Mundschutz ja, Abstand nein Corona-Regeln werden in Bonn vernachlässigt

Bonn · An die Corona-Abstandsregeln hält sich in Bonn kaum noch jemand. Auch die Mund-Nasenbedeckung wird oft nicht so getragen, wie es nötig ist - Beobachtungen vom Wochenende.

 So muss es sein: Der Kellner trägt eine Mund-Nasenbedeckung und bedient seine Gäste. Die Tische müssen dabei im größeren Abstand stehen.

So muss es sein: Der Kellner trägt eine Mund-Nasenbedeckung und bedient seine Gäste. Die Tische müssen dabei im größeren Abstand stehen.

Foto: Meike Böschemeyer

Auf den letzten Metern rollt der RE9 in den Bonner Hauptbahnhof. Bisher haben die rund 20 Fahrgäste im Wagen mit Mundschutz und möglichst viel Abstand in den Großraum-Abteilen gesessen. Doch bevor der Zug zum Halten kommt, beginnt das Gedränge an der Tür. Eine ältere Dame hat sich direkt davor positioniert. Ein Jugendlicher nutzt seine Chance, beim Öffnen einen Haken um die weitaus langsamere Seniorin zu schlagen. Dabei touchiert man sich am Ärmel. Auch draußen auf Bahnsteig 5 weichen die Fahrgäste in Gegenrichtung am Freitagmittag keinen Schritt zur Seite, als hätte es das Coronavirus nie gegeben.

Das Gebot zum Abstandhalten mag weiter gelten. An vielen Arbeitsplätzen wird es streng eingehalten. Nur einer darf im Büro sitzen, in Aufzügen gelten geringe Maximalbelegungen. In Kantinen – etwa im Posttower – sind die meisten Plätze penibel abgesperrt. Im Bonner Alltag findet das Distanzgebot. hingegen kaum noch Beachtung. Zumindest bei denjenigen, die sich aus dem Haus und unter Leute trauen.

In den Restaurants trägt das Personal Mundschutz

Das zeigt eine naturgemäß rein subjektive Bilanz an verschiedenen Stellen der Stadt. Am Freitagabend etwa, als Hunderte in den Gastronomiebetrieben der Innenstadt den Start ins Wochenende und die großen Ferien mit einem Essen feiern. Vor allem kleine Einzelhändler halten weiterhin Desinfektionsmittel am Eingang ihrer Läden bereit. Vor der Glastür eines Optikers kontrolliert eine junge Dame mit einer Liste, wer rein darf und wer nicht. Draußen in der Remigius- und Sternstraße knubbeln sich teilweise Pulks von Flaneuren. Als sich gegen 19 Uhr dunkle Wolken über der City zusammenbrauen, sind die wenigen trockenen Flecken unter Sonnenschirmen und Vordächern binnen Minuten stark begehrt. Ein paar Tropfen machen den Willen zum Abstandhalten sofort zunichte.

In den Restaurants selbst sind Tische und Stühle breit verteilt. Das Personal trägt Mundschutz. Meist steht am Eingang ein Desinfektionsspender. Nur in vier Fällen habe das Ordnungsamt in den vergangenen Tagen wegen zu geringer Abstände Anzeigen schreiben müssen, hatte Stadtsprecherin Monika Hörig auf Anfrage erklärt. Auch in einem Familienbetrieb mit mediterraner Küche halten sich alle an die Regeln. Salz etwa gibt es in Einwegtütchen statt im Streuer. Die Kontaktdaten der Gäste fragt allerdings niemand ab. Damit könnte man die Kunden informieren, falls ein anderer Besucher im Nachhinein an COViD-19 erkrankt. Auch in einer Eisdiele in der Innenstadt werden keine Kontaktdaten abgefragt, ebenso wenig bei einem Friseur.  Vom Ordnungsamt, dessen Mitarbeiter laut Presseamt „häufig und wiederkehrend“ im Einzelhandel und in der Gastronomie die Einhaltung der Hygieneregeln kontrollieren, ist zumindest im Beobachtungszeitraum niemand zu sehen.

Im Fitnessstudio kann wieder geduscht werden

Am Samstagmorgen geht es ins Fitnessstudio, die Kalorien vom Vortag wieder abtrainieren. Am Eingang steht Desinfektionsmittel in einer Flasche, die sich nicht mit dem Ellenbogen bedienen lässt, ebensolches auf der Fläche zusammen mit Papier zum Abwischen der Griffe. Die Fenster sind weit geöffnet. Einen Teil der Geräte hat man weggestellt, um Abstand zu schaffen. Im engen Treppenhaus oder den Umkleiden kommt man sich dennoch nahe. Hier wartet niemand ab, bis der Gegenverkehr vorbeigelaufen ist.

Selbst Duschen sind wieder geöffnet. Einige Stammgäste begrüßen sich demonstrativ mit ausholendem Handschlag und einem freundschaftlichen Griff an die Schulter. Maske trägt außer dem Personal niemand.

Mit der Stadtbahn zurück in die City. Im Zug eine Frau in den Zwanzigern, die sich auf dem Smartphone ein Video anschaut. Mundschutz trägt sie nicht. Darauf angesprochen, zieht sie mühsam die Kopfhörer aus den Ohren. „Hab ich nicht“, sagt sie dann lapidar und schaut demonstrativ ihren Film weiter.

Auf den unterirdischen Bahnsteigen im Hauptbahnhof trägt maximal jeder zweite eine Mund- und Nasen-Bedeckung. Viele haben sie auch runter gezogen, so dass die Nase frei bleibt. Auch ein Paar mit Sohn wartet ohne Masken auf den Zug. „Wir haben welche dabei“, sagt der Vater ein wenig verlegen, „im Zug ziehen wir die aber an“.

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