Das Gesicht der Stadt wandelt sich

Seit 125 Jahren kümmert sich der Heimat- und Geschichtsverein um "Alterthümer in Bonn".

Eine historische Ansicht: Wo heute die Kennedybrücke steht, führte die alte Rheinbrücke über den Fluss.

Eine historische Ansicht: Wo heute die Kennedybrücke steht, führte die alte Rheinbrücke über den Fluss.

Foto: Heimat- und Geschichtsverein

Bonn. Tatkräftig, erfolgreich, der Heimat verbunden. Sowohl dem Vaterland als auch der eigenen Stadt. Die Männer der ersten Stunde scheinen den Bürgertypus ihrer Zeit perfekt zu verkörpern.

Geschichtsbegeisterte Kaufleute, Gelehrte, Verleger, die sich für das Wohl "ihrer" Stadt engagieren wollten. Das sahen sie im Erforschen und Dokumentieren der Geschichte Bonns, im Aufzeigen von Wurzeln und Traditionen. An vielen Orten entstanden im 19. Jahrhundert regionale oder lokale Geschichtsvereine, und die Bonner waren - streng genommen - im rheinischen Vergleich sogar ein bisschen spät dran. Jetzt feiert der Bonner Heimat- und Geschichtsverein sein 125-jähriges Bestehen.

1886 sollte die Generalversammlung des Historischen Vereins für den Niederrhein in Bonn stattfinden. Das brachte die engagierten Bürger auf die Idee, die Versammlung durch eine Ausstellung von Exponaten aus der Bonner Stadtgeschichte zu bereichern. Ein Komitee gründete sich, an die Bevölkerung erging der "Aufruf zur Ausstellung von Alterthümern in Bonn", die Bonner Lesegesellschaft erklärte sich bereit, ihre Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Festakt und Jahresgabe Das 125-jährige Bestehen des Vereins wird heute mit einem Festakt im Gobelinsaal des Alten Rathauses gewürdigt, zu dem Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Professor Heijo Klein einladen. Rechtzeitig dazu erscheint eine Vereinsgeschichte aus der Feder von Klein. Als Jahresgabe wird außerdem eine kommentierte Edition der ältesten Bonner Stadtgeschichte des Kanonikers Sigismund Burmann von 1656 herausgegeben.Das Konzept ging auf: "Der Eindruck der zahlreichen Beiträge zur Geschichte der Stadt Bonn war ein überraschender, und die hübsche und übersichtliche Art der Aufstellung fand die allgemeinste Anerkennung." So heißt es im Bericht über die Versammlung.

Zu den Glanzstücken der Ausstellung gehörte unter anderem das Gemälde "Ein Maskenball im Bonner Hoftheater".

Diese Anfänge des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins beschreibt der Bonner Kunsthistoriker, Universitätsprofessor und Vereinsvorsitzende Heijo Klein in einem kleinen Band zur Geschichte des Vereins. Gemeinsam mit Vorstandsmitglied Arnold Maurer und Dorothea Kampmann, die die Mitglieder und das umfangreiche Exkursionsprogramm betreut, erzählt er aus Geschichte und Gegenwart des traditionsreichen Vereins. Das Komitee konstituierte sich noch im selben Jahr als Verein und gab sich den Namen "Bonnensia. Verein zur Sammlung Bonner Alterthümer".

Neben Sammlung und Forschung waren Vorträge und Exkursionen ein weiteres Standbein in der Bildungsarbeit des Vereins, der schon fünf Jahre später seinen Namen in "Alt Bonn" änderte. Von Beginn an im Visier der Gründungsväter um den Historiker Felix Haupmann als ersten Vorsitzenden: die Errichtung eines Stadtmuseums. Bis zu dessen Realisierung sollte aber noch gut ein Jahrhundert vergehen.

Zunächst wurden die Exponate im städtischen Museum Villa Obernier deponiert und teilweise ausgestellt. Aber die Frage nach einem angemessenen Standort für die Sammlung, die zeitweilig auch nach Köln ausgelagert war, blieb. So waren über die Jahrzehnte beispielsweise die Brückentürme als Museum im Gespräch, das ehemalige Welschnonnenkloster oder die Sternenburg, später auch das Alte Rathaus. Aber erst 1998 wurde das Museum in den Räumen am Vikttoriabad an der Franziskanerstraße verwirklicht.

Ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte war 1937 die erste Ausgabe der "Bonner Geschichtsblätter", die seitdem regelmäßig publiziert werden. Anfang der 1950er Jahre benannte sich der Verein in "Bonner Heimat- und Geschichtsverein" um. Fünf Jahre später gingen die Sammlungen des Vereins in den Besitz der Stadt über.

Heute gehört der Verein mit rund 700 Mitgliedern zu den größten und ältesten in Bonn und stellt eine agile Kraft im Leben der Bundesstadt dar. Vertreten sind vor allem ältere Semester. "Wahrscheinlich fängt man erst mit dem Alter an, sich für Geschichte zu interessieren", vermutet Heijo Klein. Aber er stellt gleich klar: "Wir kümmern uns nicht nur um das historische Bonn, sondern auch um das neue."

Beispielsweise über den Arbeitskreis zur Erhaltung des historischen Stadtgefüges, ein Ableger des Vereins, der Stellung zu stadtplanerischen Fragen nimmt. Aktuelles Beispiel: Das klare Votum für den Erhalt der Beethovenhalle. Auch das stückweise Verschwinden des diplomatischen Bonn stimmt die Geschichtsfreunde ein bisschen wehmütig. Klein: "Jede Stadt hat ein Gesicht, das sich wandelt, ihre Spezifika sollte man aber erhalten."

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