Wiedereröffnung nach fünf Jahren Bonner Münster erstrahlt nach Sanierung in neuem Glanz

Bonn · Nach fünf Jahren Schließung wird das grundsanierte Bonner Münster am Sonntag mit der Ausstellung „Licht und Transparenz“ wiedereröffnet. Ein farbenfrohe Welt im hell strahlenden Gotteshaus.

Bonner Münster erstrahlt nach fünf Jahren in neuem Glanz
Foto: Benjamin Westhoff

So hell und bunt war es hier seit Jahrzehnten nicht. Alles strahlt, die Sonne dringt durch die farbigen Fenster in den einst so düsteren Kirchenraum, an vielen Stellen glänzt Gold, die Farben strahlen. „Licht und Transparenz“, unter diesem Motto feiert das Bonner Münster vier Jahre nach seiner Schließung und  nach dem Beginn der umfassenden Sanierung mit einem Festhochamt am 31. Oktober feierlich seine Wiedereröffnung.

Viele Bonner, die durch die Eröffnung von Kreuzgang und Krypta unlängst einen Vorgeschmack erhielten,  werden in den nächsten Wochen ihr Münster neu entdecken, zunächst wahrscheinlich nicht wiedererkennen.  „Die Anmutung war, dass das Münster immer dunkel erschien und eine schlechte Stimmung eher verstärkte“, räumte Stadtdechant Wolfgang Picken ein, der sich nun nicht nur darüber freut, dass die Münster-Sanierung im selbst gesetzten zeitlichen und finanziellen (22 Millionen Euro) Rahmen  geblieben ist, sondern vor allem, dass die Architektur und die Ausstattung der Basilika wie in einer neuen Inszenierung strahlen.

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Bonner Münster wird nach Restaurierung wiedereröffnet

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Foto: Benjamin Westhoff

Im Chorraum wurde das prächtige, goldene Apsis-Mosaik restauriert, die umgebenden erscheinen frisch, wie am ersten Tag. Faszinierend auch die Alabasterskulpturen auf den Chorschranken und an den Alabaster-Altären im Kirchenraum: Sie strahlen wie weiße Perlen, wirken fast transparent – vor der Restaurierung schien es, sie seien aus verschmutztem Blei. Licht fällt durch die von Ruß und Schmutz gereinigten bunten Fenster.

Die Wände gerade gestrichen, alle Farbakzente an den Pfeilern und den Rippenbögen an der Decke  aufgefrischt: Das Kirchenschiff kommt ganz toll zur Geltung. Was einmal damit zu tun hat, dass der Raum bis auf die Bestuhlung zu den großen Gottesdiensten vorerst leer bleibt, und dass ein völlig neues Lichtsystem Architektur und Ausstattung  beleuchten. Picken möchte, dass dieser Raum einladend wirkt und die Kirche hier „mit der Gesellschaft in einen Dialog tritt“. Er will das Münster nach der langen Schließung wieder in die Erinnerung der Bonner rücken. Und er kann sich Konzerte, Symposien und Diskussionen im Münster vorstellen. Ja, und Kunst.

„Die Ausstellung bildet den genialen Auftakt dazu“, sagt er und meint damit die Ausstellung „Licht und Transparenz“, die er zusammen mit Walter Smerling, Vorsitzender des Bonner Vereins Stiftung für Kunst und Kultur. Picken wollte die Kirche nicht nur mit der alten Kunst vom 12. bis 19. Jahrhundert eröffnen, das wäre eine „falsche Botschaft“. Vielmehr wollte er den „modernen Menschen“ etwas bieten, womit sie sich auseinandersetzen: zeitgenössische Kunst. „In einer Zeit der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung und Sprachlosigkeit reicht es nicht aus, eine Kirche ‚nur‘ zu restaurieren – Kirche muss sich auseinandersetzen.“  

„Das ist ein Experiment“, sagt der Stadtdechant und ist auf die Reaktion der Gemeindemitglieder gespannt.  „Wir waren nicht immer einer Meinung, aber konstruktiv zusammen bei dem Projekt Kunst und Kirche“, räumt Smerling ein, der fünf Künstler für den Kirchenraum vorschlug, die jeweils ihre Ideen einbrachten. Das Ganze diskutierte Smerling dann mit dem Stadtdechanten, der sich auch angesichts aktueller Debatten in der Kirche, mehr Licht und Transparenz wünscht.

Die Künstler reagierten ganz unterschiedlich auf die Idee, im Münster auszustellen, wie Smerling erzählt. Anthony Cragg, der den Bonnern vor allem wegen seiner Skulptur „Mean Average“ auf dem Remigiusplatz in Erinnerung sein dürfte, wollte sich mit seiner Kunst nicht aufdrängen, lieber weniger als mehr zeigen. Und jetzt besetzt er die zentralen Plätze der Basilika. Eine seiner abstrakten organischen Figuren, „Lost in thought“, steht neben dem Allerheiligsten  im Altarraum rechts unter der goldenen Apsiskalotte mit dem strahlendem Pantokrator, dem Weltherrscher, und gegenüber dem Sakramentshaus.

Drei Figuren von Cragg tanzen förmlich vor der alten Westapsis und unterhalb der Orgel. Picken fühlt sich an „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ erinnert, räumt aber ein, „man kann das auch ganz anders interpretieren, das finde ich gut“. Die Installationskünstlerin Monica Bonvicini hat ihre „Rippings“, 17 schlanke Leuchtkörper, links  vor dem Altarraum  über einen Sarkophag gehängt. Die sonst eher dunkle Seitenkapelle ist in gleißendes Licht getaucht.

Gerhard Richter hatte im Gespräch mit Smerling die naheliegende Idee, eines seiner Kerzenbilder in den Kirchenraum zu hängen. Einziges Problem, er hatte keines mehr aus der Serie von 1982. Also ging Smerling bei potenziellen Leihgebern auf die Suche. Niemand wollte sich von seiner Richter-Kerze trennen, nur das Kunstmuseum in Saint-Étienne hatte ein Einsehen. Picken  ist begeistert von diesem „andächtigen“ Bild, das eine „geistig-spirituelle Sprache“ spreche. „Ich lebe seit Wochen mit dieser Kunst“, sagte er , „wer die Kunst sieht, kommt zur Transzendenz“.

Fasziniert ist er auch von Mariele Neudecker und ihrem Aquarium, in dem sich ein Wald befindet, der im allmählich im Nebel verschwindet und laut Picken wie ein Tabernakel zum Thema Schöpfung wirkt. Fünfter Künstler im Bunde ist der Mitbegründer der Zero-Gruppe, Heinz Mack, der zunächst skeptisch war, ob er in dem Kirchenensemble vielleicht untergehen würde.  „Mack brachte das Licht in die Wüste“, meinte Smerling in Anspielung auf Aktionen der 1970er Jahre, „jetzt bringt er Licht in die Kirche“. „Macks Werke wirken, als seien sie schon immer in der Kirche gewesen“, sagt Picken. In der Tat harmonieren die hellen, farbigen Gemälde des Meisters wunderbar mit dem neuen Kirchenraum.   

Ermöglicht wird die bis 31. Januar 2022 laufende Ausstellung „Licht und Transparenz“ durch die Sponsoren Deutsche Telekom und Volksbank. Dadurch werde es möglich, „dass wir keinen Eintritt nehmen müssen“, meint Picken, „das war mir wichtig“. Picken appelliert an Bonner, sich ehrenamtlich zum Aufsichtsdienst in der Ausstellung zu melden.

Begeistert ist er vom großen Interesse der Kultur am „neuen“  Münster: Die Oper wird hier die „Carmina Burana“ aufführen, geplant ist ferner ein Wandelkonzert des Beethoven-Orchesters unter  dem Titel „Licht - Transparenz - Nähe“.  Auch das Beethovenfest habe Interesse signalisiert.

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