Begegnungswoche in Bonn Christen und Juden singen "Osse schalom"

Sieben ehemalige Bonner Juden sind mit ihren Angehörigen wieder in ihrer alten Heimatstadt zu Besuch - Nach interreligiöser Feierstunde in der Synagoge begrüßt OB Dieckmann Gäste

Begegnungswoche in Bonn: Christen und Juden singen "Osse schalom"
Foto: Horst Müller

Bonn. Die Leidensgeschichte der Juden ist lang: Rabbiner Andy Steinmann spricht an jenem Morgen davon, dass mit der Zerstörung des zweiten Tempels durch die Römer vor mehr als 2 000 Jahren der ganze "Zores" anfing. Die sieben ehemaligen Bonnerinnen und Bonner haben das, was der Rabbiner in der Synagoge so lapidar mit dem jiddischen Wort ausdrückt, vor rund 70 Jahren am eigenen Leib erlebt - bei der Verfolgung und Vernichtung der Juden in Europa.

Nun sind William Field, Marianne Downing, Inge Dana, Margot Barnard, Helga Silbermann, Zeev Wolfgang Goldreich-Fernbach und Grete Stern auf Einladung der Stadt wieder in ihrer alten Heimat, die sie während der NS-Zeit verlassen mussten. Viele blieben im Ausland, William Field zum Beispiel in England. Margot Barnard und Marianne Downing leben ebenfalls dort, Inge Dana und Helga Silbermann hat es vor vielen Jahren in die USA verschlagen.

Den Besuchsrekord halten weiterhin Judy und William Field, die so oft hier waren, wie es die nunmehr 29. Begegnungswoche gibt. Zum Teil haben die alten Bonnerinnen und Bonner wieder Verwandte mitgebracht.

Gestern Morgen begann der offizielle Auftakt der Woche: Auf Einladung von Margret Traub von der Synagogengemeinde und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) nahmen sie an einer Feierstunde in der Synagoge in der Tempelstraße teil.

Rabbiner Steinmann erinnerte daran, dass die Juden gerade in einer besinnlichen Zeit zwischen zwei wichtigen Feiertagen sind: dem Gedenktag an die Zerstörung der beiden Tempel und dem jüdischen Neujahrsfest. "Es gibt kein Heiligtum mehr. Aber wir können die zerstörten Altäre in unseren Herzen wieder erneuern", sagte Steinmann. "Und das tun wir in dieser Woche der Begegnung."

Altbischof Klaus Wollenweber vom Vorstand der GCJZ bezeichnete die alljährlichen Wiedersehen mit den ehemaligen Bonner Juden als ein Geschenk. Zum Schluss der Feierstunde sangen Juden und Christen das Friedenslied "Osse schalom".

Am Nachmittag empfing Bärbel Dieckmann traditionell die Gäste im Alten Rathaus. "Ich weiß, dass Sie immer ganz neugierig sind auf das, was in Ihrer Stadt passiert ist", sagte sie und berichtete von Ereignissen wie der UN-Konferenz, aber auch von ihrer Entscheidung, nicht mehr als Oberbürgermeisterin zu kandidieren. Sie versprach aber, wie Amtsvorgänger Hans Daniels auch in Zukunft beim Empfang der Stadt dabei zu sein.

Programm der Begegnungswoche

Ein Höhepunkt der Begegnungswoche werden auch in diesem Jahr die Zeitzeugengespräche in Bonner Schulen sein. "Es sind mittlerweile nur noch wenige, die als Zeitzeugen die Schulen besuchen können", sagte Astrid Mehmel von der Bonner Gedenkstätte, die die Schulgespräche vermittelt.

"Außerdem fällt es ihnen immer schwerer, über die NS-Zeit in Bonn zu berichten." Dieses Jahr sind es noch drei ehemalige Bonner, die Schulen besuchen: Margot Barnard, Helga Silbermann und Zeev Wolfgang Goldreich-Fernbach.

Doch sollen die Gäste, von denen Goldreich-Fernbach mit 76 der Jüngste ist, auch unbeschwerte Tage in ihrer alten Heimatstadt verbringen. So steht für heute ein Besuch im Contra-Kreis-Theater auf dem Programm, morgen ein Besuch des Michaelsbergs in Siegburg und am Donnerstag eine Schifffahrt auf dem Rhein.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Wichtige Gespräche"

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