Psychologie Warum uns das Coronavirus Angst macht

Bonn · Ob wir vor einer Situation Angst haben oder nicht, hängt nicht unbedingt davon ab, wie hoch das Risiko tatsächlich für uns ist. Zwei Experten erklären, warum das neuartige Coronavirus in vielen von uns Ängste auslöst.

 Probe mit einem Abstrich eines Patienten, der auf das neuartige Coronavirus getestet wird.

Probe mit einem Abstrich eines Patienten, der auf das neuartige Coronavirus getestet wird.

Foto: dpa/Jean-Christophe Bott

Die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland scheint aktuell bei vielen Menschen Verunsicherung, vielleicht sogar Angst auszulösen. In Bonn und der Region ist seit Tagen zu beobachten, dass haltbare Lebensmittel und Hygieneprodukte in größeren Mengen gekauft werden als sonst. Mundschutzmasken und Desinfektionsmittel sind stellenweise vergriffen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) rechnet derzeit mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen in Deutschland. Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland schätzt das Institut aktuell als „mäßig“ ein. In dieser Situation eine gewisse Angst zu verspüren, sei völlig normal, sagt Markus Banger, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Bonn. Alles was neu und fremd ist, erscheine uns tendenziell schneller bedrohlich, erklärt der Psychiater. Verstärkt werde die Angst im Falle des Coronavirus dadurch, dass das Virus für unser Auge unsichtbar ist und wir in den meisten Fällen nicht selbst entscheiden können, ob wir das Risiko einer Infektion eingehen möchten, oder nicht.

„Das Coronavirus ist für uns etwas Neues“

Ob wir vor einer Situation Angst haben oder nicht, hängt nicht unbedingt davon ab, wie hoch das Risiko tatsächlich für uns ist. Die geläufige Grippe würden wir zum Beispiel deutlich besser kennen, die könnten wir besser einschätzen, sagt Julia Lippold, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Universität Bonn. „Das Coronavirus hingegen ist für uns etwas Neues.“ An bestimmte Risiken würden wir uns nach einer Zeit gewöhnen, sagt Banger. So wirkt eine Fahrt auf der Autobahn beispielsweise auf die wenigsten bedrohlich. Je geläufiger eine Situation für uns ist, desto weniger Angst löst sie aus.

Das neuartige Virus sei aktuell in aller Munde, sagt Lippold. Das kurbele die Verunsicherung tendenziell an. Die sozialen Medien seien zudem ein perfektes Netz für die Verbreitung von Ängsten. „Wenn viele Menschen etwas glauben, gehen wir davon aus, dass da auch etwas dran ist“, sagt sie. Markus Banger drückt es so aus: „Geteilte Angst ist doppelte Angst.“

Auch der Impuls, Lebensmittel zu horten, könne sich übertragen, sagt Lippold. „Wenn wir die leeren Regale im Supermarkt sehen, bekommen wir Angst, selbst zu kurz zu kommen.“ Die Psychologin rät, nicht in Panik zu verfallen, sondern ganz sachlich zu hinterfragen, wie hoch das persönliche Risiko tatsächlich ist. Banger empfiehlt, sich mit der Situation vertraut zu machen, die einem Angst macht und sich gut zu informieren.

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