seine astronomischen Arbeiten über die Lichtbrechung in der Atmosphäre brachten ihm erst die Promotion und schließlich die Habilitation ein, mit deren Abschluss er als Privatdozent für Mathematik an seiner Alma Mater zu lehren begann. Gleichzeitig gab er unter dem Pseudonym Paul Mongré 18 literarisch-philosophische Schriften heraus, darunter einen Gedichtband, eine Aphorismensammlung sowie das Theaterstück „Der Arzt seiner Ehre“. Letzteres wurde zu einem beachtlichen Erfolg und zwischen 1904 und 1918 in mehr als 30 Städten aufgeführt.

Dennoch fühlte sich Hausdorff in Leipzig offenbar nicht sonderlich wohl, was auch an dem ausgeprägten Antisemitismus sowohl unter den Professoren als auch unter den Studenten lag. Insofern war es für ihn zunächst ein Glücksfall, dass er 1910 als Extraordinarius (außerplanmäßiger Professor) an die Universität Bonn berufen wurde – eine Hochschule, die ihn für den Rest seines Lebens prägen sollte.

Und zwar nicht nur, weil er hier seine Beschäftigung an der damals noch recht jungen Mengenlehre und der damit verbundenen Topologie vertiefte und mit der Arbeit am ersten Lehrbuch dieses mathematischen Teilgebiets („Grundzüge der Mengenlehre“) begann, sondern auch, weil er 1921 – nach einigen Jahren in Greifswald – im Rheinland eine feste Stelle erhielt und sich somit wissenschaftlich ausprobieren konnte. „Es ist doch etwas Herrliches um die Mathematik“, soll er einst gesagt haben. Mit ein Grund, warum er dieser Disziplin sein Leben lang treu blieb.

Wissenschaftliche Freiheit wich der Demütigung durch die Nazis

Bonn und Hausdorff: Letztlich erwies sich die Beziehung als ambivalent. Auf der einen Seite konnte er sich an der Uni thematisch entfalten, befasste sich nicht nur mit seiner Mengenlehre, sondern unter anderem auch mit Wahrscheinlichkeitstheorie und Analysis. Doch so frei er auch in der Wissenschaft war, so eingeschränkt wurde sein Leben auf der anderen Seite mit dem Aufkommen der Nationalsozialisten.

1935 wurde Hausdorff zwar noch regulär emeritiert, ein Wort des Dankes seitens der Hochschulleitung blieb allerdings aus. Im Privatleben nahmen die Demütigungen derweil zu, bis die Nazis 1941 damit begannen, die Bonner Juden im Kloster „Zur ewigen Anbetung“ in Endenich zu internieren. Hausdorff ahnte offenbar, worauf dies hinauslaufen würde: Im Januar 1942 nahmen er, seine Frau und seine Schwägerin sich mit einer Überdosis Veronal das Leben.

Hausdorffs Ruf hat überdauert. Seine Erkenntnisse sind bis heute Grundlage der modernen Mathematik, auch wenn er kaum Nachfolger hatte, die eine „Hausdorff-Schule“ hätten gründen können. Jedoch steht sein Name weiterhin für Exzellenz: Das nach ihm benannte Bonner Zentrum für Mathematik ist nicht ohne Grund Wirkungsstätte für die beiden einzigen deutschen Gewinner der bedeutenden Fields-Medaille, Peter Scholze und Gerd Faltings.

Gedenken an Hausdorff: Das Hausdorff Center for Mathematics feiert den 150. Geburtstag seines Namensgebers Felix Hausdorff mit einer Gedenkveranstaltung am 8. November. Geplant sind Spaziergänge (12 Uhr, 14.30 Uhr) zum Grab der Familie auf dem Poppelsdorfer Friedhof, eine Posterausstellung sowie eine Fahrradtour zu wichtigen Orten im Leben des Mathematikers (Start: 12.30 Uhr). Treffpunkt ist in der Bonngasse, Ecke Friedrichstraße.

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